Blut vergisst nicht: 13. Fall mit Tempe Brennan
das auszurichten.
Ich lehnte mich zufrieden zurück, nun würde ich bald eine Antwort erhalten.
Zwanzig Minuten später marschierte ich im Zimmer auf und ab. Mussten Ärzte heutzutage denn nicht alles rasch machen? Acht Minuten pro Patient? Zwei? Einen Herzschlag lang? Wie lange konnte Macken mit einer einzigen Person zubringen?
Ich zog mich an. Putzte mir die Zähne. Band mir die Haare zurück. Kontrollierte das Telefon, ob die Verbindung auch wirklich funktionierte. Las einige E-Mails. Kontrollierte den Apparat noch einmal.
Um halb neun klingelte das verdammte Ding endlich.
Ich schnappte mir den Hörer.
»Hier Patricia Macken.« Die Stimme war fest, deutlich die einer älteren Person. Einer in Dixie geborenen. »Ich habe die Nachricht erhalten, diese Nummer anzurufen. Meine Sprechstundenhilfe meinte, es könne sich um einen medizinischen Notfall handeln.«
»Nicht unbedingt. Aber danke, dass Sie mich zurückgerufen haben. Ich bin Dr. Temperance Brennan. Ich arbeite für den Medical Examiner in Charlotte.« Das KUSS-Prinzip. Kein unnötiger Schnickschnack. Falls nötig, würde ich es ausführlicher machen, Details hinzufügen. »Ich rufe wegen einer Frau namens Harriet Lowery an.«
»Ja.« Argwöhnisch.
»Soweit ich weiß, behandelten Sie Mrs. Lowery wegen einer Nierenkrankheit bis zu ihrem Tod vor fünf Jahren.«
»Wer, sagten Sie, sind Sie gleich wieder?« Ich wiederholte Name und Funktion.
»Warum interessiert sich der ME von Charlotte für eine Patientin, die unter ärztlicher Aufsicht in einem Krankenhaus in Lumberton starb?«
»Um genau zu sein, ist es der Coroner in Montreal, der sich dafür interessiert. Ich fungiere als Beraterin für sein Büro.«
»Ich bin verwirrt. Was hat das alles mit Harriet Lowery zu tun?«
»Tatsächlich bezieht sich das Interesse auf ihren Sohn John.«
»Spider?«
»Ja.«
»Spider starb in Vietnam.«
»Vielleicht nicht.«
Ein hörbares Einatmen deutete darauf hin, dass Macken dies nicht erwartet hatte. »Bitte erklären Sie das.«
Ich nannte ihr die wesentlichen Fakten. Die Wasserleiche in Hemmingford, Jean Laurier, anhand der Fingerabdrücke als John Lowery identifiziert. JPAC. Der Huey-Absturz 68 in Vietnam. Die Exhumierung in Lumberton. Die vermutete Verwechslung zwischen John Lowery und Luis Alvarez.
»Meine Kollegen und ich dachten, wir hätten die Verwirrung gelöst, dann aber schloss eine DNS-Sequenzierung Harriet Lowery als Mutter des Quebecer Opfers aus.«
Macken sagte nichts, deshalb fuhr ich fort.
»Harriets DNS erhielten wir von Pathologieproben, die im Southeastern Regional Medical Center im Archiv lagen. Wie Sie sich vorstellen können, war das Material in gewisser Weise degradiert. Wir würden gerne noch einen zweiten Vergleich unter Verwendung einer Probe von Spider Lowerys Vater anstellen. Aber Plato verweigert einen Abstrich.«
Ich hielt inne, um Macken Gelegenheit zu einer Erwiderung zu geben. Sie sagte nichts.
»Wir fragen uns, wieso, Dr. Macken.«
»Vielleicht weiß Mr. Lowery, dass Sie sich irren.«
»Alles sonst deutet daraufhin, dass der Mann, der in Quebec starb, Spider Lowery ist. Falls wir uns irren, könnte DNS von Mr. Lowery das bestätigen.«
»Warum rufen Sie mich an?«
Warum tat ich es?
»Wenn ich Piatos ablehnende Haltung verstehen könnte, dann könnte ich ihn vielleicht umstimmen.«
»Das bezweifle ich.«
»Es ist eine Frage der Vaterschaft, nicht?«
»Was meinen Sie damit?«
»Weder Spider noch Tom waren geeignete Spender für Harriet. Wir wissen beide, dass so etwas in Familien die ganze Zeit passiert. Das hat nichts zu bedeuten. Aber ich vermute, dass sich im Verlauf der Untersuchungen auf Gewebeverträglichkeit etwas ergeben hat. Etwas Niederschmetterndes für Plato.«
»Soll heißen?«
»Ich vermute, Tests zeigten, dass Plato nicht der Vater von Harriets Kindern war.«
Macken nahm sich für die Antwort sehr lange Zeit.
»Sie haben recht, Dr. Brennan. Und unrecht. Diese Erfahrung zerstörte Mr. Lowery beinahe. Aber es ging dabei nicht um Vaterschaft.«
»Falls die —«
»Es ging um Mutterschaft.«
»Was? Moment mal. Ich verstehe nicht. Harriet war nicht die Mutter?«
»Können Sie einen Augenblick warten, bitte?«
Ich hörte ein Klacken, Schritte, dann das Geräusch einer ins Schloss fallenden Tür. Am anderen Ende der Leitung wurde die Luft dicker.
Ein Scharren, dann war Macken wieder zurück.
»Ich werde weiter mit Ihnen sprechen, obwohl ich das ohne Einwilligung von Harriets Familie eigentlich
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