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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Lazarett passiert ist, das willst du nicht sehen.«
    Ohne auf ihr Widerstreben zu achten, zog er sie mit sich zu den Verwundeten. Von Ängsten zerrissen, begann Änne ihre Arbeit, während das Lager abgebrochen wurde.
     
    »Änne?«
    Sie wollte gerade Wasser vom Fluss holen und erkannte die Stimme nicht, die nach ihr rief. Als sie sich umdrehte, um nach dem Rufer Ausschau zu halten, kam ihr zunächst auch dessen Gesicht fremd vor. Doch an dem missgestalteten Fuß und an den roten Haaren erkannte sie Christian, den sie zum letzten Mal gesehen hatte, als er noch ein halbwüchsiger Gassenjunge gewesen war und mit einem tollkühnen Handstreich Markus zur Flucht von der Burg verhelfen wollte. Jetzt stand er vor ihr als erwachsener Mann, der Kleidung und Ausrüstung nach sogar ein Soldat in wettinischen Diensten, mit breiten Schultern und mehr als einen Kopf größer als sie. Nur seine Haarfarbe und die vielen Sommersprossen erinnerten noch an den Burschen, der die verrücktesten Streiche gespielt hatte. Sein typisches freches Grinsen war verschwunden, und etwas an der Art, wie er Änne ansah, ließ sie mitten in der Bewegung erstarren. Ohne ihn aus den Augen zu lassen, setzte sie die Eimer ab.
    »Hast du Markus gesehen?«
    Er war es, der fragte, nicht sie. »Ich habe das ganze Feld nach ihm abgesucht … Da ist er nicht.«
    »Dann besteht Hoffnung, dass er noch lebt«, sagte sie leise und wischte sich mit dem Ärmel über die Wange.
    »Du weißt von der Sache in Diezmanns Lager?«
    Ihr fragender Gesichtsausdruck sagte ihm, dass ihr noch niemand etwas davon gesagt hatte.
    »Heute Nacht gab es einen Überfall auf das Krankenlager dort. Ein paar entflohene Königliche sind heimlich zurückgekommen und haben allen Verwundeten die Kehlen durchgeschnitten.«
    Änne fuhr zusammen. »Sibylla und Marsilius! Ist ihnen etwas zugestoßen?«
    Christians Gesicht verfinsterte sich noch mehr.
     
    Misstrauisch sah der Knecht, wie die Gehilfin des Wundarztes dem rothaarigen Soldaten weinend in die Arme fiel. Ob sie etwa dessen Liebste war? Oder gar seine Frau? Dabei hatte er schon in Erwägung gezogen, sie zu fragen, ob sie ihn zum Mann nehmen würde. Sie schien allein zu sein, und sie war tüchtig. Vielleicht ein bisschen zu zart für harte Arbeit … Andererseits: Was sie in der Nacht gesehen und getan hatte, das hätte auch manch Stärkeren umgeworfen.
    Aber sie und der Rotschopf wirkten nicht vertraut wie Mann und Frau. Waren sie Bruder und Schwester? Also konnte er sie vielleicht doch mit sich nehmen. Wenn sich eine so junge Frau wie sie allein in einem Heerlager aufhielt, dann wurde es höchste Zeit, dass sie einen Mann bekam, selbst wenn es nur ein Knecht war.
    Aber weshalb war sie allein? Ob etwas nicht mit ihr stimmte? Nun, das sollte er besser vorher herausfinden.
     
    Verschwitzt, staubbedeckt und übernächtigt kehrte Goldacker an der Spitze seiner Männer von der Mission zurück, zu der ihn Friedrich geschickt hatte. Das fürstliche Zelt stand noch.
    Allerdings war Diezmanns Banner schon fort, und auch dessen Pferd vermochte der Marschall nicht zu entdecken. Offenkundig war der Jüngere mit den Überlebenden seiner Streitmacht bereits nach Leipzig aufgebrochen.
    Auch vom Herzog von Braunschweig und seinen Männern war nichts zu sehen.
    Herrmann von Goldacker saß ab, warf die Zügel einem Knappen zu und stapfte zum Zelt. Die Männer, die ihn begleitet hatten, stiegen ebenfalls aus den Sätteln; ihre Mienen waren finster, keiner sagte ein Wort.
    Friedrich stand allein in der Mitte des Zeltes und erließ es Goldacker mit einer Handbewegung, vor ihm niederzuknien. Er erkannte die Botschaft bereits an dessen Miene.
    »Wir sind zu spät gekommen, mein Fürst«, berichtete der Marschall düster. »Als wir Pegau erreichten, brannte nicht nur das Kloster, sondern auch die ganze Stadt. Ein ungünstiger Wind hat das Feuer hinüber getrieben. Wir konnten nichts tun. Damit nicht noch Verdacht auf Euch fällt, kehrten wir um, bevor jemand unsere Wappenröcke erkennen konnte.« Friedrich reagierte unerwartet schweigsam. Er stützte eine Hand gegen den Pfahl in der Mitte des Zeltes, griff sich mit der anderen in den Nacken und legte den Kopf weit zurück – als gäbe es etwas Besonderes in der Spitze des Zeltes zu sehen. Lange stand er reglos, ohne ein Wort zu sagen. Dann ließ er die Hände sinken, um sie sogleich vor der Brust zu verschränken.
    »Ein Kloster geschändet. Eine Stadt niedergebrannt …«
    Tiefe Falten kerbten sich

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