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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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an sich und küsste sie. Voller Freude spürte er, wie sie sich schüchtern an ihn schmiegte und seinen Kuss erwiderte. Am liebsten hätte er sie sofort in sein Bett getragen, doch die Königlichen konnten jeden Moment zurückkommen.
    Sobald sie die Stadt verlassen hatten, würde er den ersten Priester, den sie unterwegs trafen, bitten, sie zu trauen. Nachdem er so lange gewartet hatte, kam es auf einen halben Tag nicht mehr an. Er wollte sie als seine Frau in die Arme schließen.
     
    Markus nahm das Bündel, sah hinaus, ob draußen alles ruhig war, und winkte Änne heraus, um sie zum Haus ihres Vormundes zu begleiten.
    Ihr wäre es inzwischen lieber, sie würden auf diese Begegnung verzichten. Der Meister würde ihr womöglich verbieten zu gehen, und ob sein Segen etwas wert war, darüber mochte sie jetzt nicht nachdenken.
    Doch außer den Sachen, die sie am Leibe trug, waren ein hölzerner Kamm und ein kleines Kästchen, das ihr ihre Mutter hinterlassen hatte, ihr einziger Besitz. Beides wollte sie nicht hierlassen. Es war wenig genug nach Jahren nicht enden wollender Arbeit in diesem Haus.
    Vor allem aber schuldete sie Wilhelm eine Erklärung und ein freundliches Wort zum Abschied.
    Markus nahm ihre Hand fest in seine und spürte, dass sie immer stärker zitterte, je mehr sie sich Jenzins Wohnstatt näherten. Mit einem Mal schien ihr neu gefundener Mut verflogen zu sein. Oder war es die Erinnerung an das Blutbad auf dem Obermarkt, die Änne so zittern ließ? Der Apotheker wohnte am Marktplatz; sie konnten es nicht vermeiden, an der Unglücksstelle vorbeizugehen.
    Das Haus neben Jenzins schien unbewohnt, es hatte kein Dach mehr.
    »Wir sind da«, sagte Änne leise, und schon aus diesen wenigen Worten konnte er Furcht heraushören.
    Er drückte ihre Hand fester und lächelte ihr aufmunternd zu.
    Erst lauschte er einen Moment, doch es waren keine bedrohlichen Männerstimmen zu hören.
    Dem lauten Wortwechsel aus der Kammer zufolge schienen nur Jenzin und seine Frau wieder einmal zu streiten.
    »Pssst!« Eine ältliche Magd kam in den Vorraum gehuscht. Als sie Änne erkannte, fiel sie ihr mit einem leisen Aufschrei um den Hals. »Du bist am Leben, Kleines! Der Herr sei gepriesen!«
    Gerührt schneuzte sich die Magd in die Schürze, dann beäugte sie Markus misstrauisch.
    »Wie geht es euch?«, wisperte Änne.
    »Ach, Kindchen!« Die Magd begann zu weinen. »Wilhelm ist tot. Sie haben ihn in der Nacht erschlagen, als die Stadt eingenommen wurde, weil er der Tochter des Bortenwirkers zu Hilfe kommen wollte.«
    Wieder schniefte und schneuzte sich die Ältere in ihre verschlissene Schürze, dann wischte sie sich über die Augen. »Der Lobetanz, der ist seitdem auch verschwunden. Um den ist es eigentlich nicht schade, aber nun streiten der Meister und die Meisterin nur noch.«
    »Habt ihr Einquartierung?«, unterbrach Markus sie ungeduldig mit verhaltener Stimme.
    »Ja, wirklich furchtbare Kerle. Jetzt feiern sie auf der Burg.«
    »Hol dir, was du brauchst, aber beeil dich!«, sagte Markus leise zu Änne.
    Vorsichtig öffnete sie die Tür zur Offizin – und erstarrte vor Schreck. Der Raum war nicht leer, sondern drinnen saßen drei Männer, allesamt schwer bewaffnet.
    »Na, wenn das kein netter Besuch ist!«, meinte einer, der unmittelbar neben der Tür gestanden hatte, packte sie am Arm und zerrte sie herein. Er musste wohl auf sie gewartet haben.
    Markus reagierte sofort, ließ sein Bündel fallen, griff mit der Linken nach dem Handgelenk des Mannes, der Änne festhielt, und wuchtete dessen Arm schwungvoll nach oben, während er ihm mit der Rechten in die Magengrube hieb.
    »Lauf, Änne!«, schrie er, als die anderen Männer auf ihn zustürzten.
    Doch Änne konnte nicht fortrennen, sie war vor Schreck wie gelähmt. Schon packte der Nächste sie und zerrte sie in die Mitte der Offizin.
    Die beiden anderen Männer überwältigten Markus nach heftigem Kampf und zwangen ihn auf die Knie. Immer noch schwer atmend, legte ihm derjenige den Arm um die Kehle, dem er zuvor die Faust in die Magengrube gerammt hatte.
    »Verrecke!«, zischte er und drückte noch fester zu, während Markus krampfhaft versuchte, den Klammergriff zu lockern. Änne schrie auf.
    »Wir warten schon die ganze Zeit auf das Gesindel, das sich auf der Burg verschanzt hat, um uns das Leben schwerzumachen«, wütete derjenige, der Änne festhielt, ein bulliger Kerl mit struppigem schwarzem Bart und verfaulten Zähnen.
    »Das Mädchen hat nichts damit zu tun!

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