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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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Geheimrat würde Remigius kaum bedrohlich werden, die Herzogin hatte ihr die Erlaubnis zur Abreise erteilt. Marie seufzte. Dieser Punkt war entscheidend. Laut sagte sie: »Ich muss morgen in die Residenz, um zwei Verehrer zu vertrösten. Ich muss wieder heiraten. Albrecht hat schlecht gewirtschaftet, und wenn er das Gut verlieren sollte, sind wir mittellos, Vroni, und dann …«
    Das junge Mädchen hing ängstlich an ihren Lippen.
    »Es wird schon alles gut werden, Vroni. Dein Paul ist ein kräftiger junger Bursche und kann sich überall als Pferdeknecht verdingen.« Sie lächelte dem Mädchen aufmunternd zu. Doch was wird aus mir?, dachte Marie. Ich habe nichts außer meinem Namen, meinen Kleidern und meinem gesunden Menschenverstand. Ein bitteres Resümee nach sieben Jahren Ehe mit einem Mann, der nichts außer seinem eigenen Vergnügen im Sinn gehabt hatte. Georg und Albrecht hatten ja nicht einmal unrecht, wenn sie ihr vorhielten, dass eine neue Ehe ihre Zukunft war. Und der einzige Mann, nach dem sie sich insgeheim sehnte, war ein mittelloser Fremder, von dem sie nichts wusste, außer dass er womöglich ein Mörder war. Fröstelnd knetete sie ihre Hände. Sie durfte sich nicht noch einmal hinreißen lassen wie vorhin dort unten auf der Straße. Ihr Verhalten war einem Moment der Schwäche entsprungen. So benahm sich das Gesinde. Sie hob das Kinn.
    »Darf ich Euch mit den nassen Röcken helfen?«, fragte Vroni zaghaft.
    Die feuchten Stoffe begannen unangenehm schwer an ihrem Körper zu kleben, und Marie öffnete die verbliebenen Knöpfe ihrer Jacke. »Die Knöpfe müssen wieder angenäht werden. Ich habe sie unterwegs verloren.«
    Vroni war bereits dabei, die Schleifen an Maries Rücken zu lösen, und besah sich die abgerissenen Knöpfe. »Ich frage morgen in der Residenz bei den Näherinnen der Hofdamen nach passendem Ersatz, wenn es recht ist.«
    Während Vroni ihr nach und nach aus den klammen Röcken half, dachte Marie an ihren Oheim. Jeder Rest Zweifel an dem Grund für Sallovinus’ Tod war mit dem neuen Mord hinfällig geworden. Das musste Remigius einsehen. »Haben wir Papier? Ich will einen Brief schreiben.«
    »Ich könnte Leander fragen«, erbot sich Vroni, doch Marie winkte ab.
    »Ach nein. Ich habe es mir anders überlegt.« Remigius zu warnen war unnütz, denn was hatte ein todkranker Mann zu verlieren?
    Der nächste Tag brachte eine unliebsame Überraschung, die Maries Pläne zerstörte. Sie ahnte es bereits, als sie das zuckersüße Lächeln der Gräfin von Larding sah, die neben einer ihrer hochwohlgeborenen Freundinnen in der Hofkapelle Platz genommen hatte. Georg geleitete seine Schwester durch die Stuhlreihen, die in dem lichten Kapellenraum aufgebaut waren. Die herzogliche Familie würde der Messe von der Empore aus beiwohnen, die Zugang zu den fürstlichen Gemächern hatte. Noch waren die Ränge leer. Das Hoforchester stimmte sich ein, um die heutige Messe mit Werken des verehrten Orlando di Lasso zu krönen.
    »Warum spielt heute das Orchester?«, fragte sie leise ihren Bruder.
    »Zu Ehren des heiligen Cyrill.« Georg nickte höflich bereits sitzenden Besuchern zu und bemerkte auch die Gräfin. »Habt Ihr gesehen? Sie grüßt Euch! Sagtet Ihr nicht, dass sie Euch nicht leiden kann?«
    »Nicht leiden kann ist noch milde ausgedrückt«, murrte Marie und ließ sich auf einem Stuhl nieder, von dem aus sie die Gräfin beobachten konnte. »Mit wem tuschelt sie da?«
    Georg trat zu ihr. »Ihr wurdet doch den Damen vorgestellt, aber wenn ich mich nicht täusche, ist das die Baronin von Taunstein.«
    »Ihr feistes Gesicht mit den kleinen Schweinsaugen kann man nicht vergessen, aber die Namen, liebe Güte, ständig kommen neue Damen dazu.«
    Die Hofkapelle hatte etwas Lichtes und Erhabenes, fand Marie und betrachtete die weißen Säulen und Bögen des hohen Raumes, welcher der unbefleckten Empfängnis Mariens geweiht war. Auf Wolken thronte die Gottesmutter in ihrer Glorie inmitten von Engeln auf dem Altarbild des verstorbenen Hofmalers Hans Werl. Ihre Betrachtung wurde durch eine Bewegung auf der Seite der Gräfin unterbrochen. Ein stattlicher dunkelhaariger Mann stand mit dem Rücken zu Marie, drehte sich plötzlich in ihre Richtung und grüßte sie mit einer Verneigung.
    »Ihr müsst ebenfalls grüßen!«, zischte Georg und stieß sie an.
    Marie gehorchte und murmelte: »Tulechow!«
    »Und er scheint Euch gewogen. Es ist … Oh, er kommt sogar zu uns herüber.«
    Severin von Tulechow bewegte sich

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