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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Vorstellung, gleich Meister Jenzin gegenüberzutreten und um Erlaubnis bitten zu müssen, mit Markus fortzuziehen, ließ sie frösteln.
    Sibylla schien ihre Gedanken lesen zu können. »Tritt deinem bösen Vormund vors Schienbein, wenn er dich nicht gehen lassen will«, flüsterte sie ihr ins Ohr. Wider Willen musste Änne lächeln.
    Natürlich würde sie so etwas nie wagen. Zum Glück war es an Markus, das Reden zu übernehmen und den Oheim um ihre Hand zu bitten.
    Wilhelm würde sicher sehr enttäuscht sein. Es tat ihr leid, ihn so zu verletzen. Aber er würde es einsehen.
    Wehmütig sah Sibylla Änne nach.
    Dann ließ sie ihren Blick über das verbliebene Häufchen schweifen, das beieinanderstand und auf Ulrich von Maltitz und Niklas von Haubitz wartete. Die Stadtbewohner waren einer nach dem anderen wieder in ihre Häuser gegangen, soweit diese noch existierten.
    Übrig waren jetzt außer ihr nur noch Friedrichs Ritter und Christian, der Rotschopf. Der Bursche schien irgendetwas Tollkühnes vorzuhaben. Auf dem ganzen Weg hierher hatte er immer wieder gemurmelt: »Ich denke nicht daran, denen mein Schwert zu überlassen!«
    Jetzt beugte er sich verschwörerisch zu Reinhard von Hersfeld und raunte: »Wisst Ihr, Herr, wo sie Eure Schwerter und meines aufbewahren?«
    Reinhard blickte ihn verdutzt an, dann grinste er, und wenig später sah Sibylla die beiden, scheinbar in ein harmloses Gespräch vertieft, Richtung Ställe schlendern.

Die Flucht
    Ä nne ging mit Markus zum Haus seiner Eltern, in dem er und sein Bruder geschlafen hatten, wenn sie nicht gerade Dienst auf der Burg oder am Tor leisteten.
    Schon auf dem kurzen Weg bekamen sie einen Eindruck von dem bedrückenden Leben in der besetzten Stadt. Es wimmelte nur so von Bewaffneten, während kaum ein Einheimischer wagte, den Fuß vor die Tür zu setzen.
    Aber niemand behelligte sie, die meisten Bewaffneten schienen es eilig zu haben, auf die Burg zu gelangen. Das stimmte sie etwas zuversichtlicher.
    Im Vorbeigehen warf Markus einen prüfenden Blick auf ein schmales Haus in der Talgasse und stieß vor dem nächsten einen merkwürdigen Pfiff aus. Sie waren kaum ein paar Schritte weitergegangen, als ein Junge von fünf oder sechs Jahren um die Ecke geschossen kam und freudestrahlend vor Markus stehen blieb.
    »Du lebst, Hauptmann!«, rief er begeistert.
    »Was hast du denn gedacht, Paul?«, fragte Markus und strich ihm durchs Haar. Dann beugte er sich hinab und fragte leise: »Ist Einquartierung in meinem Haus?«
    Der Junge verzog das Gesicht und nickte. »Ja. Aber jetzt ist keiner da. Die sind alle auf der Burg und feiern.«
    »Bist du ganz sicher?«
    »Warte!«
    Schon flitzte Paul los zu dem Haus, an dem Änne und Markus vorbeigegangen waren und dessen Tür einen Spalt offen stand.
    Ungeniert ging er hinein, steckte wenig später schon wieder den Kopf heraus und winkte Markus herein.
    »Danke!«, sagte der zu dem Nachbarsjungen. »Und pass auf dich auf!«
    »Keine Sorge«, meinte Paul, bevor er wieder verschwand.
    Rasch zog Markus Änne ins Haus und blickte sich kurz um.
    Es war tatsächlich niemand da, aber die Einquartierten hatten beträchtliche Unordnung hinterlassen.
    Markus packte das Nötigste zusammen: einen Kanten alten Brotes, der sich noch fand, ein Kleiderbündel und einen warmen Umhang, den er Änne gleich um die Schultern legte. Zu seinem Verdruss besaß er keine Waffen mehr. Er hatte alle auf die Burg mitgenommen und am Morgen abliefern müssen. Nicht einmal das Essmesser am Gürtel war ihm geblieben. So nahm er den Schürhaken von der Kochstelle und schob ihn in das Bündel. Aus einem Versteck holte er eine Pfennigschale voll Münzen.
    Dann verharrte er mit verschlossener Miene vor der Schlafstatt seines Bruders. Änne erriet seine Gedanken, trat neben ihm und nahm seine Hand. Gemeinsam sprachen sie ein Gebet für Jan, leise, mit stockenden Stimmen.
    Plötzlich drehte sich Markus um und begann, in einer einfachen Truhe herumzuwühlen. Änne wagte nicht zu fragen, wonach er suchte. Endlich schien er es gefunden zu haben – eine kleine Holzfigur, ein Pferd, abgegriffen und mit nur noch drei Beinen.
    »Das habe ich ihm geschnitzt, als er noch ganz klein war, und er hat es immer mit sich herumgetragen. Als er dann zu alt für Spielzeug war, konnte er sich nicht entscheiden, es wegzuwerfen, und hob es auf. Ich sollte es Paul geben.«
    Stattdessen steckte er das dreibeinige Pferd in seinen Almosenbeutel.
    Ännes Blick berührte sein Herz. Er zog sie

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