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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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Witwe gemacht hat?« Verärgert schritt sie schneller aus.
    »Jetzt versucht doch wenigstens, an Eure Zukunft zu denken! Tulechow hat nichts mit Wernos Tod zu tun.«
    »Nicht direkt, aber sie alle wussten, dass Werno kein Geld mehr hatte. Sie haben ihn in den Tod getrieben!« Doch ihre Worte waren ohne Schärfe, denn im Grunde war ihr klar, dass Werno sein Leben allein verspielt hatte.
    Auf dem Schrannenplatz standen noch die leeren Bretterbuden, in denen tagsüber Waren feilgeboten wurden. Hinter einer Wand regte sich etwas, und Marie dachte schon, es handele sich um einen streunenden Hund, doch die Geräusche waren anderer Natur.
    »Die Huren treiben es überall«, schimpfte Georg. »Sollen sie doch in ihren Gassen bleiben.«
    Aus den umliegenden Häusern der Getreidehändler fiel Licht auf den Platz, der das Herz der Stadt bildete. Maries Umhang wurde mit jedem Tropfen nasser und schwerer, und sie hatte Mühe, das Buch an seinem Platz zu halten. Endlich erreichten sie die Rindermarktgasse, in der die Häuser der vornehmen Patrizier großzügig beleuchtet waren.
    »Da vorn wohnen die Dichtls, dort die Pütrichs, und die Fassade mit dem Stuckwerk dort gehört zum Palais des verstorbenen Herzogs Ferdinand. Das war ein Lebemann!«, sagte Georg und lächelte amüsiert.
    Hier fuhren regelmäßig Karossen ein und aus, auch die Tragsessel sah man oft vor den repräsentativen Hauseingängen. Diener waren stets in Botengängen der reichen Herrschaft unterwegs, und weder Marie noch Georg beachteten die Leute, die sich hier zielstrebig bewegten, weil in der Regel kein arglistiges Gesindel darunter war. Marie war bereits mit Georg in die dunkle Durchfahrt getreten, deren einzige Lichtquelle aus einer Laterne im Hof des Mietshauses bestand, als sie Vroni hinter sich leise sprechen hörte. Aras hatte nicht angeschlagen, und Marie wunderte sich, welcher ihrer Bekannten sich um diese Zeit hier aufhalten mochte.
    »Herrin.« Vroni eilte auf sie zu und fasste sie am Umhang. »Es ist der Herr aus Böhmen.«
    Georg war bereits in den Hauseingang getreten und drehte sich nach ihr um. »Was gibt es denn noch?«
    »Es ist ein Vetter von Vroni. Wir sind gleich da«, rief sie und packte Vronis Hand. »Wo ist er?«
    Sie waren kaum um die Ecke getreten, da erkannte sie Rubens Gestalt im schmalen Durchgang neben der Apotheke. Aras stand neben dem Böhmen und ließ sich von ihm den Kopf kraulen.
    »Ich warte hier an der Ecke«, flüsterte Vroni und stellte sich in den Durchgang. Im Halbdunkel konnte man vom Hof aus nicht erkennen, wer dort wartete.
    Mit klopfendem Herzen näherte sich Marie dem Böhmen. »Aras, was bist du nur für ein Wachhund.«
    Ruben lachte leise. »Er ist klüger als wir.« Er trat aus dem Durchgang und sah sich kurz nach beiden Seiten um. »Ich muss mit Euch sprechen, Signora Langenau.«
    Die Art, wie er ihren Namen aussprach, berührte Marie. Sie räusperte sich und sah ihn an. Er wirkte nervös, und sein Umhang war durchnässt, so als stünde er schon länger im Regen. »Mein Bruder wartet auf mich.«
    »Bitte, hört mich kurz an. Ich war heute im Kapuzinerkloster und …«
    »Ihr wart das?« Entsetzt wich sie zurück und drückte instinktiv das Buch an sich. »Wie konntet Ihr nur. Er war doch nur ein alter Mann.«
    Marie schluckte. Sie konnte nicht glauben, dass er ein Mörder war, aber alles sprach dafür.
    »Ihr wart auch dort?«, fragte er rasch und griff nach ihrem Arm. »Ich habe ihn nicht getötet!«
    »Außer mir war nur ein weiterer Besucher dort.« Sie spürte, wie sich sein Griff verstärkte. »In sechzehn Jahren haben nur zwei Menschen nach Ambrosius gefragt. Einer davon seid Ihr, und ich weiß, dass ich den alten Mann nicht erdrosselt habe.«
    Ihre hastig geflüsterten Worte zerschnitten die Spannung zwischen ihnen, und Ruben gab ihren Arm frei.
    »Ihr urteilt zu schnell und zu unüberlegt. Ich habe mehr in Euch gesehen als …«
    Erbost hob sie die Hand, um ihn für seine Frechheit zu ohrfeigen, doch er wich ihr geschickt aus. »Gehabt Euch wohl.«
    Er schaute um die Hausecke und war im Begriff, sie zu verlassen. Marie spürte, dass sie ihn nie wiedersehen würde, wenn er jetzt ging, und kämpfte gegen einen Aufruhr von Gefühlen und die logischen Argumente ihres Verstands, die alle gegen diesen Mann sprachen. »Nicht …«, entrang es sich rau und kaum hörbar ihrer Kehle, doch Ruben musste es vernommen haben, denn er machte auf dem Absatz kehrt und zog sie an sich.
    Nur einen kurzen Moment lang hielt er

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