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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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nahm Marie wie aus weiter Ferne wahr. Sie verstand Georg nicht. Wenn er und Anselm kein Unrecht begangen hatten, warum wehrten sie sich nicht? Warum sollte Carla nicht zufällig hinzugekommen sein? Ruben, dachte sie und war das andauernde Versteckspiel und die unausgesprochenen Heimlichkeiten leid. Gewiss wusste der Böhme mehr über die Tafeln, über Sallovinus und womöglich sogar über den Mörder. »Heilige Mutter Gottes, gib, dass ich mich nicht zum Narren mache«, murmelte sie, drängte sich an einer blonden Frau in schillernder Seidenrobe vorbei und bemerkte zu spät, dass es sich um Gräfin von Larding handelte.
    »Ach, da seid Ihr! Wir haben Euch schon vermisst, Gnädigste.« Die Gräfin schlug ihren Fächer zu und musterte Marie eingehend. »Ihr wirkt etwas derangiert. Ist Euch nicht wohl?«
    Sie konnte nichts von dem Vorfall um Georg wissen, oder doch? Schwang Häme in ihrem Ton mit, oder reagierte sie bereits hysterisch? Marie räusperte sich. »Mir geht es ausgezeichnet. Es ist vielleicht etwas warm hier herinnen.«
    Die blonde Gräfin ließ ein glockenhelles Lachen erklingen und fächelte sich elegant Luft zu. Ihr Dekolleté war gewagt, und die bunten Edelsteine ihres Geschmeides hüpften auf dem Ansatz ihres Busens. »Womit Ihr vollkommen recht habt, doch gibt es uns Gelegenheit, unsere Reize zu präsentieren, nicht wahr?«
    Etwas Unverständliches nuschelnd, hielt Marie weiterhin Ausschau nach Ruben, aber die Komödianten waren nicht zu sehen. »Bitte, Frau Gräfin, entschuldigt mich.«
    Sibylle von Larding schlug ihr scherzhaft mit dem Fächer auf die Hand. »Ihr dürft Euch nicht schon wieder davonstehlen. Was soll denn unser Gastgeber denken? Ist er nicht ganz nach Eurem Geschmack? Ah, welche Frau fühlte sich nicht geschmeichelt, wenn ein solcher Mann sich für sie interessiert.«
    Im Grunde fand Marie die plötzliche Anbiederei der Gräfin merkwürdig, wenn nicht unheimlich, gemessen an der Ablehnung, die ihr noch kürzlich von dieser Frau entgegengeschlagen war. Als sie den Grafen und die Baronin von Taunstein herbeikommen sah, fügte sie sich in das Unvermeidliche. »Herr von Tulechow ist ein umsichtiger Gastgeber und führt ein beeindruckendes Haus.«
    »Nicht wahr? Und wir sind alle schon furchtbar neugierig auf die Überraschung des heutigen Abends.« Die Gräfin schlug begeistert ihren Fächer zusammen. »Ich liebe diese kleinen Aufregungen, und unser guter Tulechow versteht es meisterhaft, Inszenierungen …« Sie verstummte und sah an Marie vorbei. »Mein lieber Gottfried!«, zirpte die Gräfin und legte eine falsche Zärtlichkeit in ihre Stimme, die Marie erstaunt nach dem Objekt des Stimmungswechsels schauen ließ.
    Der Grauhaarige, der nun zu ihnen trat, war nicht groß, und unter seinem schwarzen Wams spannte sich ein Bäuchlein. Ein desinteressierter Blick unter schweren Lidern streifte Marie, um an der Gräfin haften zu bleiben. »Die Allemande, Verehrteste. Oder habt Ihr Euren eigenen Gatten über Eurer Schwärmerei für unseren Freund Tulechow vergessen?«
    Ein klirrend helles Lachen entrang sich der Gräfin, als sie ihm den Arm reichte und ihn mit ihrem Fächer neckte. »Ihr wisst doch, dass Frauen furchtbar neugierig sind und Überraschungen lieben!«
    Graf Gottfried von Larding nickte kaum merklich. Seine Haare waren kurz, und der gestutzte Vollbart verdeckte ein breites Gesicht, das von scharfen Furchen um die Nase geprägt war. Marie kannte den Grafen bislang nur aus der Residenz, wo er meist in Begleitung von Oberstkanzler Donnersberg, Hofkanzler Wagnereck, Hofkammeradvokat Doktor Mändl oder an der Seite des Herzogs war.
    »Ihr seid Frau von Langenau bereits vorgestellt worden?«, fragte Sibylle von Larding leichthin.
    Marie knickste, doch als sie aufsah, waren die von Lardings bereits auf dem Weg in den Tanzsaal. Umso besser, sagte sich Marie und ging in die Antecamera, die den Schauspielern als Garderobe gedient hatte. In dem engen Raum standen nur noch zwei Kisten, und auf dem Boden lag unter einem gelben Tuch die halbe Maske, die Ruben getragen hatte. Sie hob sie auf und strich über die ausgeprägten Konturen des Theaterrequisits, das ihr nichts über seinen Träger verriet. Zwei Lakaien kamen herein und schoben die größere der beiden Kisten an. »Sind die Komödianten fort?«, erkundigte sich Marie.
    »Gerade weg. Der Pantalone war schon stramm, und die Dralle gab sich wie ’ne Herzogin, hochnäsiges Miststück!« Der kleinere Lakai spuckte aus. »Na los, pack an,

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