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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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mit in die warme Gaststube, in der sich etwa zwei Dutzend Gäste verschiedenster Herkunft an einfachen Tischen über Schüsseln mit Haseneintopf hermachten und Bier aus hohen Krügen ausgeschenkt wurde.
    »Was für ein Täubchen habt Ihr denn da aufgegabelt?«, fragte ein soldatisch aussehender Mann mit gewaltigem Schnauzbart und hob seinen Bierkrug an die Lippen.
    »Meine Schwester«, sagte Ruben trocken und grinste.
    Grölendes Gelächter quittierte den offensichtlichen Scherz, und die Leute wandten sich ihrem Essen zu und nahmen ihre Gespräche wieder auf. Der Wirt war ein großer Mann mit einem mächtigen Leib unter einer Lederschürze, in der ein langes Fleischmesser steckte. Feuerstelle und Küche befanden sich am Ende der verwinkelten Gaststube, ein hölzerner Treppenaufgang führte links neben dem Eingang in den Gästetrakt. Marie sah, wie der Wirt Ruben zustimmend zunickte, als dieser sie die Treppe hinaufdirigieren wollte.
    Sie blieb stehen. »Ihr könnt mich nicht einfach mit dort hinaufnehmen!«
    »Was ich Euch zu sagen habe, ist nur für Eure Ohren bestimmt, Ihr seid durchnässt und möglicherweise verletzt. Wollt Ihr Euch vor den Augen der Kerle dort umkleiden? Wahrscheinlich sitzt einer vom Hof dabei, und morgen weiß man in der gesamten Residenz, dass Ihr Euch mit fremden Herren in zweifelhaften Wirtshäusern herumtreibt.« Kühl fügte er hinzu: »Vor allem wüsste es dann auch Herr von Tulechow, und das, Gnädigste, dürfte Euch kaum gefallen.«
    Wütend ließ sie sich den Weg weisen und stapfte mühsam die steile Treppe hinauf. Ihr Umhang und die Röcke waren nass und schwer vom Regen. Ruben folgte ihr mit einer Lampe, denn durch das Unwetter war es bereits dunkel in den schmalen Fluren.
    »Die Kammer am Ende ist es.« Er hob die Lampe, steckte einen Schlüssel in das eiserne Schloss und stieß die Tür auf.
    Nachdem sie in das überraschend geräumige Zimmer getreten war, verriegelte Ruben die Tür hinter ihr und setzte die Lampe auf einem Tisch vor dem Fenster ab. Eine Truhe, ein Sessel, Schemel und ein Bett vervollständigten die zweckmäßige Ausstattung. Dennoch war Marie überrascht, dass Ruben sich ein Einzelzimmer leisten konnte, aber was wusste sie schon über diesen Mann?
    Er schnürte sein nasses Wams auf und warf es auf die Truhe. Mit einem Tuch, das neben einer Waschschüssel lag, rieb er sich Gesicht und Haare trocken, nahm einen Becher, der auf einem Tablett am Fenster stand, und stürzte dessen Inhalt hinunter. Dann lehnte er sich gegen das Fenstersims und musterte sie. »Wollt Ihr den Umhang nicht ablegen? Tulechow wird nicht begeistert sein von einer schwindsüchtigen Braut.«
    Der beißende Sarkasmus in seiner Stimme kam einem Schlag ins Gesicht gleich. Mit klammen Händen band sie den Umhang ab und trat an den Waschtisch, um sich das Gesicht zu reinigen und zu trocknen. Das war es also, dachte sie. Er hatte erfahren, dass sie Tulechow heiraten sollte.
    Sie musste mehrere Blutergüsse bei dem Überfall davongetragen haben, denn ihre Schulter, ein Knie und vor allem ihr Hals schmerzten. Unbeholfen steckte sie eine Haarsträhne zurück in ihre aufgelöste Frisur und gab dann erschöpft auf. »Aus Eurer abweisenden Haltung schließe ich, dass Ihr von meiner bevorstehenden Vermählung erfahren und Euch eine Meinung zu meinen Beweggründen gemacht habt. Wie bedauerlich.«
    Nach den Strapazen des außergewöhnlichen Tages war sie den Tränen näher als einer wütenden Erwiderung, entschied sich gegen beides und griff stattdessen resigniert nach dem Krug auf dem Tablett. »Wein oder Bier?«
    Ruben hob eine Braue. »Wein.«
    »Gut.« Sie füllte sich den Becher, aus dem Ruben zuvor getrunken hatte, und leerte ihn in einem Zug. Ihr Überrock hatte sich bis auf Hüfthöhe voll Wasser gesogen, und sie stellte sich vor den kleinen Ofen. »Hättet Ihr die Güte, ein Feuer zu entzünden?«
    In einem Korb lagen Holzscheite. Ruben warf zwei in den Ofen, erhob sich und sah sie mit seinen dunklen Augen an, in denen sich Enttäuschung, Schmerz und Verständnislosigkeit mischten. »Warum? Ich weiß, dass ich kein Recht habe, Euch das zu fragen, aber …«
    »Ganz recht, das habt Ihr nicht. Ihr geht und kommt, wie es Euch beliebt, und verfolgt Eure eigenen Ziele. Genau wie ich. Eine Frau muss überleben, und ich werde nicht jünger …«, sagte sie und griff erneut nach dem Weinkrug.
    »Aber du bist keine solche Frau.« In den schlichten Worten lag so viel Wärme, dass Marie den Krug absetzte und

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