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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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und Hannes schien erleichtert.
    »Wir hatten schon Sorge, was da vorgefallen war, denn eine Dame auf der Straße abzusetzen ist gefährlich, und ich frage Euch auch nicht, warum der Herr Doktor Euch mitten in der Einöde ausgesetzt hat.« Er strich seinem Pferd beruhigend über den Kopf und legte die Zügel über den Hals des zweiten, stämmiger wirkenden Tieres. »Wir haben ja viele Durchreisende, und da erlebt man schon einiges, aber eine Dame lässt man einfach nicht im Stich. Das hat mein Vater mir beigebracht, und der ist kein Gelehrter und kein Jesuit, aber Anstand hat er!«
    »Sag, Hannes, warst du eben beim Körber? Was sind das für Leute? Meine Reisetruhe ist noch dort.«
    Hannes machte ein nachdenkliches Gesicht. »Tja, ich habe nur eine Pistole. Vor meinem Vater haben die schon Respekt, aber der ist nicht hier. Der Vath ist ein übler Bursche. Und wie sollen wir eine Truhe bewegen? Ich habe keine gesehen, als ich da vorbei bin. Die Alte hat mir gesagt, dass Ihr spazieren gehen wolltet.«
    »Spazieren!«, schimpfte Marie, sah aber ein, dass sie allein nichts gegen den brutalen Korbmacher ausrichten konnten. »Lass uns nach Kraiberg reiten! Mein Bruder, Herr von Kraiberg, wird diesen Vath mit seinen Knechten das Fürchten lehren!«
    Hannes grinste breit. »Scheint mir die beste Lösung.«
    Ihre anfängliche Freude über die Rückkehr nach Kraiberg wurde schon kurz nach ihrer Ankunft empfindlich getrübt. Einzig Aras zeigte ihr seine Zuneigung und wich ihr nicht mehr von der Seite, nachdem er sie schon von weitem erspäht hatte. Albrecht erschien mit mürrischer Miene auf der Treppe vor dem Haupteingang und machte keine Anstalten, ihr vom Pferd zu helfen. Sie musste ein erschreckendes Bild abgeben, das auch ihre mühsam bewahrte aufrechte Haltung nicht verbessern konnte.
    »In welchen unsäglichen Schwierigkeiten steckt Ihr, Schwester? Hoffentlich erwartet Ihr keine Hilfe von mir, denn ich bin im Augenblick kaum in der Lage, mir selbst zu helfen.«
    Welch ein Empfang. »Ein Quartier für diesen freundlichen jungen Burschen werdet Ihr wohl erübrigen können?«
    Albrecht nickte, und Marie schickte Hannes in die Küche. »Lass dir ein anständiges Mahl geben, und dann wird man sich im Stall um die Pferde kümmern. Über alles andere sprechen wir morgen früh.«
    Erschöpft stieg Marie die Treppen hinauf und lehnte sich an die steinerne Brüstung. »Was ist geschehen, Albrecht? Irgendetwas ist doch vorgefallen!«
    Albrechts Wams hing ihm schlaff um den Körper. Seine Augen waren von dunklen Ringen umgeben, die Lippen trocken und aufgesprungen. Er schien getrunken zu haben, doch seine Sprache war klar. »Falls Ihr nach Eurer Dienerin sucht – sie ist fort, weggelaufen! Am Sonntag musste ich ein Urteil in der Sache mit dem Kindshändel fällen.« Er stützte sich schwer auf die Brüstung und starrte in den Hof, in dem nur einige Hühner und Gänse scharrten und eine Magd Wasser aus dem Brunnen holte.
    »Ihr hattet recht! Zum Teufel, jetzt könnt Ihr triumphieren!«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, besann sich und fragte: »Hat man Euch Gewalt angetan?«
    »Nein. Was um des lieben Himmels willen gibt es?«
    »Alle Beweise sprachen gegen Paul, also habe ich ihn zu einem Dutzend Peitschenhieben verurteilt. Ich konnte nicht anders. So will es das Gesetz!«
    »Ein Dutzend Hiebe? Wie sollte der arme Junge das überleben?«, flüsterte Marie.
    »Er hat es überlebt! In der Nacht darauf ist er mit Vroni verschwunden. Keiner weiß, wohin die beiden sind, und dann hat jemand die Ziege auf Einhards Grund gefunden, die angeblich von Paul gestohlen worden war. Der Junge war tatsächlich unschuldig, und jetzt hassen mich alle, was ich sogar verstehen kann!«
    Marie berührte den Arm ihres Bruders. »Aber Paul ist nicht tot. Das allein zählt. Was ist mit Remigius?«
    »Da müsst Ihr nicht mich, sondern Berthe, die neue Dienerin, fragen, die Pater Hauchegger mitgebracht hat.« Er rieb sich die Stirn. »Noch so eine fromme Schnüfflerin … Was ist geschehen? Warum kommt Ihr zu Pferd hier an?«
    Marie gab ihm eine Kurzversion der Ereignisse. Wohlweislich verschwieg sie dabei Georgs Skandal bei Tulechow.
    »Großartig. Damit habt Ihr alles zerstört. Ich bin praktisch bankrott, und Ihr macht Euch den einzigen Fürsprecher, den ich außer Georg bei Hof habe, zum Feind.« Plötzlich schien er sich zu besinnen, sah sie mit einem Aufflackern von Mitgefühl an und nahm ihren Arm. »Wir können beide einen

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