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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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interessiert war, della Porta nach Prag zu holen. Ich glaube, Ambrosius sollte in dieser Angelegenheit vorfühlen.« Er räusperte sich. »Was ich sagen möchte, ist, dass Ambrosius sich nicht festlegen konnte oder wollte auf die Theorie eines Gelehrten, und er meinte damals, es würde alles leichter machen, wenn er sich einer Richtung aus Überzeugung anschließen könnte. Aber keine der kursierenden Theorien sagte seinem ruhelosen zweiflerischen Geist zu, und Schuld daran trug etwas, das er in der Bibliothek eines dankbaren Patienten in Florenz gefunden hatte.«
    Abt Jacobus erhob sich, drückte sich die Hände ins schmerzende Kreuz und holte einen Schlüssel aus dem Schrank neben dem Fenster. Er schloss die Truhe auf und fand unter leisem Gemurmel, wonach er suchte. »Ah, da ist es!«
    Er hielt ein schmales Büchlein in den Händen. Der lederne Einband war brüchig, die geprägten Buchstaben auf dem Deckel abgeblättert und unleserlich. Ein Band war um das Buch gewickelt und der Knoten versiegelt. Als er Marie das Buch reichte, klopfte es, und Thomas steckte den Kopf zur Tür herein. Instinktiv versteckte Marie das Buch unter ihrem Umhang.
    »Bruder Martin fragt nach Ambrosius. Was soll ich ihm sagen, Vater Abt?« In Thomas’ Stimme schwang ein leiser Vorwurf mit.
    »Sag ihm, dass ich gleich komme. Es war doch niemand in der Zelle?«
    »Nein. Ich habe den Schlüssel an mich genommen, aber das macht die anderen misstrauisch, und verdenken kann ich es ihnen nicht. Es gibt keine verschlossenen Türen im Kloster. Warum auch? Wir besitzen nichts und haben nichts zu verbergen.« Der vorwurfsvolle Blick sprach Bände.
    »Richtig, Bruder Thomas, und verlass dich darauf, es wird alles zum Wohle des Herrn geschehen. Sei dessen versichert. Hattest du jemals Grund, an meinen Entscheidungen zu zweifeln?«
    »Nein, Vater Abt.«
    »Gut. Wir sind gleich so weit, Bruder Thomas.« Der Abt machte einen Schritt auf die Tür zu, und Thomas zog sich zurück.
    Marie zog das Buch aus dem Umhang hervor.
    »Gebt es Eurem Oheim, mit meinem Segen. Ambrosius hat mir nie gesagt, was er entdeckt hatte, aber ich habe in jenen Nächten auf Schloss Dandolo einen ehrenhaften Menschen kennengelernt. Wir haben uns erst wiedergesehen, kurz nachdem ich mit meinen Brüdern nach München gekommen war. Ambrosius war ein gebrochener Mann und hatte nur den einen Wunsch, der Welt den Rücken zu kehren, wie er sagte. Sein beachtliches Vermögen übereignete er dem Kloster, mir gab er bei seinem Eintritt dieses Buch. Das war der einzige Besitz, von dem er sich nicht trennen konnte. Nachdem Bruder Thomas mir von Eurer Nachfrage erzählt hatte, bin ich zu Ambrosius gegangen. Als Erstes fragte er mich, ob das Buch noch da sei. Ich zeigte es ihm, und er sagte, dass er es vielleicht benötigen werde.«
    Abt Jacobus ergriff Maries Hand. »Ich weiß nicht, was hier vor sich geht. Aber dieses Buch war Ambrosius wertvoller als alles andere. Keiner von uns hat dafür Verwendung, und verkaufen möchte ich es nicht, denn sein Inhalt sollte nicht in unkundige Hände geraten. Euer Oheim scheint mir der Einzige, dem ich es anvertrauen kann, denn er war ein Freund. Nach seinem Eintritt in unseren Orden hat Ambrosius nie wieder mit mir über seine Vergangenheit gesprochen. Es war seine Entscheidung, die ich zu akzeptieren hatte. Wir alle tun das. Jetzt bedaure ich, dass er mir nie die Bedeutung des Buches erklärt hat, vielleicht wäre er dann noch am Leben.«
    Er musste die aufkeimenden Zweifel in Maries Augen gelesen haben, denn er drückte ihre Hand und machte eine segnende Geste. »Gott schütze Euch. Niemand weiß von dem Buch. Also seid Ihr nicht in Gefahr. Euer Oheim ist es womöglich, doch er wird wissen, was zu tun ist. Ihr seid eine mutige Frau, sonst wärt Ihr nicht hier. Macht Euch keine Sorgen um Bruder Thomas, ich werde ihm erklären, dass es für das Kloster am besten ist, wenn wir den Mantel des Schweigens über den Grund Eurer Anwesenheit hier decken.«
    Sie gingen zur Tür, und während er den Riegel anhob, sagte Marie: »Ich kann Euch gar nicht genug danken, Vater Abt. Möchtet Ihr Nachricht von meinem Oheim haben, sobald …?«
    Jacobus schüttelte den Kopf. »Ich bin erleichtert, dass ich das Buch abgeben konnte. Geheimnisse wiegen schwer. Gebt acht, dass sie Euch nicht erdrücken, Frau von Langenau.«
    Georg erwartete Marie mit finsterer Miene im Brunnenhof der Residenz. Die Glocken von Sankt Michael läuteten bereits zur sechsten Stunde, und es

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