Blut und Rüben
etliche spezielle Töpfe und Pfannen mitgebracht.
Als er die Küche betrat, pfiff er anerkennend durch die Zähne. »Alle Achtung, das sieht ja sauberer aus hier als in mancher Sterne-Küche.« Er inspizierte die Kochutensilien, vor allen Dingen die alten schweren Kupfertöpfe.
»Wisst ihr eigentlich, dass ihr auf einer Goldgrube gesessen habt?«, fragte er schließlich. »Das Inventar ist gut und gern seine dreißigtausend Wert. Es gibt Liebhaber, die bieten dafür ein Vermögen.« Er probierte den Gasherd aus. Er funktionierte tadellos.
Dann ging ich mit Rolf das Menü durch. Als Vorspeise stand eine Rote-Rüben-Suppe auf dem Programm. Den Vorschlag hatte ich gemacht. Dann würde es einen Rosenkohl-Steckrüben-Salat mit Schillerlocken und Wasabi-Zabaione geben und als Nachtisch Carpaccio von der Rübe in einer Zitronengrasvinaigrette mit Mango-Eis.
Für einige der Landwirte würde das sicherlich ein sehr exotischer Genuss werden, aber ich war mir sicher, dass Rolfs Speisen auch ihrem Gaumen munden würden.
Bei den weiteren Vorbereitungen war ich nutzlos. Selbst die Landfrauen, die inzwischen nach und nach eingetrudelt waren, waren hilfreicher als ich. Unter dem rigiden Regiment der Gräfin putzten und wienerten sie in ihren Kitteln und Schürzen wie eine Putzkolonnenarmee in einem General-Werbespot.
Irgendwann klingelte das Handy. Norbert war am Apparat.
»Er ist gerade losgefahren«, sagte er. »Hast du eine Ahnung, wohin es ihn zieht?«
»Wer? Bitte drücke dich ein wenig präziser aus.«
»Na wer schon? Ich spreche von deinem Vetter Armin.«
»Lasst euch ja nicht blicken!«, warnte ich. »Ich weiß nicht, wo er hinfährt.«
Ich wollte schon auflegen, als mir noch etwas einfiel. »Sag mal, was die Wattenbergs betrifft. Gibt es da eigentlich irgendetwas, was ich wissen müsste?«
»Du musst gar nichts wissen«, sagte er. Dann lenkte er ein: »Der Alte ist untadelig. Der ist in allen Vereinen aktiv, bei der Freiwilligen Feuerwehr und so weiter. Mit Wattenberg junior hatten die Kollegen immer mal wieder Probleme. Fiel schon als Jugendlicher als wilder Schläger auf. Außerdem gab es da immer wieder Probleme mit Tieren.«
»Mit Tieren?« Ich musste an Luna denken. Augenblicklich spürte ich einen Kloß im Hals.
»Erzähl ich dir ein andermal. Ich muss auflegen. Tschüss.«
Noch zwei Stunden. In der Küche herrschte inzwischen Hochbetrieb. Rolf und Maria hatten ein paar von den Landfrauen rekrutiert. Irgendwo dazwischen erkannte ich Ollie. Ich verzog mich nach draußen. Unruhig ging ich im Hof auf und ab. Das war die schlimmste Zeit. Einfach zu warten, dass es endlich anfing und mein Plan aufgehen würde.
Plötzlich war jemand hinter mir. Ich spürte es mehr, als dass ich es hörte oder sah. Ich drehte mich um. Es war Maria.
»Störe ich dich bei deinen schweren Gedanken, die du hin und her wälzt?«, fragte sie. Sie hatte eine Flasche Rotwein und zwei Gläser in der Hand. Die Gläser nahm ich ihr ab.
»Nein, du störst nicht. Im Gegenteil.«
Sie schenkte die Gläser halb voll und stellte die Flasche auf den Boden. Ich reichte ihr ein Glas.
»Ein gutes Mittel gegen Eröffnungsnervosität.«
»So gesehen brauche ich mindestens eine ganze Flasche.«
»Jetzt übertreib mal nicht. Prost.«
Wir stießen an. Schließlich sagte sie: »Ich kenne dich, Moritz. Du bist nicht wegen der Eröffnung so hibbelig ...«
»Nein?«
Sie seufzte. »Du kannst mir nichts vormachen. Diese ganze Eile, mit der du die Eröffnung auf heute vorgezogen hast ...«
Sie war ganz nah dran, aber ich durfte sie nicht einweihen. Es gab schon genug Leute, die Bescheid wussten.
»Du musst es mir nicht sagen«, fuhr sie fort. Sie berührte sanft meinen Arm. »Ich hoffe nur, was immer du vorhast, dass es gut geht.«
Um halb sechs trudelten die ersten Gäste ein. Es waren Nachbarn aus der Umgebung. Sie machten einen fröhlichen, unbekümmerten Eindruck. So sollte es sein. Der Entführer sollte bis zuletzt den Eindruck haben, dass das eine ganz normale Eröffnung war – und nicht seine Hinrichtung.
Ich hielt mich im Hintergrund. Die Gräfin und Ollie übernahmen die Begrüßung der Gäste. Duffy führte sie anschließend an ihren Tisch und fragte nach den Getränkewünschen.
Nach und nach füllte sich der zum Parkplatz umfunktionierte Hof. Als Erster der Großkopferten fuhren der Landrat und seine Gattin vor. Die Gräfin ließ es sich nicht nehmen, sie persönlich zum Tisch zu führen.
»Ich habe gehört, Sie sind jetzt auch
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