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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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wandte den Blick von ihm ab und musterte wortlos und mit unbewegter Miene die Gefangenen.
    »Das ist unsere Rache für den feigen Angriff auf unser Lager!«, brüllte einer von ihnen hasserfüllt und spie Maltitz vor die Füße.
    »So haben wir es euch heimgezahlt!«, bekräftigte genauso voller Hass der Gefangene neben ihm. »Für jeden Toten in unserem Lager sollen zehn von euch verrecken!«
    Mit einer einzigen Bewegung zog Ulrich seinen Dolch und stieß ihn dem Anführer ins Herz.
    Dann schritt er die Reihe ab und erstach einen nach dem anderen, ohne ein Wort zu sagen. Als der Letzte tot zu seinen Füßen fiel, drehte er sich um und ging zurück zu Sibyllas Leichnam. Den blutigen Dolch ließ er neben sich ins Gras fallen, sackte in die Knie und hob erneut den Körper seiner toten Liebsten hoch, um ihn an sich zu pressen und in den Armen zu wiegen.

Der Morgen danach
    Ä nne wurde wach, weil jemand sie kräftig an der Schulter rüttelte und auf sie einsprach. Ohne zu wissen, wo sie war, tauchte sie benommen aus dem Schlaf auf und sah vor sich das bärtige Gesicht eines stämmigen Mannes mit mehrfach gebrochener Nase; einer der Pferdeknechte, erinnerte sie sich.
    »Du kannst nicht länger schlafen; du wirst gebraucht. Uns verbluten die Männer unter den Händen!«, rief er.
    Schlagartig kamen die Erinnerungen zurück.
    Die Schlacht. Marsilius’ Messer. Der Fluss. Und Markus … das Traumbild!
    Sie hatte keine Ahnung, wie sie vom Fluss hierhergekommen war, neben einen der Karren, ein ganzes Stück vom Wasserlauf entfernt. Aber sie musste wohl lange geschlafen haben, denn die Sonne war über dem Feld von Lucka bereits aufgegangen, auch wenn sie hinter grauen Wolken verborgen blieb.
    Mit einem Ruck setzte Änne sich auf und wollte aufstehen, aber der Knecht hielt sie an der Schulter fest.
    »Langsam, Kleine … Du bist uns gestern ziemlich plötzlich weggekippt. Wir brauchen dich bei Kräften. Hier, iss etwas und trink!«
    Unbeholfen, doch unverkennbar besorgt, drückte er ihr einen Kanten Brot in die Hand und stellte eine halbvolle Kanne Bier neben sie.
    Änne wurde bewusst, dass sie am Vortag kaum zum Essen gekommen war. Gehorsam biss sie ab, auch wenn sie glaubte, keinen Bissen hinunterzubekommen, und trank etwas nach, um schlucken zu können. Dabei merkte sie, wie hungrig und durstig sie war. Der Knecht hatte wohl recht – so dringend sie auch nach Markus suchen wollte, sie würde sich nicht lange auf den Beinen halten, wenn sie nicht etwas aß.
    Nun nahm sie auch den Lärm und die Geschäftigkeit des Lagers wahr: Männer, die Zelte abbauten und Karren beluden, Pferde zum Fluss führten, um sie zu tränken …
    Von der Seite zogen weiße Rauchschwaden zu ihr herüber. Irgendwer hatte wohl nasse Holzscheite ins Feuer gelegt.
    Und dann rief das Stöhnen eines Verwundeten, der nach Wasser ächzte, ihr ins Bewusstsein, dass sie dringend zu tun hatte.
    Eine Frau kniete mit besorgter Miene neben ihm nieder und gab ihm vorsichtig etwas zu trinken. Der weißhaarige Priester saß an der Seite eines Mannes mit einer Kopfwunde und sprach beruhigend auf ihn ein.
    Hastig steckte Änne den letzten Bissen Brot in den Mund und ließ sich von dem Knecht aufhelfen. Als sie stand, konnte sie erkennen, dass mindestens noch drei Dutzend Verletzte darauf warteten, versorgt zu werden. Einige hatten die Hände auf die Wunden gepresst, andere trugen provisorische Verbände. Dahinter lagen in einer langen Reihe dicht nebeneinander die Toten.
    »Ich … suche jemanden«, sagte sie zu dem Knecht und wehrte seine Hand ab, die sie stützen wollte. »Ich … muss nachschauen. Dann helfe ich dem Feldscher.«
    Jetzt erst fiel ihr auf, dass der junge Wundarzt wieder hier war und nicht mehr im meißnischen Lager von Fürst Diezmann. Ob sich Sibylla dort allein um die Verletzten kümmerte? Mit zittrigen Beinen stakste sie los.
    Sie wusste, dass sie die Männer im Stich ließ, die hier auf sie warteten und ihre Hilfe dringend brauchten. Doch sie musste erst Gewissheit haben.
    Der Magen verkrampfte sich ihr, als sie die Reihe der Toten abschritt. Es waren mehrere Männer darunter, die sie kannte, doch nicht derjenige, nach dem sie mit bangem Herzen Ausschau hielt.
    »Die Toten können warten, die Lebenden hier brauchen deine Hilfe!«, rief der Feldscher ungeduldig.
    Der Pferdeknecht griff ein und nahm sie am Arm. »Sag mir, nach wem du suchst. Ich höre mich für dich um. Und glaub mir, selbst bei all dem Elend hier – was in Diezmanns

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