Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
Vom Netzwerk:
gekommen, um sie aus dieser Runde zu holen, weil er eine Überraschung für sie hatte.
    Auf sein Zeichen hin stand sie auf, wenngleich mit fragendem Blick, verabschiedete sich von den anderen und folgte ihm, zwei Schritte Abstand haltend.
    Markus und Änne zeigten ihre Liebe vorerst nicht offen, auch wenn sie kein Geheimnis war. Schließlich hatte er sie hier bei ihrem ersten Wiedersehen vor aller Augen auf dem Burghof geküsst. Doch darüber verlor keiner der Männer ein Wort – aus Respekt, aus Verständnis oder um sich keinen Ärger einzuhandeln. Sie alle wussten, dass in einer Nacht vor der Schlacht besondere Umstände herrschten und viele sonst eherne Regeln außer Kraft gesetzt waren.
    Doch inzwischen hatte sich herumgesprochen, dass Änne frisch verwitwet war, und so verzichteten sie im Beisein anderer auf Vertraulichkeiten, um ihr boshaften Klatsch zu ersparen. Außerdem hatte Friedrich unmissverständlich geäußert, er erwarte, dass sein Sergent auch in moralischer Hinsicht ein Vorbild sei und wenigstens eine Schamfrist verstreichen lasse, bevor er der jungen Witwe eines Verbündeten den Hof mache.
    Deshalb hatte Markus Änne trotz seines Verlangens und obwohl viel zu bereden wäre, nicht wieder mit in die Kammer genommen. Er konnte nicht erwarten, dass seine Gefährten weiterhin bereitwillig ihren Schlafplatz räumten und darüber auch noch den Mund hielten. Durch ein ausgeklügeltes Tauschgeschäft mit etlichen Zwischenstationen und unter Einsatz fast seiner gesamten Ersparnisse war es ihm nun endlich gelungen, eine winzige Kammer aufzutreiben, die er sich mit Änne teilen konnte. Dorthin führte er sie jetzt.
    »Für uns allein!«, sagte er erwartungsvoll.
    Mit einem Blick erfasste sie den winzigen Raum, in dem er ein Lager aus frischem Stroh aufgeschüttet hatte. Dann zog er die Tür hinter sich zu. Sie lächelte, wirkte dabei aber eher hilflos und verunsichert. Der tote Marsilius steht viel stärker zwischen uns, als es der lebendige je vermocht hatte, dachte Markus enttäuscht. Doch er ließ sich nichts von diesem Gedanken anmerken, sondern beschloss, sofort in die Offensive zu gehen, um Einwände und Bedenken gar nicht erst bei ihr aufkommen zu lassen. Also zog er sie an sich und küsste sie, erstickte jeden Zweifel durch die innige Berührung seiner Hände und gab sein Bestes, sie mit seinen Zärtlichkeiten von ihren Zweifeln abzulenken.
    Es war das erste Mal nach der Schlacht, dass sie sich liebten, und trotz aller Leidenschaft verspürte Markus bei Änne diesmal eine Spur von Scheu und Zurückhaltung, die sie bei ihren vorangegangenen zwei Liebesbegegnungen nie gezeigt hatte.
    Auch diesmal sagte sie nichts, als sie danach aneinandergeschmiegt lagen, während ihnen das Blut von der Hitze der Vereinigung durch die Adern pulsierte. Doch er spürte genau, dass ihre Gedanken weit wegwanderten … zu einem Haus in Freiberg und zu einem Grab in Leipzig.
    Es hat keinen Zweck, weiter darüber zu schweigen, sagte sich Markus. Er drehte sich auf die Seite, stützte sich auf einen Arm und strich sanft mit einem Finger über ihre Wange, ihren Hals … Geduldig, ohne innezuhalten, wanderte seine Fingerkuppe über ihre Züge, bis sie schließlich die Augen aufschlug und ihn ansah.
    »Mir ist, als könnte ich jeden deiner Gedanken von deinem Gesicht ablesen«, sagte er leise. Dann lächelte er. »Wäre ich nicht selbst dabei gewesen, würde ich nie glauben, dass du jahrelang die königlichen Burgwachen in die Irre führen und ihnen das harmlose Weib vorspielen konntest.«
    »Vor dir muss ich mich nicht verstellen«, sagte sie zögernd, ohne auf seinen Ton einzugehen. »Du bist der einzige Mensch, vor dem ich mich nicht verstellen muss.«
    Sie schmiegte sich enger an ihn und starrte gedankenversunken nach oben. »Alle erwarten, dass man als Frau stets sittsam schweigt, gehorcht und seine Arbeit tut. Anscheinend hat noch nie jemand darüber nachgedacht, dass wir Frauen die viele Arbeit gar nicht schaffen könnten, wenn wir nicht Verstand und Kraft hätten, nur eine andere Kraft als die der Männer.«
    Änne begann zu frösteln und zupfte am Laken, um es sich enger um die Schultern zu ziehen. Bereitwillig gab ihr Markus mehr von der Decke und zog sie noch näher an sich, um sie zu spüren und zu wärmen.
    »Von klein auf musste ich immerzu schweigen«, sprach sie weiter. »Weil Jenzin mich sonst verprügelt hätte … Um Marsilius nicht zu enttäuschen … Um die Burgwachen hinters Licht zu führen … Um den

Weitere Kostenlose Bücher