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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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nach dem Genuss Eurer Speise gestorben.«
    »Kann sein. Wer weiß. Bella war alt, ich bin alt. Gott allein weiß, was in den Köpfen der Frommen vorgeht!«, grinste der gelehrte Steinschneider, der sich von Minute zu Minute mehr zu erholen schien.
    Ein zaghaftes Klopfen schallte von unten herauf. »Ich bin es, Els.«
    Marie erhob sich, doch Ruben stand ebenfalls auf. »Ich gehe.«
    Mit raschelnden Röcken sank Marie wieder auf ihren Stuhl. Aras fehlte ihr. Er hätte sofort angeschlagen.
    »Ihr mögt ihn, nicht wahr, Marie?«
    »Was?« Überrascht starrte sie ihren Oheim an. »Ruben?«
    »Ein Mann mit vielen Geheimnissen, mit einer Vergangenheit, die ihn belastet und daran hindert zu sein, wer er ist.«
    »Oh bitte, Oheim!«, sagte Marie leise. »Das weiß ich selbst. Er ist nicht von Stand, und ich bin mir meiner Verpflichtung der Familie gegenüber bewusst. Daran müsst Ihr mich nicht auch noch erinnern. Albrecht macht das auf seine subtile Weise bei jeder Gelegenheit!«
    »Das habe ich nicht gemeint, und Ihr wisst das. Ihr seid eine kluge Frau, Marie. Man kann aus Fehlern lernen.« Remigius blinzelte und rieb sich die Nase.
    »Els hat uns Lampen und Öl gebracht.« Ruben trug ein Tablett mit drei Kupferlampen, deren Dochte entzündet waren, herein. In einem kleinen Kännchen war Lampenöl für die Nacht. »Euer Bruder schläft seinen Rausch aus, hat sie gesagt.«
    Erst jetzt fiel Marie die spärliche Beleuchtung durch die heruntergebrannte Kerze auf, und sie verteilte die Lampen im Laboratorium. »Sie ist ein umsichtiges Mädchen mit einem schweren Schicksal, das sie tapfer trägt.«
    »Und eine freundliche Fügung hat sie zu Euch geführt.«
    Die Wärme in Rubens Worten traf sie unvorbereitet und ließ sie aufblicken, wobei sie der aufmerksamen Augen ihres Oheims innewurde und dem Impuls eines Lächelns widerstand.
    Als es Zeit zum Schlafengehen war und Ruben aufstand und seine müden Glieder reckte, sagte Marie mit einem abschließenden Blick auf die Notizen, die sie gemeinsam diskutiert hatten: »Und wenn das alles gar nichts bedeutet?«
    »Wie meint Ihr das?« Ruben stellte sich hinter ihren Stuhl und berührte mit seinen Fingern ihren Nacken, ohne dass Remigius es sehen konnte.
    »Die Bilder in Scagliola-Technik sind von kostbaren Pietra-Dura-Arbeiten gerahmt. Gut, mit Stuckmarmor lässt es sich malerischer darstellen, aber man hätte doch auch eine bemalte Holztafel einsetzen können?«
    Remigius gähnte. »Nicht brauchbar als Tischoberfläche.«
    Rubens Finger weichten ihre Gedanken auf. »Na schön, aber wenn Ihr sagt, dass die Bilder einem Alchemisten vertraut sind und Ihr nichts Ungewöhnliches darin entdecken könnt, vielleicht sind sie nur Blendwerk?«
    »Um was zu verstecken?« Ihr Oheim war offensichtlich müde, denn er warf seinen bunten Mantel ab und stieg in sein Bett.
    Seufzend schüttelte Marie den Kopf und stemmte ihre Hände auf die Oberschenkel, um sich zu erheben. Bedauernd nahm sie wahr, dass die wohltuend massierenden Finger sich von ihrem Nacken gelöst hatten. »Es ist spät, und meine Gedanken sind konfus. Ich bringe Euch zu Eurem Quartier, Ruben.«
    »Ich breche morgen früh auf, Herr von Kraiberg. Sobald ich in Riem war, hört Ihr von mir.« Ruben deutete eine Verneigung an.
    »Gott beschütze Euch, Ruben Sandracce«, verabschiedete Remigius ihn mit einem Lächeln.
    Marie nahm eine Lampe und ging die Wendeltreppe hinunter. »Brecht Ihr früh auf?«
    »Vor dem Morgengrauen.« Ruben folgte ihr in den dunklen Vorraum.
    »Man wird Euch ein Frühstück in der Küche richten, und Proviant kann Martha Euch ebenfalls …« Marie legte eine Hand auf den Türriegel und zögerte in Erwartung eines Abschiedsworts oder einer Berührung. Sie würde nicht darum bitten. Entschlossen schob sie den Riegel zurück und wollte die Tür aufziehen, doch sie bewegte sich nicht, weil Ruben oberhalb ihres Kopfes gegen das Holz drückte.
    »Macht es mir nicht so schwer, Marie«, flüsterte er an ihrem Ohr und drückte seine Lippen an ihre Schläfe. »Ihr wisst ja gar nicht, welche Gefühle Ihr in mir auslöst, wenn Ihr meinen Namen sagt, bella Maria. Amor che muove il sole e le altre stelle .«
    Er zog die Tür auf. »Ich finde meinen Weg, Gott mit Euch!«
    Mit zitternden Händen hielt Marie ihre Lampe und sah ihm nach, wie er im schwachen Schein der Flamme durch den Korridor in der Dunkelheit verschwand. Leise schloss sie die Tür. »Liebe bewegt die Sonne und die anderen Sterne«, übersetzte sie Rubens Worte

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