Blut soll fließen
RMN: Sagen Sie, was Sache ist.
DH: Wayne Tedrow ist ein hochkompetenter Mann, der gelegentlieh zu extravaganten Gesten neigt. Die von ihm untersagten Torheiten hätten sich für den Kasino-Bau in der DOM als abträglich erweisen können. Die von Mr. Rebozo geschätzte Exilantengruppe besteht aus zweifelhaften rechtsextremen Ideologen, die versessen darauf sind, Fidel Castro zu stürzen, und wie Sie mir mal gesagt haben, Sir, hat sich der Sauhund auf Dauer eingerichtet. Ich würde Mr. Rebozos Exilanten-Freunde als bestenfalls unbedacht und selbstbezogen, schlimmstenfalls als ungehemmte Psychopathen beschreiben. Wayne hat umsichtig entschieden, Sir.
RMN: Da haben Sie absolut recht, Dwight. Abgesehen davon, dass die DOM ein Scheißloch ist, wo die Jungs bei ihren Hotels Miese machen können, ist Joaquin Balaguer solide antikommunistisch und wesentlich lenkbarer als seinerzeit Rafael Trujillo. Der Schwanzlutscher war ein Albtraum. Sie würden nicht glauben, was in seiner CIA-Akte steht. Die Sauereien, die er mit seinem sogenannten Rivalen Papa Doc Duvalier abgezogen hat, waren abscheulich. Sie plünderten das Land, schmuggelten Smaragde, schlossen Banken und teilten den Profit. Dabei schlachtete der Ziegenbock haitianische Flüchtlinge ab, während Papa Doc im Gegenzug dessen halben Harem fickte. DH: Eigenartige Bettgenossen, Sir.
RMN: Wo wir dabei sind, möchte ich mich mit Ihnen über Sie-wis-
sen-schon-wen unterhalten. Heute früh habe ich Radio gehört.
Ein Discjockey hat ihn witzelnd als »Warmen Edgar« bezeichnet.
DH: Die Medien waren in letzter Zeit unfreundlich zu ihm, Sir.
RMN: Meinen Sie, er lässt sich in den Arsch ficken?
DH: Ich denke, dafür hat er sich zu starr in seiner Scheinexistenz
eingeigelt.
RMN: Ein bisschen Schwanz würde ihn etwas lockerer machen, DH: Jawohl, Sir.
RMN: Er hat sie nicht mehr alle. Richtig, Dwight? DH: Jawohl, Sir. Aber, auch wenn ich mich wiederhole, er ist äußerst gefährlich und man sollte vorsichtig mit ihm umgehen. RMN: Und er hat die gottverdammten Akten. DH: Die hat er, Sir.
RMN: Und die sind enthüllend und schamlos.
DH: Nicht so sehr wie dieses Gespräch, Sir.
RMN: Dwight, Sie sind ein scharfer Hund. Was kann's Schöneres
geben, als sich einen tüchtigen Schluck zu genehmigen und
sich mit Mordskerlen wie Ihnen ein offenes Wort zu gönnen.
DH: Sir, ich genieße die Gespräche mit Ihnen sehr.
RMN: Der irische Schwanzlutscher Jack Kennedy hat mir die
Wahl von 1960 gestohlen.
DH: Jawohl, Sir.
RMN: Der Schwanzlutscher ist tot, und ich bin Präsident der Vereinigten Staaten. DH: Jawohl, Sir.
RMN: Und Sie halten mich wegen Sie-wissen-schon-wegen-wem auf dem Laufenden. Werden Sie das tun, Dwight? DH: Jawohl, Sir. Das werde ich. RMN: Gute Nacht, Dwight. DH: Gute Nacht, Mr. President.
(Los Angeles, 16.05.69)
»Du hast vor was Angst«, sagte Dwight. »Deine Hände zittern.«
Mistkerlchen steckte den Draht durch ein Bohrloch. Die Flachzange rutschte ab. Marsh Bowens Wohnung war abhörgeeignet. Die Telefone waren groß und altmodisch. Die Wandverkleidung weich.
»Lass mich in Ruhe. Ich muss mich konzentrieren.«
Dwight lächelte. »Periodische Vorgehensweise. Wayne kommt regelmäßig vorbei und überwacht den Horchposten. Er hört die Anrufe ab.«
Die Arbeit erforderte Bohrungen. Mistkerlchen war gut. Er legte einen Lappen zum Staubauffangen hin und arbeitete sauber.
Marsh war bei einer BTA-Veranstaltung. Sie hatten drei Stunden Zeit.
»Wie viele Kommunisten hast du bis jetzt umgebracht?«
»Mehr als du.«
»Spannst du immer noch?«
»Ich habe bei deiner Mutter gespannt. Sie hat bei Pennern Nummern gedreht.«
Dwight lachte und überprüfte das Wohnzimmer. Marsh arbeitete nach der Stanislawski-Methode. Die Wohnung entsprach der Figur. Black-Power-Plakate, Bilder von scharfen schwarzen Weibern mit Kanonen.
»Ich habe mit Präsident Nixon über dich gesprochen.«
Mistkerlchen spachtelte ein Bohrloch zu. Die Hand zitterte und fasste dennoch sicher zu. Er trug einen Werkzeuggürtel und ein Vergrößerungsglas. Der jugendliche Verlierer als Abhör-Spezia-list.
»Lass mich in Frieden. Die Zeit wird knapp.« »Du und Bowen, ihr seid Soul-Brüder. Zwei Angsthasen, aber verdammt entschlossen und hartnäckig.« »Bowen ist dein Mohren-Papi. Komm, lass mich arbeiten.« »Wie viele Kommunisten hast du umgebracht?« »Jesus, Mann.«
Dwight sah auf die Uhr. Mitternacht. Tintentaucher-Feten gingen bis in die frühen Morgenstunden. Hasch und Reden, Schwätzer und
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