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Blut und Silber

Blut und Silber

Titel: Blut und Silber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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machen, und Friedrich konnte sehen, wie sich ein trotz der Frühlingswärme vermummter Mann rasch fortschlängelte, um in einer der Nebengassen zu verschwinden.
    Markus drehte sich um. »Soll ich ihm folgen?«, rief er.
    Wenn Friedrich hier auftauchte, noch dazu in demonstrativ schlichter Kleidung, dann musste dies dem König ein Zeichen dafür sein, dass er seine Ansprüche nicht aufgegeben hatte. Das Menschengewimmel zur Krönungsfeier sollte reichlich Gelegenheit bieten, den rebellischen Wettiner endgültig aus dem Weg zu räumen.
    Doch Friedrich bedeutete Markus, in der Kolonne zu bleiben und auf die Verfolgung des Mannes zu verzichten. Die Wahrscheinlichkeit, den Fliehenden in dem Gewirr enger Gassen zu finden, war zu gering.
     
    Auch Ulrich von Maltitz wurde durch den kurzen Tumult nach Markus’ Eingreifen aufgeschreckt und rief sich selbst zur Ordnung. Es war das erste Mal, dass er für einen Augenblick seine wichtigste Aufgabe vernachlässigt hatte: für Friedrichs Sicherheit zu sorgen.
    Statt einen möglichen Angreifer in der Menge aufzuspüren, die in der Hoffnung auf freigiebig verteilte Münzen euphorische Hochrufe auf die fremden Herren ausbrachte, war er hauptsächlich damit beschäftigt gewesen, Ausschau nach Sibylla zu halten.
    Vom Rücken seines Fuchshengstes aus spähte er über die Köpfe der Menge hinweg, ob irgendwo eine Gruppe von Gauklern zu entdecken war. Die Krönungsfeier war ein solch bedeutendes und prunkvolles Ereignis, dass es sich wohl kein guter Spielmann entgehen ließ – in der Hoffnung auf reichlich Lohn von freigiebigen Herren und neuen Stoff für Lieder und Geschichten von dem großen Fest zu Prag. Dieser Gedanke hatte seine unsinnige Hoffnung genährt, die verlorene Geliebte hier wiederzusehen.
    Da! Sein Herzschlag schien einen Augenblick auszusetzen. Am Ende der Gasse, die vor ihnen rechts abbog, schlug eine Tänzerin den Schellenkranz und drehte sich dazu, während ihre schwarzen Locken wirbelten.
    Aber er hatte keine Chance, aus der Reihe auszubrechen und sich durch das Gewühl dorthin durchzuarbeiten.
    Wenn sie das Quartier erreicht hatten, würde er Friedrich bitten, ihn vorübergehend für seine Suche zu beurlauben. Heinrich hatte genug tüchtige Leute, die beide Fürsten schützen konnten.
     
    Es war noch früher Nachmittag, als die Reiter auf dem Vyšehrad anlangten. Der Blick von hier oben auf die riesige Stadt war atemberaubend. Die Sonnenstrahlen ließen die Kreuze auf den vielen Prager Kirchen funkeln und schienen die Moldau in flüssiges Gold zu verwandeln.
    Es müssen vierzig- oder gar fünfzigtausend Menschen sein, die hier leben, ging Friedrich durch den Kopf. Zehnmal mehr als in Freiberg, das mit seinen fünftausend Bewohnern schon die bevölkerungsreichste Ansiedlung in der Mark Meißen war. Doch er liebte sein Land. Und er wollte es zurückhaben.
    Ulrich hingegen fühlte sich bei dem Anblick nicht an Freiberg, sondern an Meißen erinnert, auch wenn es viel kleiner war als Prag. Dort blickte man ebenfalls vom Burgberg aus auf einen Fluss, die Elbe, die breit und ruhig an der Stadt vorbeiströmte. Sein militärisch geschulter Verstand lenkte die Gedanken sofort auf einen anderen Punkt: Meißen würden sie im Kampf zurückerobern müssen. Denn auf dem Burgberg teilten sich drei Herren die Macht: der Markgraf, der Burggraf und der Bischof. Wenn auch der Bischof nachdrücklich zu Friedrich stand, so war Burggraf Meinhard als einer der Ersten auf die Seite des Nassauers umgeschwenkt. Und vom burggräflichen Palas ließ sich der Zugang zum Burgberg abriegeln.
    Da mache ich mir schon Gedanken darum, wie wir Meißen zurückgewinnen, dachte Ulrich bitter. Doch von diesem Tag sind wir noch Jahre entfernt – wenn er überhaupt jemals kommt. Es fiel ihm schwer, Friedrichs Überzeugung zu teilen, dass dieser früher oder später Titel und Erbe zurückerobern würde. Viel wahrscheinlicher erschien ihm, dass sie bis ans Ende ihrer Tage heimatlos herumirren würden, immer auf die Gnade von Gönnern angewiesen, die sie bei sich aufnahmen. Vorausgesetzt, dass Friedrich nicht einem Attentat zum Opfer fiel.
    Vielleicht lag es an dem Gedanken an einen feigen Meuchelmord, dass er erneut überreagierte, als sich ihm in dem Gedränge vor den Stallungen jemand von hinten näherte, kaum dass er abgesessen war. Blitzschnell zog er seinen Dolch, wirbelte herum … und erstarrte gerade noch rechtzeitig, bevor er zustach.
    Vor ihm stand eine verhutzelte Alte in schmutzigen,

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