Blut und Kupfer
gestohlen hat und mich beinahe mit der Axt ins Jenseits befördert hätte.«
Der Graue tänzelte nervös und blähte die Nüstern, denn Veit kam mit einer Schale und einem Lappen. Beides roch streng nach Kräutern, doch der knorrige kleine Mann sprach leise in das Ohr des Pferdes, während er dessen Vorderlauf abtastete, und das offenbar verletzte Tier ließ sich widerstandslos den Kräuterbrei auflegen.
Aufmerksam beobachtete Albrecht, wie der Heilkundige das Tier behandelte. »Was soll das heißen? Euch ist doch anscheinend nichts geschehen.«
»Aber dieser Körber hat meine Sachen!«
»Gehabt! Ganz sicher ist er bereits über alle Berge und hat Euren Besitz unterwegs verkauft. Der Kerl ist in der Gegend für seine Gaunereien bekannt gewesen, und ich bin froh, dass er fort ist. Ich werde jedenfalls nicht hinter ihm herjagen und damit meine Zeit vergeuden. Den Zwist mit Doktor Kranz habt Ihr Euch allein zuzuschreiben. Erwartet keine Hilfe von mir!« Er warf ihr einen wütenden Blick zu.
»Und Berthe? Sie hat versucht, unseren Oheim zu vergiften!«
Veit hielt kurz inne, während er den Kräuterumschlag am Pferdebein befestigte.
»Der Alte redet wirr! Warum sollte die Nonne ihn vergiften? Er ist so unwichtig und nutzlos, dass sich niemand solche Mühe machen würde. Vielleicht wollte sie ihn bestehlen. Bezahlt hat er sie sicher nicht dafür, dass sie ihn gepflegt hat.« Bewundernd strich Albrecht über den Pferderücken. »Du bist ein Wunderheiler der Tiere, Veit.«
Der knorrige Mann mit den struppigen grauen Haaren brummte nur.
»Remigius lag abgemagert in seinem Dreck, Albrecht. Berthe hat nichts für ihn getan und in seinen Sachen herumgestöbert und sich Aufzeichnungen gemacht. Die führt etwas im Schilde.«
»Jetzt, da Ihr das sagt, fällt mir ein, dass ich ihr verbieten musste, die Leute mit ihren Fragen über Zauberei und Hexen aufzuhetzen.« Er rieb sich die Stirn. »Ich werde sie vom Gut jagen. Meine Güte, vielleicht will sie den alten Narren der schwarzen Magie bezichtigen, und dann droht uns allen ein Prozess …« Auf dem Fuße kehrtmachend, wandte sich Albrecht sorgenvoll, doch freundlicher an seine Schwester. »Dass Ihr den Kranz verprellt habt, nehme ich Euch übel, aber bei der Berthe bin ich ausnahmsweise einer Meinung mit Euch.«
»Was ist eigentlich mit Einhard?«
»Verfluchte Sache, und Ihr mit Eurer Einmischung tragt Schuld daran! Um die Ehre von Anton und Paul wiederherzustellen, musste ich Einhard an den Pranger stellen und peitschen lassen. Außerdem musste er Anton eine Kuh geben.«
Unwillkürlich ging Maries Blick zum Hoftor. Neben einer Ulme befand sich der steinerne Schandpfahl oder Pranger, wie ihn die Leute nannten. Ihr Vater hatte es immer vermieden, seine Leute der öffentlichen Demütigung auszusetzen, denn dadurch schaffte man nur böses Blut.
»Hättet Ihr ihn nicht besser fortgejagt?«
Gereizt erwiderte Albrecht: »Wenn ich jeden meiner Leute bei kleinen Vergehen fortjagte, hätte ich bald niemanden mehr, der die Felder bewirtschaftet!«
»Jemanden zu verleumden ist aber kein kleines …«
»Genug! Ich will nichts mehr davon hören!«, unterbrach Albrecht sie barsch.
So gesehen war es gut, dass Paul und Vroni fortgezogen waren. Sie musste unbedingt herausfinden, wohin das junge Mädchen gegangen war, zu dem sie in den vergangenen Wochen eine herzliche Zuneigung gefasst hatte. Als Marie hinter Albrecht in die Eingangshalle trat, sah sie Eugenia und Pater Hauchegger auf ihren Bruder zueilen und begab sich sofort die Treppen hinauf. Bis in den ersten Stock verfolgte sie das schrille Keifen ihrer Schwägerin, und sie gab einem wenig christlichen Gefühl der Schadenfreude nach, als sie Albrecht laut werden hörte. Der Turmschlüssel hing an ihrem Gürtel, und sie machte sich daran, die Tür zu öffnen, hinter der sie ihren Oheim in der sicheren Obhut von Aras und Els wusste. Manchmal, dachte Marie, während sie Aras im Durchgang zum Laboratorium streichelnd begrüßte und Els dabei zusah, wie sie Remigius ein Kissen in den Rücken schob, brachte ein Unglück auch etwas Gutes mit sich. In der schweigsamen jungen Frau verbarg sich eine einsame und verletzte Seele, die durch die neuen Aufgaben vom Hadern mit dem eigenen Schicksal abgelenkt wurde. Ihr entstelltes Gesicht zeigte Mitgefühl mit dem abgemagerten alten Mann. Aras tappte an Marie vorbei in das Laboratorium.
Els richtete sich auf. »Den Boden habe ich gewischt, die Fenster sind auch sauber.« Ihrem Ausdruck
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