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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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zu achten, dass seine Kutte von Schlamm und Blut durchtränkt wurde.
    »So ist es besser …«, murmelte der Sterbende. »Vater, werdet Ihr mir zu einem guten Tod verhelfen und meine Sünden von mir nehmen?«
    Noch bevor sich Änne dem Nächsten zuwenden konnte, stürzte einer der Jungen, die zwischen den einzelnen Abschnitten des Lagers hin und her rannten und Nachrichten überbrachten, zu ihr.
    »Eine von euch Frauen soll zum anderen Ende des Lagers kommen! Der Feldscher braucht Verstärkung, bei Fürst Diezmann gibt es zu viele Verwundete vom ersten Angriff.«
    Änne ließ die Hände des Mannes sinken, der gerade vor ihren Augen gestorben war, und wollte sich aufrichten.
    »Noch mehr als hier?«, fragte sie zweifelnd.
    »Ja! Dabei ist dort sogar ein Medicus, der hilft. Aber sie kommen nicht nach.«
    Die Knie wurden ihr auf einmal zittrig. »Ein Medicus? Weißt du seinen Namen?«, fragte sie, und etwas schien ihr die Kehle zuzuschnüren.
    »Keine Ahnung. Er sagt, er sei aus Freiberg«, meinte der Junge, immer noch atemlos. »Kommst du nun?«
    Änne taumelte vor Erschöpfung und Schrecken zugleich. Marsilius! Ihn wollte und konnte sie nicht sehen.
    Was sollte sie tun? Weggehen von hier, um ihn ja nicht wiederzutreffen? Um seinem erneuten Fluch zu entgehen? Um ihn nicht wissen zu lassen, dass sie Markus gefunden hatte?
    Das Schicksal hatte sie eingeholt.
    »Ich gehe schon«, mischte sich Sibylla ein, die begriffen hatte, von wem die Rede sein musste. Sie legte Änne eine Hand auf die Schulter. »Du hast hier mehr als genug zu tun.«
    »Warte!«
    Zögernd griff Änne nach Meister Conrads Messer und gab es dem Jungen, der schon losrennen wollte.
    »Bring ihm das. Es gehört ihm.«
    Nun, da Marsilius hier war, durfte sie es nicht behalten. Und wenn ihre Arbeit hier getan war, würde sie sofort weggehen müssen. Sie war verflucht und verstoßen … und eine Ehebrecherin. Und was das Schlimmste war: Sie bereute die letzte Nacht nicht. Das würde der Allmächtige ihr nicht verzeihen. Sibylla umarmte Änne. »Wir sehen uns nachher. Gott schütze dich!«
    »Dich auch!«Änne schniefte und wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht, bevor sie neben dem nächsten Verwundeten niederkniete.
     
    »Woher hast du das?«, fuhr Marsilius den Jungen an, als der ihm das Messer überbrachte. Er hatte es auf den ersten Blick erkannt, es war ohne jeden Zweifel seines, ein Erbstück, seit Generationen in seiner Familie in Ehren gehalten. Jedes Detail stimmte – der sanfte Schwung der schmalen Klinge, der Griff, der so gut in seiner Hand lag, der Kratzer dicht über der Klinge … Und es hatte im Kasten gefehlt.
    »Eine Frau hat es mir gegeben. Sie meint, es gehöre Euch«, stammelte der Bursche verwundert. Er hatte Dank erwartet, keine schroffen Fragen.
    Clementia?, fragte sich Marsilius. War sie etwa hier? Zuzutrauen wäre es ihr, auch wenn er ihr befohlen hatte, in Freiberg zu bleiben. Aber wann hatte sie sich schon jemals um seine Befehle gekümmert, wenn sie anderer Meinung war?
    »Wie sieht sie aus?«, fragte er den Jungen ungeduldig.
    »Eben wie eine Frau aussieht …«, meinte der schulterzuckend. Ihm schienen sie alle gleich, nur manche dicker, andere dünner. »Mager. Nicht groß. Sie kümmert sich drüben um die Verletzten …«
    Marsilius zuckte zusammen. Er wollte nicht an sie und die Geschehnisse der letzten Tage denken, nicht einmal an ihren Namen. Doch nun ließ es sich nicht vermeiden. Und da diese Schlacht nach allem, was er wusste, sah und ahnte, wahrscheinlich kaum zu ihren Gunsten enden würde, war es wohl besser, er machte seinen Frieden mit Gott und der Welt … und mit Änne.
    »Geh zu ihr und richte ihr etwas aus. Es ist wichtig, hörst du?«, beschwor er den Jungen, der ihn neugierig ansah.
    »Sag ihr … dass ich den Fluch von ihr nehme …«
     
    Immer mehr Verwundete kamen vom Schlachtfeld – mittlerweile kaum noch Ritter, die von ihren Knappen buchstäblich aus dem Kampf herausgehauen wurden, sondern Männer vom Fußvolk, die entweder mit dem verletzten Freund über der Schulter oder um sich selbst zu retten, dem Getümmel entflohen waren. Nur durch sie erfuhr Änne etwas darüber, was auf dem Kampffeld geschah.
    »Die Schlacht frisst sich fest«, berichteten irgendwann zwei Soldaten, die einen dritten mit einer klaffenden Wunde am Oberschenkel brachten, bevor sie zurück in das blutige Handgemenge rannten.
    Und irgendwann sickerte der Satz durch, vor dem sich alle gefürchtet hatten: »Wir

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