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Blut soll fließen

Blut soll fließen

Titel: Blut soll fließen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Ellroy
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sauer sein. Weil Franzmännchen ihn am Leben gelassen hatte. Die Folgen waren absehbar.
    Die Sache war zu groß und zu schrill. Clyde würde ihm nicht glauben. Scotty Bennett würde ihm nicht glauben. Er konnte in der Joe Pyne Show auftreten und seine Erkenntnisse in der Beef Box preisgeben. Joe Pyne würde sich über ihn lustig machen. Möglicherweise würden ihm ein paar linke Juden und paranoide Hippies glauben. Doch die Hebräer würden über ihn herziehen, weil er für Kubas Freiheit einstand. Und die Hippies würden sich über den Bürstenschnitt und Scotty-Bennett-Schlips mokieren. Kein Hippie-Mädchen würde ihn ranlassen.
    Bluff.
    Er hatte die Sicherheitsvorkehrungen gestern in Kraft gesetzt. Er hatte den Plan auf seiner einzigen Hoffnung aufgebaut. Dass sie nicht wussten, dass das Abhörgerät nicht richtig funktioniert hatte. Sie wussten nur, dass sie über den Anschlag gesprochen hatten. Sie würden nicht mehr wissen, was. Sie wussten nicht, wie glaubhaft seine Aussagen sein würden.
    Crutch wartete im Vivian. Die Bleibe war nun so gut wie leer. Er hatte die Akte seiner Mutter und seine Sachen gestern ins Elm Hotel gebracht. Wo auch die Akte über seinen Fall lag. Buzz wusste Bescheid. Er würde die Akten finden und den entscheidenden Hinweisen nachgehen oder nicht.
    Er wartete. Er blätterte in alten Car Graft- und Playboy-Heken. Er war gestern zu I. Magnin gegangen. Er hatte Dana Lund einen herrlichen Kaschmirpullover gekauft. Er hatte ihn als Geschenk einpacken lassen und eine Valentinskarte dazugelegt. Er hatte nicht namentlich unterschrieben. Er hatte Dana mitgeteilt, dass er sie immer geliebt hatte. Dass er nun fliehen müsse. Dass er zwei Männer getötet hatte und Dinge wusste, die er nicht wissen sollte.
    Magnin hatte das Geschenk ausgeliefert. Er hatte auf der anderen Straßenseite geparkt. Er hatte zugesehen, wie Dana die Schachtel öffnete und die Karte las. Der Pullover entzückte sie. Die Karte schien sie zu erschrecken. Sie hatte sich umgesehen und hastig die Tür zugezogen.
    Joan Rosen Klein war irgendwo im Nirgendwo. Er konnte ihr kein Abschiedsgeschenk schicken. Das brach ihm das Herz.
    Crutch blätterte im Playboy vom November '67. Kaya Christian lächelte vom Faltbild. Sie war mal sein Schwärm gewesen. Er kannte sie von der Trinity Lutheran Church, doch das war eine Million Jahre her.
    Die Aussicht nach Süden war verlockend. Crutch ging zum Fenster und schaute hinaus. Er sah Sandy Danners Haus und Barb Cathcarts Haus und Gail Miller auf Lon Ecklunds Frontveranda.
    All das Gebüsch, das ihm beim Spannen als Hochsitz gedient hatte. Neues Gebüsch, das die Fenster verdeckte, in die er gespannt hatte.
    Er lehnte sich zum Fenster hinaus. Er roch den Smog in der Luft. Er lehnte sich zu weit hinaus. Er fing an, sein Gleichgewicht zu verlieren. Er hörte hinter sich ein Geräusch. Etwas drückte ihn nieder und riss ihn wieder hoch.
    Er lag auf dem Boden. Ein Fuß hielt ihn unten. Er konnte kaum was sehen und war nur halb bei Sinnen. Er roch den metallischen Geruch von Öl auf Stahl und wusste, dass sie sein Türschloss geschmiert hatten.
    Sein Wahrnehmungsvermögen kam zurück. Und entsprechend sein Verstand. Er war nun ganz bei Sinnen. Er erkannte Wayne Tedrow mit schallgedämpfter Waffe und den Franzmann, der ein Kissen in der Hand hielt. Er klammerte sich an seine Christopho-rus-Medaille und betete das Gloria Patria.
    Sie hatten sich breitbeinig hingestellt. Der Franzmann verbreitete süßlichen Nikotingeruch. »Du gemeines Mistkerlchen«, sagte Wayne.
    Franzmännchen ließ ihm das Kissen auf den Kopf fallen. Crutch schlug es zappelnd weg und schnappte nach Luft, damit er sprechen konnte.
    »Ich habe vier Bandkopien, dazu eidesstattliche Erklärungen. Vier Banksafe-Fächer. Ich erscheine jedes halbe Jahr persönlich. Meine Identität wird fotografisch und anhand eines Fingerabdrucks überprüft. Was passiert, wenn ich nicht erscheine, könnt ihr euch denken.«
    Wayne sah Mesplede an. Mesplede sah Wayne an. Wayne hob das Kissen hoch und schob es ihm mit dem Fuß auf den Kopf. Er konnte nichts sehen. Er konnte nichts hören. Keine Stimmen, kein Schuss, kein Schmerz, keine weiße Wolken. Keuchende Atemzüge und Herzklopfen, lieber Gott, bin ich tot?
    Dann Licht und Luft und das Modellflugzeug, das von der Decke baumelte. Dann Atemholen. Dann Waynes Waffe ohne Schalldämpfer.
    Ein roter Fokker-Dreidecker. Historisch in mehrfacher Hinsicht. Von ihm eigenhändig und an Leim schnüffelnd an dem

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