Blut Und Knochen: Thriller
würde.« Jetzt kamen sie der Sache endlich näher. Als Nächstes fragte Munro Elizabeth nach ihren Eltern und ihrem Job, wobei sie denselben Trick mit dem Hin-und Herspringen zwischen verschiedenen Themen ausprobierte, den Faulds zuvor abgezogen hatte. Und sie bohrte ein bisschen hartnäckiger nach, als sie es sonst getan hätte. Diesmal würde ihr niemand vorwerfen können, sie sei nicht gründlich genug gewesen. Nur funktionierte es leider nicht. Anstatt ihr einen steten Strom von Informationen zu liefern, brach Elizabeth in Tränen aus und stürzte zur Tür hinaus, wobei sie eine Spur aus Schaumspritzern zurückließ.
Munro blieb allein in der Küche zurück. Sie hörte, wie Elizabeth die Treppe hinauflief und die Schlafzimmertür zuknallte. Und dann war nur noch gedämpftes Schluchzen zu vernehmen. »Na super,Yvonne. Sehr professionell ... « Sie schlurfte zurück ins Wohnzimmer und ließ sich in einen Sessel fallen. Das war alles die Schuld von diesem blöden Faulds. Wenn er glaubte, dass die Arbeit beim Opferschutz so ein Kinderspiel war, dann sollte er es doch selbst einmal ausprobieren - bis über beide Ohren zugemüllt mit dem Leid anderer Leute. Sie brachte ein paar Minuten damit zu, sich in Selbstmitleid zu suhlen, dann schaltete sie ihr AirwaveHandy ein und erledigte ein paar Anrufe. Anschließend kochte sie eine KanneTee und ging nach oben, um sich zu entschuldigen.
Schließlich konnte Elizabeth ja nichts dafür, dass der Fleischer sie angegriffen hatte, oder? Manche Leute waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Und manchmal machte das den Unterschied zwischen Leben und Tod aus.
54
»Hallo? Kann mich irgendjemand hören? Hallo? Bitte! Ich bin Polizistin! Hallo?« Die neue Stimme war weiblich und verängstigt, und sie drang gedämpft von der anderen Seite der Zellenwand herüber. Heather hoffte nur, dass es nicht wieder so ein Schreihals war. Sie drehte sich auf die Seite, kehrte dem Lärm den Rücken zu. »Kelley?« Schweigen. »Kelley, bist du -«
»Sie werden nach mir suchen!«
Eine Hand wurde durch das Gitter gestreckt, kühle Haut berührte ihre Wange. »Wie geht es dir, Heather?«
»Bissehen benommen, irgendwie nicht ganz da ... «
»Ich bin Polizistin, verdammt noch mal! Haben Sie mich verstanden?«
»Vielleicht ist es die Medizin? Du hast gestern ziemlich viele von diesen Pillen genommen.«
»HALLO?«
»Ich bin so müde ... «
»HÖREN SIE MICH? SIE WERDEN SIE HOLEN KOMMEN! ICH BIN POLIZISTIN!«
»Vielleicht solltest du sie nicht mehr nehmen?«
»WARUM ANTWORTET MIR DENN
KEINER?«
Heather rutschte vor, bis sie dicht am Gitter lag, und bettete ihren Kopf auf Kelleys Hand. »Ich will nicht, dass Er dir wehtut.« »BITTE!« Die Schreie verebbten zu einem Schluchzen. »Bitte ... «
Heather schloss die Augen. »Denkst du, dass sie weiterschreien wird?«
»Schsch ... schlaf jetzt.« »Mir geht's nicht gut ... «
»Schlaf nur. Bald wird alles gut, du wirst schon sehen. Ich versprech's dir. Du musst dich nur ein bisschen ausruhen.« Und Heather nickte ein, in den Schlaf gewiegt von ängstlichen Schluchzern. Doc Fraser schälte sich gerade aus seinem grünen OP-Anzug, als Logan den sterilen Bereich des Leichenschauhauses betrat. Zehn vor fünf - die Obduktion war vorbei, sämtliche Leichenteile weggeräumt. Das war doch mal eine erfreuliche Abwechslung. »Wie ist es gelaufen?« Der alte Rechtsmediziner zuckte mit den Achseln und warf seine speckige Hose in einen Plastik-Wäschekorb. In Feinripp-Unterhemd und -Unterhose, mit grauen Socken, die schlabberig um seine Knöchel hingen, die käsige Haut an seinen Beinen von kleinen roten Pünktchen überzogen, deutete er auf die Reihe von Kühlfächern. »Wollen Sie mal einen Blick drauf werfen?«
»Von Wollen kann keine Rede sein.« Aber Logan zog das Schubfach dennoch auf. Es war ein alter Mann: langer grauer Bart, knollige Schnapsnase, die Haut bleich und mit verschorften Wunden bedeckt. Der Körper unversehrt bis auf die hässliche T-förmige Narbe von der Obduktion.
»Nicht der da.« Doc Fraser schob die Leiche in das Kühlfach zurück. »Filthy Freddie haben wir ihn genannt - wieder eins von diesen armen Obdachlosenschweinen. Ist jedes Jahr das Gleiche sobald das Wetter umschlägt, dröhnen sie sich mit Drogen oder Schnaps zu, legen sich in einem Ladeneingang schlafen und wachen nicht mehr auf. Das ist das Problem mit unserem sozialen Netz - es gibt immer welche, die durch die Löcher fallen.« Der Rechtsmediziner zog ein anderes Schubfach
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