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Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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ein nichtssagendes Gesicht. Ein Kerl sagte: »Das war mal, Mann. Da ist schon vor dem Watts-Aufstand nichts mehr los gewesen.« Einer sagte: »Es gibt ein paar Bungalows, gleich um die Ecke vom Freizeitzentrum. Die keiner benutzt. Da finden Sie 'ne staubige alte Tür mit 'nem verschossenen Plakat.«
    Wayne bedankte sich und ging. Die Spazierwege waren von Bäumen gesäumt. Hier und da stiegen diskrete Haschwolken hoch. Er fand das Freizeitzentrum und die Bungalows. Er sah die Tür mit dem Plakat.
    Herbst '64. RETTET DAS RUMFORD-RASSENGLEICHHEITS-GE-SETZ! »BESITZRECHTE« BEDEUTEN »RASSISMUS«!!!!
    Die Tür wirkte nicht stabil. Wayne drückte sie ohne weiteres mit der Schulter auf. Er ging rein. Ein Hinterfenster gab Licht. Das Zimmer war auf allen Seiten mit Schachteln zugestellt.
    Die er durchsuchte. Sie enthielten haufenweise Flugblätter und Pamphlete. \Huelga !, Hände weg von Kuba!, Fruchtpflücker-Streiks. Unterstützt Al Fatah, die PLF, die Bewegung des Vierzehnten Juni. Denkt an Leo Frank, Emmett Till und die Scottsboro Boys. Bürgerrechts-Aufrufe, Black-Power-Reden. Malcolm X, Frantz Fanon, Befreit die Rosenbergs. Für ein freies Algerien! Für ein freies Palästina! Nieder mit dem teuflischen Ziegenbock Tru-jillo, Onkel Sams Insekt. United Fruit: Wissen Sie, was die Banane auf Ihrem Teller wirklich kostet?
    Er fand ein Gruppenfoto. Mit Datum vom 22.09.62. Das wie ein Fakultätsfoto aussah.
    Sieben Männer und Frauen vor dem Bungalow. Drei weiß, vier schwarz. Die beiden weißen Frauen stehen auf einer Seite. Eine Frau ist groß und rothaarig. Die andere Frau ist kleiner. Mitte bis Ende dreißig. Sie hat dunkles Haar mit grauen Strähnen und eine schwarzumrandete Brille.
    Klick. Erinnerungsblitz. Vielleicht, wahrscheinlich, nicht ganz.
    Der Klick zündete weiter und weiter und hörte kurz vor dem Heureka! auf. Mit eigenartigen Erinnerungen. Sultan Sam's Sandbox, vor drei Monaten. Rauchringe und genauso grau gesträhntes Haar, von hinten wahrgenommen.
    Wayne kniff die Augen zusammen und studierte das Foto. Die Frau trug lange Ärmel. Keine Narben zu sehen. Reginald war in diese Schule gegangen. Reginal d wurde in der prolligen Weißen- Stadt festgenommen. Vielleicht, nicht ganz erwiesen, hatte die Frau ihm die Kaution gestellt.
    Drac Air flog ihn ein. Das Flugzeug landete auf der privaten Hughes-Landepiste. Bullen mit Bullenpeitschen bewachten die VIP-Lounge.
    Joaquín Balaguer hatte eine Limousine und fünf Motorradbegleiter geschickt. Die Fahrzeuge stammten aus Trujillos Regierungszeit. Alle fünf waren laut wie Presslufthämmer.
    Sie fuhren nach Santo Domingo. Die Fensterscheiben waren dunkel getönt. Und dämpften die leuchtenden Farben monochromatisch ab. Die Limo schob sich durch den Verkehr. Die Bilder waren sepiafarben. Eine Wochenschau aus Armeleuteland. Kinder zogen Rikschas, Bettler bettelten, Schläger jagten Jugendliche mit Protestplakaten. Es waren schnell vorbeiziehende Momentaufnahmen. Einmal geblinzelt, und man sieht Unterdrückung. Zweimal geblinzelt, und sie ist weg.
    Wayne war übernächtigt. Diashow: Er sah immer wieder das Gesicht der Frau. Die Brille, das graugesträhnte Haar - wie ein festgeklemmtes Dia. Er hatte das Traktat über die Bewegung des Vierzehnten Juni im Flugzeug gelesen. Es prangerte dominikanische Despoten an und beklagte die unschuldig hingemordeten Haitianer. Es prophezeite künftige Despoten, die gerissener als der Ziegenbock sein würden. Es sagte eine amerikanisch-dominikanische Kollusion im Interesse der Yankee-Tourismus-Industrie voraus.
    Reginald trifft den Haitianer. Sie reden über Voodoo-Kräuter. Klick - ein Erinnerungsblitz und eine Erinnerungslücke. Die Frau, die Freedom School, geistige Impulse, die nicht ineinandergreifen wollen.
    Wayne öffnete das Fenster. Die monochrome Wochenschau wurde schreiend bunt. Die Farben peinigten ihn. Die Salzluft brannte. Bullen jagten Protestler in eine Sackgasse und drängten sie gegen eine Wand. Wayne sah einen einzigen gehobenen Knüppel und hörte einen einzigen Schrei.
    Die Limousine brachte ihn zum El Embajador. Ein Dienstbote brachte ihn in einer eleganten Suite unter. Mit weiter Aussicht. Im Westen der Rio Ozama. Wo schwarze Jugendliche ins Wasser sprangen und sich wegen Fischfangresten bekämpften. Der Hautton wechselte von Distrikt zu Distrikt. Hier und da sah er rote Flaggen an Stangen.
    Er ging zu Mesplèdes Suite, klopfte und bekam keine Antwort. Er ging zu Mistkerlchens Suite und sah die Tür offen

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