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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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sein.«
    »Ach, Georg, wie konntet Ihr nur?« Erschüttert sank Marie auf den Stuhl und begriff in aller Klarheit, was sich hier zwischen Georg und Anselm abgespielt haben musste, bevor ihr verbotenes Stelldichein entdeckt worden war. Ihr Bruder tat ihr über die Maßen leid, wie er dort neben seinem Liebhaber stand, denn nichts anderes war der junge Pater Anselm, der kaum mehr als ein schluchzendes Häuflein Elend darstellte.
    »Ihr wisst, dass Euer Bruder Sünden wider die Natur begeht, dass er Unzucht mit dem Satan treibt?«, war es jetzt an Tulechow, erstaunt zu fragen.
    Marie zuckte mit den Schultern. »Wer hat sie bei …« Sie suchte nach dem passenden Wort. »Ich meine, wer weiß hiervon?«
    »Eine Frau aus der Schauspieltruppe ist zufällig hereingeplatzt, als die Herren sich contra naturam auf meinem Tagesdiwan verlustierten!«, kam es anklagend von Tulechow.
    »Eine Komödiantin? Was hatte denn die hier verloren?« Argwöhnisch beobachtete Marie Tulechow, der sich ärgerlich gab, die Situation jedoch zu genießen schien, denn er stolzierte mit selbstgerechter Miene und der Haltung eines hohen Richters auf und ab.
    »Die Dame heißt Carla und war auf der Suche nach einem Mitglied ihrer Truppe. Sie behauptete, dass Ihr mit einem Mann der Truppe verschwunden seid – und das in vertraulicher Art!« Bei diesen Worten blieb Tulechow vor ihr stehen und stemmte die Hände in die Hüften.
    »Welch eine Unverschämtheit! Was hätte ich mit einem der Komödianten, die mir vollkommen fremd sind, zu schaffen? Ich hatte eine Frage bezüglich des Stückes, und dann ging ich meinen Bruder suchen. So eine unverfrorene, verleumderische Schlange!« Ihr Zorn war nicht gespielt, doch hatte er einen anderen Grund, als sie Tulechow glauben machen wollte.
    Seine bedrohliche Haltung entspannte sich, und er neigte entschuldigend den Kopf. »Ich hatte gehofft und erwartet, dass Ihr so reagieren würdet, Verehrteste. Doch um Euren Bruder und den Pater hier ist es schlecht bestellt, denn sie sind sozusagen in flagranti crimine von einer Zeugin ertappt worden.«
    Anselm hob ihnen das tränenüberströmte Gesicht entgegen und zerrte an dem Kreuz um seinen Hals. »Mein Leben ist verwirkt! Ich habe Gott enttäuscht und Schande über meinen Orden gebracht! Die Strafen werden furchtbar sein, und das ewige Fegefeuer ist mir gewiss.«
    »Ich fürchte mich mehr vor den herzoglichen Gerichten«, sagte Georg mit belegter Stimme und fuhr sich mit zittrigen Fingern durch die Haare.
    »Ach, Herr von Tulechow, wir müssen etwas für diese beiden Unglücklichen tun können!«, flehte Marie. »Sie haben doch niemandem Schaden zugefügt!«
    »Ihrem Seelenheil und dem Ruf meines Hauses, nicht zu vergessen«, bemerkte Tulechow mit trockenem Sarkasmus.
    »Was kann ihnen denn schlimmstenfalls widerfahren?«, fragte Marie und sah besorgt zu Georg, dessen Gesicht kreidebleich war.
    »Der Verlust aller Ämter und Würden, Gefängnis- und Körperstrafe«, konstatierte Tulechow mit einem unangemessenen Ton von Genugtuung, wie Marie fand.
    »Körperstrafe?«, rief Anselm bestürzt. »Sie werden uns öffentlich auspeitschen lassen. Das ist schlimmer als der Tod …«
    »Bei der Mutter Gottes, das können wir nicht zulassen. Er ist mein Bruder!« Marie zog die beiden kostbaren Ringe, die sie noch besaß, von den Fingern. »Ich werde mit dieser Carla sprechen und ihr Schweigen kaufen.«
    Georg schüttelte den Kopf. »Lasst das, Marie. Sie würde uns erpressen, bis wir keinen blanken Groschen mehr besitzen. Ich will nicht, dass Ihr unter meiner Verworfenheit leidet.«
    »Wo ist diese Carla überhaupt?«, fragte Marie und spielte mit ihren Ringen.
    »Es ist mir gelungen, sie zumindest so weit zu beruhigen, dass sie in der Bibliothek auf mich wartet, ohne vorher mit irgendjemandem über diesen Frevel zu sprechen. Ich wollte Euch erst in Kenntnis setzen.« Tulechow beugte sich vor und sagte dicht an Maries Ohr: »Dieser Skandal um Euren Bruder wäre der Ruin Eurer Familie.«
    »Ich weiß«, flüsterte Marie kummervoll.
    »Ich will versuchen, was in meinen Kräften steht, um dieses Unheil von Euch abzuwenden.«
    Sie spürte seinen Atem an ihrem Ohr, widerstand dem Impuls, sich abzuwenden, und rang sich ein Lächeln ab. »Eure Güte beschämt mich.«
    Tulechow richtete sich zu seiner ganzen beeindruckenden Größe auf. »Herr von Kraiberg und Pater Anselm bitte ich, bis auf weiteres hier zu verbleiben.« Der Ton entsprach einem Befehl. »Frau von Langenau, betrachtet

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