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Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
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ich bei diversen Verhandlungen dabei. Was glauben Sie, wie viele Bauern hier bei uns ihre Kredite am laufen haben? Und wie viele von heute auf morgen pleite wären, wenn wir den Hahn zudrehen würden? Insofern hat unsere Sparkasse durchaus Interesse, potenzielle Geldgeber in die Region zu locken. Was BT NATURE betrifft, so handelt es sich um ein international verflochtenes Konsortium. Ich könnte Ihnen Namen nennen, aber Sie werden keinen Termin bekommen. Glauben Sie mir, mein Lieber: Das Thema BT NATURE ist vorbei. Finito! Ihre drei Höfe interessieren kein Schwein mehr.«
    »Wie bekannt ist das?«, fragte ich. »Ich meine, dass BT NATURE sich zurückzieht?«
    »Offiziell gab es ja niemals Angebote«, erklärte Krautkrüger. »Was meinen Sie, wie schnell das hier die Ökos und irgendwelche Krawallbrüder auf den Plan rufen würde!«
    Ich nickte. »Ich war auf einer Versammlung dabei. Die Luft war ziemlich dick.«
    »Sehen Sie. Und deswegen wird es auch niemals eine offizielle Verabschiedung aus dem Projekt geben. Schätze ich wenigstens. BT NATURE war nichts als ein Spuk. Vielleicht ist die Region in zehn Jahren so weit ...«
    »Moment«, unterbrach ich ihn. »Das heißt, dass sich einige Bauern noch immer Hoffnungen machen, ihr Grundstück zu verkaufen?«
    Er nickte. »Das kann gut sein.«
    Dann erklärte ich ihm, warum ich wirklich gekommen war. Seine Miene war undurchdringlich. Am Schluss sagte er: »Was Sie vorhaben, halte ich für keine gute Idee. Und was meine Rolle betrifft, so gleitet diese durchaus ins Unseriöse ab.«
    »Dafür erhalten Sie ein vorzügliches Drei-Gänge-Menü. Und wenn sich erst einmal herausstellt, warum Sie die Rolle übernommen haben, werden Sie in der Achtung Ihrer Kunden sogar noch steigen.«
    Mein letzter Gang war einer der schwierigsten. Ich fuhr zum Lipper Hof . Nicht um Rolf oder Maria zu begegnen, auch nicht Stahl, sondern Carinna.
    Ich fragte an der Rezeption nach.
    »Frau Leisenscheidt ist auf ihrem Zimmer«, erklärte das Mädchen hinter der Rezeption.
    »Welche Zimmernummer?«, fragte ich das Mädchen.
    »Nummer neunzehn.«
    Ich dankte und ging die Stufen hinauf. Der Korridor im ersten Stock lag verlassen da. Als ich vor der Tür mit der Nummer neunzehn stand, wurde diese aufgerissen. Stahl kam herausgeschlendert. Einen Augenblick lang schaute er mich verdutzt an. Dann grinste er.
    »Wie lange stehen Sie denn schon hier?«
    »Gerade gekommen«, erklärte ich.
    »Genau wie ich«, kalauerte er. Dann ging er an mir vorbei, ließ die Zimmertür aber offen.
    Carinna lag auf dem Bett. Sie war angezogen. Ihr Gesicht war gerötet. Die Überraschung, mich zu sehen, war nicht gespielt.
    »Moritz? Was machst du denn hier?«
    Ich schloss zunächst die Tür hinter mir. »Dein neuer Freund?«
    »Mein neuer alter oder alter neuer Freund. Was immer du willst. Such dir was aus.« Sie stützte sich auf den Ellenbogen, griff nach einer Packung Marlboro auf dem Nachttisch und zündete sich eine Zigarette an. »Manchmal brauchen wir uns«, erklärte sie. »Das verstehst du wahrscheinlich nicht. Aber willst du dich nicht setzen?«
    Ich nahm auf dem kleinen Stuhl neben dem Schreibtisch Platz.
    »Ich glaube nicht, dass ihr wegen Radio Hermann in der Gegend seid«, sagte ich direkt. »Das sind doch kleine Fische.«
    »Wenn du es sagst: Wir haben den Sender gestern ausgehoben. Er wurde nur von drei Leuten betrieben, allesamt unter zwanzig Jahre alt.«
    »Trotzdem war es kein Kinderspiel«, sagte ich. »Zündeln mit rechten Parolen kann schnell einen Flächenbrand auslösen.«
    »Ob rechts oder links. Diese Brände zu löschen ist unsere Aufgabe.« Es klang nicht pathetisch. Eher mutlos. »Was hast du gerade gesagt?« Erst jetzt schien sie zu begreifen, was ich ihr vorgeworfen hatte. Es war reine Taktik. Aber darin war sie geschult.
    »Ihr seid wegen Armin hier.« Ich hatte mich entschlossen, die Katze aus dem Sack zu lassen.
    Sie blies einen Rauchkringel in die Luft und legte den Kopf in den Nacken. Wie eine Katze. Irgendwie stand ihr die Rolle nicht.
    »Armin? Ich kenne keinen Armin.«
    »Armin Novotzki. Mein Vetter.«
    Sie hob den Kopf. »Ich kenne deine Verwandtschaftsverhältnisse nicht. Und ich bin auch nicht daran interessiert, mehr darüber zu erfahren«, erklärte sie kühl. Sie nahm ein paar weitere hektische Züge. Schließlich sagte sie. »Ich darf dir nichts sagen. Den Teufel werd ich tun und dich einweihen. Du ahnst es ja schon selbst.« Sie sah mich beschwörend an: »Halt dich da raus.

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