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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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schwarzes Zirkuspferd. Nach kurzem Zögern entschied er sich für das Zirkuspferd. Immerhin konnte er seinen Ritter daraufsetzen.
    Ich entnahm der Kiste weitere Figuren: den kopflosen Major, dessen Kopf ja mittlerweile aufgetaucht war; Ludwigs Kopf mitsamt aufgefundenem Körper. Norbert spielte eine entscheidende Rolle. Ich wählte auch für ihn einen Polizisten aus – allerdings hatte der als Einziger eine Pistole. Die Pistolen der anderen Figuren waren nach und nach abhandengekommen.
    Was Maren betraf, so musste ich länger nachdenken. Dabei war es so einfach. Ich nahm die brünette Ärztin im weißen Kittel. Die Figur war ebenso zufällig in meinem Playmobilsortiment wie die, die ich für Doktor Hölderlin auswählte: im blauen Operationsdress, mit Mundschutz und Zange.
    Allmählich gelangte ich in den Zustand, den ich von früher kannte, wenn ich mich spielerisch mit den Figuren beschäftigte. Ich spürte die meditative Wirkung. Meine Sorgen und Ängste verblassten. Es war alles nur ein Spiel. Und ich würde es lösen ...
    »Wie wäre es mit noch einem Scotch?«, schlug Ollie vor.
    Ich schreckte hoch. Nein, ich brauchte keinen Alkohol. Da ich nicht antwortete, murmelte er: »Also gut, dann hole ich mir selber einen.«
    Nur am Rande nahm ich wahr, dass er in die Küche wankte.
    Ich war in das Spiel vertieft. Jetzt musste ich nicht mehr nachdenken. Ich ließ dem Zufall und der Intuition freien Lauf. In meinen Händen fanden sich ein paar Figuren wieder, die ich als Bauern deklarierte. Ein kleiner Teil davon gehörte zu den Gen-Befürwortern. Ich trennte sie von den anderen. Die beiden BKA-Beamten, Stahl und auch Carinna, mussten mit rot gekleideten, schwarz behelmten Space-Rangern vorliebnehmen. Ein paar weitere Figuren stellten Politiker, Funktionäre und weitere Drahtzieher dar, die jeweils ihr eigenes Süppchen kochten. Allein für den Direktor der Sparkasse und Haselmann von der Zuckerfabrik suchte ich prägnante Charaktere heraus. Der Nikolaus war Haselmann, der Piratenkapitän war der Direktor.
    Blieb noch BT NATURE als diffuses, nicht greifbares Objekt. Leider hatte ich in meiner Sammlung kein Geisterschiff. Ich entschied mich schließlich für zwei Top-Agenten. Mit ihren Sonnenbrillen erinnerten sie an Schulze und Müller. Ich glaubte nicht, dass die beiden noch eine große Rolle spielten, aber immerhin waren sie noch am greifbarsten, was BT NATURE betraf.
    Ollie kam aus der Küche zurückgetorkelt. »Bier!«, verkündete er zufrieden und schwenkte eine Flasche Detmolder, ließ sich wieder aufs Sofa fallen und ließ den Schnappverschluss knallen.
    »Auch einen Schluck?«
    Ich schüttelte den Kopf, nahm ihn kaum wahr, während ich die Sternchenfee für Maria und den Koch, mit Bräter und Truthahn, für Rolf wählte.
    Blieben die drei Personen, von denen mir Ollie die Verträge gezeigt hatte. Ich hatte sie vor Augen. Daher war es gleich, welche Figuren ich für sie wählte. Viele hatte ich eh nicht mehr übrig. Ohne lange zu überlegen, stellte ich drei ägyptische Grabräuber stellvertretend für sie auf den Tisch. Das war’s!
    Oder doch noch nicht ganz.
    Ich zog den Astronauten aus der Tasche. Ich hatte mich nach wie vor nicht von ihm trennen können, obwohl ich mich längst nicht mehr mit ihm identifizieren konnte. Er trug noch immer den Glücksring um den Hals.
    Nein, ich war kein Astronaut mehr, war es vielleicht nie gewesen. Wieder einmal sagte ich mir, dass das Schwerelose mir nicht stand. Vor allen Dingen half es mir in diesem Fall kaum weiter. Ich musste mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen.
    In der Kiste war nur noch eine Figur übrig, die einigermaßen intakt war.
    Der Massai-Krieger.
    Irgendwo hatte ich mal gehört, dass Massai Blut trinken und, um eine Frau heiraten zu können, vorher einen Löwen erlegen müssen. Mit bloßen Händen.
    Ich wusste nicht, ob ich mir das wirklich zutraute. Ich kramte in der Kiste und fand eine Waffe. Ich drückte sie dem Massai-Krieger in die Hand.
    Es war ein Morgenstern. Jetzt erst war ich zufrieden.
    Ollie hatte seine Flasche ausgetrunken. »Noch’n Bier«, verlangte er.
    Ich ließ ihn gen Küche ziehen. Wahrscheinlich war es das Beste für ihn, wenn er sich betrank.
    Ich konzentrierte mich wieder auf die Figuren auf dem Spielfeld.
    Ollie hatte im Grunde den entscheidenden Hinweis gebracht: Steffi und Luna mussten nicht zwangsläufig irgendwo zusammen gefangen gehalten werden. Ich spielte einen weiteren Gedanken durch: Vielleicht steckte noch nicht

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