Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Rüben

Blut und Rüben

Titel: Blut und Rüben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Voehl
Vom Netzwerk:
interessiert, haben die gleichen Comics gelesen und haben mit Vorliebe Schwarz getragen. Irgendwann haben wir uns aus den Augen verloren. Ich war froh, als er nach Lippe zog und wir unseren Kontakt vertiefen konnten. Er sprach davon, dass er in Berlin Mist gebaut hätte, aber das war Vergangenheit. Jedenfalls habe ich das immer gedacht.«
    »Er hat sich in RAF-Kreisen der dritten Generation bewegt«, erklärte Carinna. »Über diese Generation ist kaum etwas bekannt. Bis heute kennt die Bundesanwaltschaft höchstens die Hälfte der ehemaligen zwanzig Mitglieder überhaupt mit Namen. Daher ist er so wichtig für uns. Er gehörte nie zur Führungsebene, war eher ein Mitläufer. Dann kam es zum Richtungswechsel: Er nannte sich Ernesto, überfiel eine Bank und erschoss einen Wachmann, eine Kassiererin und zwei zufällige Kunden. Danach ist er untergetaucht. Es war, als ob Ernesto nie existiert hätte. Seine bürgerliche Existenz hat er bis zum Schluss perfekt verborgen.«
    »Armin, ein mehrfacher Mörder?«, stieß ich ungläubig hervor. Und ich war jahrelang mit ihm zusammengekommen und hatte keine Ahnung. Ich dachte, er wäre ein harmloser Spinner. Ich brauchte eine Weile, bis ich mich etwas gefangen und das Bild der verschiedenen Armins zusammengebracht hatte.
    »Und wie seid ihr ihm auf die Spur gekommen?«, fragte ich schließlich matt.
    »Er hatte einen Tick. Schon vor seiner RAF-Zeit: Er sammelte Eierwärmer. Er häkelte sie sogar selbst und verschenkte sie an seine Genossen. Vor zwei Jahren bot jemand auf ebay ein Paar Eierwärmer an, die angeblich Gudrun Ensslin gehört hätten. Der Verkäufer kam aus Berlin und gehörte in den Siebzigerjahren ebenfalls dem terroristischen Umfeld an. Allerdings war er harmlos, wenngleich er mit der Ensslin einige Monate in derselben Wohngemeinschaft verbracht hatte. Aus dieser Zeit stammten angeblich die Eierwärmer.«
    »Lass mich raten«, bat ich. »Er hat sie ersteigert!«
    Sie nickte. »Sogar für einen unverschämt hohen Preis. Das musste entweder ein Verrückter sein oder jemand, dem wirklich etwas daran lag. Du weißt ja, was so alles bei ebay versteigert wird – Zimtschnecken, auf denen man angeblich das Gesicht der Jungfrau Maria sieht, zum Beispiel. So kamen wir auf deinen Vetter. Mittlerweile hatte er sich hier eine durchaus bürgerliche Existenz aufgebaut. Wir gehen auch davon aus, dass er sich von seinem ehemaligen Umfeld vollkommen losgesagt hat.«
    »Warum verhaftet ihr Armin nicht einfach?«, fragte ich.
    »Das können wir jederzeit. Er läuft uns nicht mehr davon. Wir erhoffen uns aber mehr Erkenntnisse, indem wir ihn observieren. Aus RAF-Tätern ist in Verhören nicht viel rauszukriegen. Wir haben Hinweise, dass die beiden nicht die Einzigen sind, die hier im Teutoburger Wald Unterschlupf gesucht haben. Vielleicht führt er uns ja zu weiteren Komplizen von damals.«
    »Und Ludwig?«, fragte ich. »Gehörte der auch der RAF an?«
    Sie nickte. »Wir waren an Ludwig Leineweber dran. Ganz nah dran. Er war bereit, mit uns zu reden.«
    »Er wollte Armin ans Messer liefern?«
    »Wenn du so willst: Ja! Ludwig Leineweber war damals ebenfalls nur ein Mitläufer gewesen, seine Taten waren längst verjährt.«
    »Aber warum wollte er dann gegen Armin aussagen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Vielleicht gab es ja Differenzen. Oder einen handfesten Streit ...«
    Ich ließ mir ihre Worte durch den Kopf gehen. »Ja, so könnte es gewesen sein«, sagte ich schließlich. »Das würde Sinn machen ...«
    »Wenn du deine Gedanken nicht nur für dich behieltest, würde das auch Sinn machen.«
    Ich teilte ihr mit, was mir durch den Kopf ging: »Nur mal angenommen, dass Armin sauer war, als er davon erfuhr, dass ihm der Boden unter den Füßen gar nicht gehörte, und er den Plan entwarf, den Major umzubringen ...«
    »Was nicht bewiesen ist ...«
    »Weil damals niemand ernsthaft an einer Aufklärung interessiert war. Also nur mal angenommen, er hat ein bisschen nachgeholfen, als der Major von den Externsteinen sprang. Armin könnte vorher eruiert haben, dass der Major keine Erben hatte. Er hat natürlich nicht mit Ollie gerechnet, sondern damit, dass sich nach dem Tod des Alten niemand mehr für die alten Verträge interessieren würde. Dann wäre der Weg frei gewesen, um das Land an BT NATURE zu verkaufen ... Ludwig könnte bei dem allen sein Veto eingelegt haben. Ludwig war eine durch und durch ehrliche Haut, wenn du mich fragst.«
    »Hättest du das nicht bis vor Kurzem noch

Weitere Kostenlose Bücher