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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Mann sie bereits verstoßen hatte?
    Markus wusste es nicht. Und es wäre unrecht gegenüber Conrad Marsilius, in diesem Moment etwas anderes als Zorn und Trauer über seinen Tod zu empfinden.
    Sie brauchte Zeit, um das alles zu verwinden. Jedem ginge es so, aber ganz besonders jemandem, der so voll tiefer Gefühle war wie sie, auch wenn die meisten Menschen sie nur für eine junge Frau hielten, die still und schüchtern war, wie es von Frauen eben erwartet wurde.
    Doch er kannte auch eine andere Änne: nicht schweigsam und eingeschüchtert, nicht müde und erschöpft, nicht überwältigt von Entsetzen und Grauen. Sondern die Änne, die mutig in die von Gegnern besetzte Burg gegangen war, um ihm unter Todesgefahr seine Wunden zu verbinden, die jahrelang in der besetzten Stadt ein gefährliches Spiel durchgehalten hatte, um anderen zu helfen. Die Änne, die leidenschaftlich und vorbehaltlos liebte und seine Liebe voller Glück empfangen hatte. Diese Änne sollte wiederkehren.
    Dafür würde er sorgen.

Warten
    D ie Schlacht von Lucka war gewonnen.
    Der große Dankgottesdienst in St. Thomas gefeiert. Die Toten beigesetzt. Das Blut von den Kettenhemden gescheuert und aus den Wappenröcken gewaschen. Ulrich von Maltitz versah seinen Dienst wie eh und je. Nur der Ausdruck in seinen Augen verriet denen, die ihn kannten, wie tief ihn Sibyllas Tod erschütterte. Es war kein Leben mehr in seinem Blick, nicht eine Gefühlsregung. Nur die blanke Pflichterfüllung schien ihn noch aufrecht zu halten.
    Missbilligend beobachtete Friedrich seinen Vertrauten. Nicht, dass dieser ihm direkten Grund zur Klage gegeben hätte. Aber er konnte den erloschenen Blick des Freundes kaum mehr ertragen. Manchmal wusste er nicht, ob er ihn bedauern oder beneiden sollte, weil er offensichtlich diese Frau so geliebt hatte, wie er, Friedrich, noch nie geliebt hatte.
    Für einen Moment ertappte sich der Fürst bei der Überlegung, ob er wohl ähnlich empfunden hätte, wäre Sibylla je in sein Bett gekommen. Dass diese Frau anders als die meisten war – mutig, stark und klug –, hatte er rasch erkannt; sein Interesse an ihr war nicht nur durch ihre Schönheit geweckt worden.
    Ob er einen Boten nach Eisenach senden und seine Frau bitten sollte, hierherzukommen? Er hatte sie so lange nicht gesehen.
    Es war nicht nur die Sehnsucht nach weiblicher Gesellschaft im Bett, die ihn zu dieser Überlegung trieb. Wahrscheinlich würden die meisten Frauen, ob ehrbare oder Mägde, auf einen bloßen Blick hin bereitwillig das Lager mit dem Sieger von Lucka teilen. Doch er hatte schon so viele Sünden auf sich geladen – sogar ein Brudermord würde bald hinzukommen –, da sollte er nicht noch die Ehe brechen.
    Wie mochte es Elisabeth inzwischen ergangen sein? Wie kam sie allein auf der Wartburg zurecht? Natürlich würde sie sofort zu ihm reisen, wenn er sie darum bat. Ob sie vielleicht sogar darauf wartete? Auf seine Botschaft hin hatte sie ihm in einem Schreiben mit höflich gesetzten Worten zu seinem Sieg gratuliert und ihn um Erlaubnis gebeten, das Kloster verlassen und auf die Wartburg zurückkehren zu dürfen, um dort ihre Pflichten zu erfüllen.
    Nach den ersten Sätzen fühlte er sich beinahe enttäuscht von der fürstlichen Distanziertheit, die aus ihren Worten sprach. Doch dann rief er sich in Erinnerung, dass sie glaubte, er erwarte ein solches Gebaren von ihr. Ihr mit zierlicher Schrift selbst angefügter Nachsatz hatte ihm verraten, wie es wirklich um sie stand: »Mein liebster Gemahl, ich bete jeden Tag, dass wir bald wieder vereint sein können.«
    Deutlicher hätte sie kaum werden dürfen. Hatte er sie unterschätzt?
    Allmächtiger, sie ist so jung, dachte er. Wie lange kann ich sie noch allein lassen, ohne ihre Liebe zu verlieren? Ohne sie zu verlieren? Friedrich überraschte sich bei dem Gedanken, dass er am liebsten auf der Stelle losreiten würde, um ungeachtet aller fürstlichen Etikette in ihre Kammer zu stürmen, ihr die Kleider vom Leib zu ziehen und sie in seine Arme zu reißen.
    Doch das war nicht mehr als ein schöner, flüchtiger Gedanke. Er konnte jetzt nicht für eine ganze Woche fort; er durfte seine Männer hier nicht alleinlassen, wo jeden Tag die alles entscheidende Nachricht eintreffen konnte, auf die er schnell und entschlossen reagieren musste.
    Würde der König mit ihm über die Auslösung der Gefangenen und die thüringische und meißnische Frage verhandeln? Oder aber eine gewaltige Streitmacht in Bewegung setzen,

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