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Blut und Kupfer

Blut und Kupfer

Titel: Blut und Kupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Wilken
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haftete etwas Verhuschtes an, so als wäre sie nicht sicher, ob sie die übertragenen Aufgaben zufriedenstellend ausgeführt hätte.
    Marie sah sich anerkennend um. »So sauber war es hier lange nicht. Geh bitte in die Küche hinunter und lass eine kräftige Brühe für den Herrn von Kraiberg richten.«
    Die Dokumente und Bücher lagen auf dem Tisch, und Marie setzte sich auf einen Stuhl, um sie durchzusehen. Berthes Gekritzel war schwer zu entziffern. Einige Wörter waren unterstrichen: »Pangonios, Astrolobos und bei Plinius«, las Marie. Dann hatte Berthe »Lapis philosophorum « in Großbuchstaben in die Mitte eines Blattes geschrieben und eine Art Diagramm darum gezeichnet. Marie drehte das Blatt und las die lateinische Inschrift im äußeren Ring der ungelenken Zeichnung: »Omnibus sed paucis luceo« .
    »Allen, doch nur wenigen leuchte ich.« Remigius saß mit wachem Blick in seinen Kissen. »Wollt Ihr jetzt die Alchemie studieren?«
    »Himmel nein! Das ist die Übersetzung? Aber was bedeutet es? Die Giftmischerin hat es aufgeschrieben. Alles hier.« Sie hob die Blätter und zeigte sie Remigius, der sie kurz überflog und dann achtlos zur Seite warf.
    »Unsinn! Die Frau wusste nicht, wonach sie suchte. Alles dummes Zeug! Sie hat ein kosmisches Diagramm vom ›Lapis philosophorum‹ kopiert. Daran ist nichts geheim – das kann man in jedem anständigen Almanach nachlesen.«
    »Und wenn sie damit Beweise für Zauberei sammeln wollte?«
    Remigius’ Gesichtsfarbe wurde zusehends kräftiger. »Das ist keine Zauberei. Jeder halbwegs gescheite Mensch weiß das! Dieses Diagramm dort verrät nicht, wie man Gold oder das Elixier des ewigen Lebens herstellt.« Er lachte und hustete abwechselnd. »Und ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ewig leben möchte, jedenfalls nicht mit diesen schmerzenden Knochen. Was ich sagen will, ist – dieses Diagramm zeigt uns, dass der Mensch nur ein Teil der Schöpfung ist. Wir werden bestimmt von den vier Elementen Feuer, Luft, Erde und Wasser, die eingeteilt sind in Activa und Passiva. Wasser und Luft gehören zum Prinzip des Mercurius und Feuer und Erde zum Sulphur. Dreiecke und Kreise, gleich lange Seiten, alles passt ineinander und alles steht miteinander in Verbindung.«
    »Auf den Schenkeln des Dreiecks steht ›non est‹ und ›est‹ auf den Linien zur Mitte mit dem Lapis. Warum?« Marie hatte das Blatt vom Boden aufgehoben.
    »Habt Ihr denn gar nichts bei mir gelernt? Die Vollkommenheit liegt in der Dreiheit, in der Trinität. Nur die Dreiheit ergibt die Vollkommenheit des Steines.« Plötzlich hielt Remigius inne. »Der Stein. Die vollkommene Schönheit des Steins. Was hattet Ihr noch vorgelesen? Astrolobos?«
    »Pangonios, und dann wird Plinius erwähnt. Hier, seht selbst.« Sie reichte Remigius das Blatt, das dieser nach einem kurzen Blick darauf zerknüllte.
    »Edelsteine, das sind Namen von Edelsteinen, wie sie bei Plinius beschrieben werden. Vielleicht hat sie gedacht, es handele sich um magische Worte.« Remigius machte es sich in seinen Kissen bequem. »Gebt mir einen Becher Gewürzwein. Dieses Mädchen hat ihn mit Honig vermischt. Das ist gut.«
    Auf einem Stuhl fand Marie das Tablett mit der Morgenmahlzeit, die Els bereitet hatte. Dazu gehörte der stärkende Wein, dessen Hauptbestandteil durchgeseihte Gewürze waren. Remigius führte den Becher mit zittrigen Händen an die Lippen und trank genüsslich kleine Schlucke, wobei sich einige Tropfen über Bart und Hemd ergossen.
    »Der Astrolobos ist ein Sonnenedelstein. Man nennt ihn so, weil er wundersam glänzt, wenn man ihn in die Sonne hält, er raubt den Sternen den Glanz und reflektiert ihn. Ich habe damals in Prag einen in den Händen gehalten. Er war für eine kaiserliche Uhr vorgesehen. Der Stein hatte eine hellweiße Farbe, so weiß wie der Mond, und in der Mitte schimmerte es, als hätte er ein Auge.«
    »In Prag? War das zu jener Zeit, als Ihr mit Sallovinus gearbeitet habt?«
    »Bernardus war der Klügste von uns. Wir alle konnten von ihm lernen. Thrasibaldus war in all seiner Genialität zu sehr den kirchlichen Dogmen verhaftet, Codicillus war der Universität verpflichtet und beschritt nicht gern neue Wege. Melchior war da anders, er liebte das Abenteuer, genau wie ich.«
    Marie bückte sich nach den restlichen Blättern und legte sie neben den Büchern auf den Tisch. »Es tut mir so leid um Euren Freund.«
    »Wer tötet alte Männer, die mit einem Fuß bereits im Grab stehen?« Remigius zog die

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