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Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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Geltung zu bringen.
    Er berührte alles. Er war dutzendmal heimlich bei Karen eingedrungen. Ihre persönlichen Sachen hatte er nie berührt.
    Dwight setzte sich aufs Bett. Zwei Kissen lehnten am Kopfende des Bettes. Der Regen setzte erneut ein. Keinen Meter entfernt tropfte es durchs Dach. Er durchwühlte die Kissen. Natürlich: eine Magnum und ein Tagebuch.
    Die Waffe hatte einen mit Gummibändern umwickelten Griff. Das verhinderte Fingerabdrücke und erleichterte das Zielen. Das Tagebuch war aus schwarzem Leder und beinahe gewichtslos. Das hieß, dass die Seiten neu waren.
    Er öffnete es. Ein Polaroid-Schnappschuss fiel heraus. Er, schlafend. Im Hintergrund ihr Zimmer im Statler. Er hatte sich auf Joans Bettseite gekuschelt.
    Er legte das Foto ab. Seine Hand zitterte. Er fasste nach dem Bettrahmen und beruhigte sich. Er holte die eine Seite heraus. Handgeschrieben - in Joan Rosen Kleins schrägen Druckbuchstaben:
    Wir wollen letztlich das Gleiche und sind von einem nahezu identischen Zweckpragmatismus getrieben. Wir wollen beide ein überschaubares Chaos verursachen. Dwight will die kurzfristigen Ziele des FBI voranbringen, ich die Illusion erwecken, dass die Operation zu einem logischen und erfolgreichen Abschluss gekommen ist. Dwight glaubt, dass die schwarz-nationalistische Bewegung daran zerbrechen wird, ich dagegen, dass die schwarz-nationalistische Bewegung dadurch nur kurzfristig diskreditiert wird. Damit wird Dwight seinen Auftrag erledigt und die Operation zu einem kosmetisch bereinigten Ende gebracht haben. Ein fiktiver Endpunkt, der infolge des ständig und stetig wachsenden Unglaubens, moralischen Abscheus und der innerlichen Ablehnung im Laufe der Zeit zu einem gegenwärtig unvorstellbaren Freiheitsempfinden führen wird. Das FBI will, dass die BTA und die MMLF Heroin vertreiben. Das FBI glaubt, dass dadurch der schwarze Nationalismus als inhärent kriminell und die schwarze Bevölkerung insgesamt als inhärent verderbt diskreditiert werden. Kurzfristig strebt das FBI eine ruhiggestellte schwarze Bevölkerung an; langfristig eine Verewigung der rassischen Dienstbarkeit. Ich will, dass die BTA und die MMLF Heroin verschieben. Ich werde das kurzfristige Risiko der Verelendung eingehen, in der brennenden Hoffnung, dass das durch das Heroin erlittene Ungemach vielfältige Ausdrucksmöglichkeiten für rassische Identität schaffen und zuletzt politische Einsichten und Revolten nach sich ziehen wird. Entsprechend sehe Ich Ehre, Hoffnung und S chönheit, wo Dwight dies nicht tut. Unsere Ziele sind ebenso gegensätzlich wie deckungsgleich. Wir streben im gleichen Maße auseinander, wie wir zusammengehören. Wir sind ein inniges Liebespaar und eine unmögliche Mesalliance. Ich habe mich mit einem rassistischen Provokateur, der mir etwas Unfassbares und kostbares geschenkt hat, auf eine weite Reise begeben. Ich werde seine Ziele stets den meinen unterordnen und einräumen, dass Ich die Wendungen und Hindernisse unseres Weges nicht im Einzelnen vorauszusehen vermag.
    Ein Windstoß traf auf das Fliegengitter. Die Blätter wurden ihm aus der Hand geweht. Das Wort Genosse dröhnte ihm durch den Kopf.
    (Santo Domingo, 26.02.69)
    Drac hatte sie eingeflogen. El Jefe eine Großraumlimousine geschickt. Die Pisten bestanden au s frisch gewalztem Asphalt. Bäu erlein schufteten während der Landung.
    Aeropuerto de las Americas - reinste Buschliga. Bienvenidos: lebensgroße Kartonkonterfeis von Joaquin Balaguer neben der Zollbaracke.
    Crutch und Franzmännchen stiegen aus. Es war brüllend heiß. Zwei Bullen von der Policiä Nacional schleppten ihnen das Gepäck zur Limousine. Vier Harleys donnerten rüber. Die Limousine war ein 56er Schlitten. Die Motorräder noch älter. Die Bullen trugen Reithosen und Lederstiefel. DOM, Eindruck Nr. 1: Wir haben nicht viel, geben aber unser Bestes. Mach uns nicht an. Wir werden dich umbringen oder dir in den Arsch kriechen, ganz nach Laune.
    Die Eskorte fuhr los. Die Rücksitze waren vorgekühlt. Von den Riesenantennen flatterten Fahnen. Kreuze, Bänder, »Dios Patria Libertad«. Aus einer Kühltruhe lugten Büchsen-Cocktails. Crutch und Franzmännchen genehmigten sich Daiquiris und tranken sich einen Schwips an. Balaguer hatte sie zum festlichen Mittagessen eingeladen. Zum Präsidenten-Palast, auf geht's.
    Crutch sah zum Fenster hinaus. Eine Scheiß-Insel. Der Strand war kein Strand. Blanke Felsen fielen direkt ins Wasser ab. Malecön war ein schäbiger Abklatsch von Palisades. Die

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