Blut und Harz
13
Alexander saß zurückgelehnt am gläsernen Esstisch, beobachtete Erik Ritter mit berufsnormaler Vorsicht. Dieser angelte sich ein leeres Rotweinglas aus dem Schrank, stellte es Alexander gegenüber auf einen Filzuntersetzer, um die Glasplatte nicht zu zerkratzen.
»Wollen Sie auch etwas trinken?« So beiläufig die Frage auch klang, Alexander hörte die Unsicherheit in Ritters Stimme. »Oder vielleicht etwas essen?«
»Beides«, sagte Alexander trocken. »Stilles Wasser reicht, Essen ist mir egal. Irgendetwas was Sie da haben.«
Erik nickte und machte sich gleich an die Arbeit, die Wünsche des Killers zu erfüllen, während Alexander sich immer noch über sich selbst ärgerte. Wie dumm hatte er nur sein können? Warum war ihm der offensichtliche Haken an Reimunds Angebot nicht sofort aufgefallen? Noch nie in seiner Karriere hatte er sich einen solchen Schnitzer erlaubt. Aber irgendwann war immer das erste Mal. Nur konnte in seinem Gewerbe ein Fehler tödlich sein. Wenigstens hatte er nun das Handy, das er Erik vor langer Zeit überlassen hatte. Es ruhte zusammen mit dem Akku in seiner Manteltasche, die einzige verwertbare Spur, die über Ritter zu ihm führten. Zusammen hatten sie es vorher in Eriks Arbeitszimmer aus dem Safe geholt.
Weißes Energiesparlicht aus dem Kühlschrank beleuchtete Eriks Antlitz, während er aus den Tiefen der Kühlung eine Flasche stilles Mineralwasser beförderte. »Ich hätte noch einen fertigen Krautsalat hier und Müsliriegel. Ansonsten kann ich Ihnen leider nichts auf die Schnelle anbieten. Ich bin heute nicht zum Einkaufen gekommen.« Ritter versuchte über seinen eigenen Witz zu lächeln, doch es gelang ihm nicht.
»Der Krautsalat ist so gut wie alles andere«, sagte Alexander. »Geben Sie schon her.« Erik nickte hastig und reichte den Glasbecher über den Tisch. Anschließend kramte er klimpernd eine Gabel aus dem Schubladen und ein leeres Trinkglas. Er schenkte sich einen Schoppen Rotwein ein, seinem Gegenüber das Glas Wasser.
Alexander entgingen die Seitenblicke nicht, die Erik ihm und der Pistole, die schussbereit und entsichert vor ihm auf dem Tisch lag, zuwarf. Seufzend griff er nach seiner SIG, was Erik sofort zusammenzucken ließ.
»Keine Angst, Herr Ritter.« Er sicherte die Waffe mit einem routinierten Griff, dann legte er sie mit einem Klackern zurück auf die Glasplatte. »Wir müssen uns ausführlich unterhalten und Sie sollten bei Sinnen sein. Wenn Sie die ganze Zeit vor Angst bibbern, bringt uns das nichts. Sie ist nun gesichert, aber denken Sie gar nicht daran, einen Fluchtversuch zu unternehmen. Setzen Sie sich.« Er deutete einladend auf den Stuhl. »Kennen Sie den Film Spiel mir das Lied vom Tod ?«
Erik nickte schweigend und nahm langsam gegenüber des Raben Platz.
»Kennen Sie den Showdown, wie Frank ganz langsam seine Jacke zu Boden wirft, mit starrer Miene über den heißen Staub schlendert, dazu die Musik auf der Mundharmonika. Er fixiert dabei den Namenlosen. Im Film fällt der Junge in einer Rückblende in den staubigen Sand, Filmschnitt. Beide schießen gleichzeitig wie aus dem Nichts heraus, Frank geht tödlich getroffen zu Boden.«
Irritiert formte Erik mit den Händen eine fragende Geste. »Wie könnte ich einen solchen Klassiker nicht kennen? Aber was hat das mit uns beiden zu tun?«
Alexander blickte Erik durchdringend an. »Ich kann genauso schnell schießen wie der Namenlose.«
Erik bewegte sich nicht, dann trank er ausweichend von seinem Rotwein. Alexander leerte sein Glas Wasser ebenfalls bis zur Hälfte. Ritter würde nichts unternehmen. Er wusste, was ihm im Falle einer Dummheit blühen würde. Er hing zu sehr an seinem Leben, als dass er ein zu hohes Risiko eingehen würde.
Alexander öffnete mit einem Ruck das Glas Krautsalat, dessen Vakuumversiegelung blechern knackte. Der süße Duft der Sauce stieg ihm in die Nase.
»Kommen wir zu den Fakten. Ihr alter Freund Reimund will Sie und alle Mitwisser – eingeschlossen mich – tot sehen. Wer weiß alles von dem Kloster? Sagen Sie die Wahrheit Herr Ritter, ich werde den Auftrag nicht mehr durchführen. Ich habe offen gesagt keine Lust, so früh abzuleben.«
Alexander stach mit der Gabel herzhaft ins weiche Kraut, rührte erst einmal alles durcheinander, damit sich die möglicherweise schon durchs lange Lagern getrennte Sauce wieder vermischte.
»Es wissen mittlerweile einige Leute davon. Mein Anwalt Eschle, meine Sekretärin Frau Schwarz, mein Freund Ruppert. Dazu der
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