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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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den Düften des Buffets nicht widerstehen, und Georg sagte: »Ihr findet uns drüben, Marie. Es gibt gleich Essen!«
    Die männlichen Darsteller kleideten sich in einer Ecke hinter einem Paravent und einigen aufgestapelten Kisten um.
    »Also, was wollt Ihr? Sucht Ihr ein Abenteuer? Wollt Ihr eine Rolle?« Die junge Frau stand auf und griff nach einer samtenen Jacke, deren Ellbogen abgewetzt waren. Der gestickte Goldsaum löste sich bereits. »Das wahre Leben sieht nicht so rosig aus.« Sie griff sich anzüglich in den Schritt. »Oder juckt’s die feine Dame, und sie …«
    »Halt den Mund, Carla.« Ruben trat hinter dem Paravent hervor, und Marie konnte nicht verhindern, dass ihr Herz bei seinem Anblick schneller schlug.
    »Du hast mir gar nichts zu sagen! Bist kaum dabei, und bildest dir was ein, nur weil die Weiber dir nachhecheln wie …«
    »Jetzt reicht es! Stopf ihr das Maul, Ruben, sonst mach ich es!« Pantalone streckte sein erst halb gesäubertes Gesicht hinter einer Kiste hervor.
    Die übrigen Frauen der Truppe kümmerten sich nicht um Marie, sondern wuschen sich das Gesicht oder packten eilig Kostüme und Requisiten zusammen. Zaghaft machte Marie einen Schritt auf Ruben zu, der sie mit unbewegter Miene ansah.
    »Die feine Dame juckt’s, habe ich mir gleich gedacht. Na los, besorg’s ihr, sonst jault sie gleich wie eine läufige Hündin«, ätzte Carla.
    Noch während sie die letzten Worte aussprach, stürzte der Paravent um, und Pantalone kam nur in seinen Hosen herausgesprungen und schlug der frechen Schauspielerin mit voller Wucht ins Gesicht. Carla schrie auf und berührte ihre aufgeplatzte Lippe. »Sieh dir das an, du Schwein, jetzt falle ich für morgen aus!«
    »So schön bist du auch nicht. Schmink’s über, und keiner merkt den Unterschied.« Ungerührt ging Pantalone zurück zu seinen Sachen.
    Ruben, in dessen Haaransatz noch Reste der weißen Schminke klebten, winkte Marie zu sich und dirigierte sie aus dem Salon hinaus. Auf dem Gang standen zwei Lakaien, Ruben stieß unbeeindruckt die nächstgelegene Tür auf und schob Marie hinein. Sie fanden sich in einem kleinen Kabinett wieder, von dem aus eine Tür in den Speisesaal zu führen schien, denn dahinter hörten sie Geschirr klappern und die lauter werdenden Stimmen einströmender Gäste.
    Aus dem hohen, vergitterten Fenster strömte silbernes Mondlicht herein und zeigte die Umrisse von zwei Sesseln, einem runden Tisch und einer im Dunkeln liegenden Vitrine. »Was tut Ihr hier?«, brachte Marie leise hervor, denn Ruben starrte sie schweigend mit finsterer Miene an.
    »Dasselbe könnte ich Euch fragen. Macht Tulechow Euch den Hof?« Er drückte sacht die Tür hinter sich ins Schloss und kam auf sie zu.
    Marie wich zurück, bis sie den Sessel hinter sich spürte und stehen bleiben musste. »Und wenn es so wäre?«
    »Dann wärt Ihr eine Närrin.«
    »Er ist wohlhabend und einflussreich.«
    Ruben stand dicht vor ihr, seine Brust hob und senkte sich, und aus jeder Faser seiner angespannten Haltung sprach unterdrückte Wut. »Ihr wisst nichts über diesen Mann.«
    »Ich weiß, dass er mir ein finanziell abgesichertes Leben bieten kann.«
    Er hatte bereits die Hand nach ihr ausgestreckt und zog sie zurück, bevor er sie berührt hatte. »Ich war in Wasserburg. Es gab einen weiteren Mord.« Schnell und mit gedämpfter Stimme erzählte er. »Ein Apotheker wurde erdrosselt. Er war im Besitz der zweiten Tafel, die jetzt verschwunden ist. Und jetzt wird es interessant: Der Geheimrat Zeiner war ebenfalls in Wasserburg und ein Mann, der in Tulechows Diensten steht.«
    Marie sog scharf die Luft ein.
    »Und ich war auch dort, denkt Ihr gewiss.«
    »Nein!«, rief sie leise, obwohl es stimmte, doch sie hatte den Gedanken sofort wieder verworfen, denn es ergab keinen Sinn! Hätte Ruben den Apotheker ermordet und die Tafel gestohlen, wäre er nicht hier. Die Haare fielen ihm in die Stirn, und er blinzelte müde. »Nein«, wiederholte sie und strich ihm über die Schläfe, wo noch ein Rest weißer Schminke klebte.
    »Was tut Ihr bei der Truppe?«, fragte sie und sah ihm in die Augen. Waren Augen nicht der Spiegel der Seele? Niemals konnte sie darin die Verschlagenheit und Schlechtigkeit finden, die einen Mörder verraten hätten. Verzweiflung, Zorn und eine große Traurigkeit las sie in seinem Blick, genau wie damals auf dem Hof von Kraiberg, am Tag seiner Abreise.
    Jemand ging dicht an der Tür zum Speisesaal vorbei, und Marie zuckte zusammen, doch der Knauf

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