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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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was Ulrich angesichts der Umstände und ihres Standes erstaunlich mutig fand. »Ich werde tun, was ich kann«, versprach sie mit nachdenklicher Miene.
    Ulrich stützte sich auf Reinhards Schulter, als er auf den Stein neben dem Brunnen stieg. Ein Signal verschaffte ihm Aufmerksamkeit in all dem Gewimmel.
    »Hört mich an!«, rief er. »Bürger von Freiberg, Ritter des Markgrafen von Meißen!«
    Immer mehr Blicke wandten sich ihm zu, manche zweifelnd, manche fragend, manche hoffnungsfroh. Die Gespräche, Rufe, Gebete erstarben, so dass Ulrich bald seine nächsten Worte in völliges Schweigen hineinrufen konnte.
    »Seit hundert Jahren heißt diese Burg Freiheitsstein. Fast auf den Tag genau vor einhundert Jahren haben die Freiberger schon einmal die kaiserlichen Truppen von dieser Burg verjagt. Aber ich sage euch ehrlich: Diesmal werden wir sie nicht verjagen können. Dazu sind es zu viele – zehntausend bewaffnete Gegner. Doch wir werden ihnen standhalten, solange wir können. Die Mörder und Plünderer sollen sich an dieser Burg die Zähne ausbeißen, bis Adolf von Nassau bereit ist, über euern freien Abzug zu verhandeln.«
    Es gab weder Jubel noch Proteste bei seinen Worten, sondern einfach nur Schweigen. Jeder schien darüber nachzudenken, wie die Zukunft aussehen würde.
    Von hinten kam Bewegung in der Menschenmenge auf. Bald erkannte Ulrich die Ursache. Roland bahnte sich den Weg zu ihm, gefolgt von beinahe einem Dutzend anderer Knappen, die auf der Burg den wettinischen Rittern dienten.
    An den grimmig entschlossenen Gesichtern der jungen Burschen erriet er, was er nun gleich hören würde, und hatte Mühe, die Besorgnis aus seinem Gesicht zu verbannen.
    Es war ohnehin unausweichlich. Besser, sie taten es freiwillig.
    Am Brunnen angelangt, kniete Roland im Schnee nieder. Die anderen angehenden Ritter taten es ihm gleich. Zu seiner Erleichterung sah Ulrich, dass unter ihnen kein Vierzehnjähriger war, sondern sie alle schon mehrere Jahre harter Kampfausbildung hinter sich hatten. Roland mit seinen sechzehn Jahren war der Jüngste.
    »Mein Herr«, begann er und sprach dann genau die Worte aus, die Ulrich erwartet hatte. »Wir möchten Euch bitten, uns vor der Zeit in den Ritterstand zu erheben. Wir wollen als Ritter bei der Verteidigung der Burg helfen.«
    Gott, hilf mir, dass ich mit meinem Tun die Jungen nicht geradewegs in den Tod schicke, flehte Ulrich in Gedanken. Doch er achtete sorgfältig darauf, sich nichts von seinen Befürchtungen anmerken zu lassen.
    »Ihr seid euch bewusst, dass der König vielleicht die Knappen verschonen würde, nicht aber die Ritter, die sich ihm mit dem Schwert entgegenstellen?«, fragte er.
    »Ja, mein Herr.«
    Niemand sonst sagte etwas. Aber in den Gesichtern las er, was in den jungen Burschen vor sich ging: Fassungslosigkeit und Abscheu über das Wüten von Adolfs Männern in der durch Verrat eingenommenen Stadt, bei manchem auch Erschütterung über den Tod seines Ritters. Sieben von ihnen hatten in den letzten Tagen ihren Herrn und Lehrmeister verloren; drei dieser Ritter waren während der Angriffe mit Sturmleitern gefallen, vier weitere unter denjenigen gewesen, die den letzten Schildwall an der Kirchgasse gebildet hatten.
    Auf das rituelle Bad und die Nacht in Fasten und Gebet vor der Schwertleite mussten sie unter diesen Umständen verzichten. Jeden Augenblick konnte der nächste Angriff beginnen, und diesmal war nicht nur der stadtauswärts gelegene Abschnitt der Burgmauern zu verteidigen, sondern würden die Angreifer von allen Seiten auf sie einstürmen. Sie waren nun vollständig eingeschlossen von dem zehntausend Mann starken Heer.
    Wenn sie ihr Leben riskieren, sollen sie es als Ritter tun, dachte Ulrich und räusperte sich.
    »Erhebt euch!«, befahl er den immer noch vor ihm knienden zwölf Knappen. »Ritter Roland! Ritter Erec! Ritter Jonas! …«
    Einem nach dem anderen gürtete er feierlich das Schwert um. »Kämpft treu und tapfer für euern Herrn, Markgraf Friedrich! Lebt nach Gottes Gebot und den Ehrenregeln der Ritterschaft, der ihr nun angehört! Schützt die Armen und Wehrlosen, wie es unsere gemeinsame Aufgabe ist!«
    Eine besondere Schwertleite, dachte er, während er nacheinander jedem der Jungen ins Antlitz sah. Alles andere als feierlich, hier auf dem von den Angriffen gezeichneten Hof der Burg, ohne Festmahl und Ehrengäste, aber unter den verzweifelten oder hoffenden Augen derer, die ihnen ihr Leben anvertraut hatten.
    »Geht zum Kaplan, legt

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