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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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klar. Das können Sie nicht verstehen.« Inga Bengtson lächelte. »Ins Herrenhaus. Das ist der scheußliche alte Kasten auf der Rückseite des Hofes. Dort wohnt eine von den beiden Besitzerinnen. Schwestern sind das. Allerdings ist die eine schon vor Urzeiten abgehauen und hat sich nie wieder blicken lassen. Aber das kann man ihr kaum verdenken. Ich würde auch gemacht haben, dass ich Land gewinne, wenn sich in meiner Familie eine derartige Tragödie abgespielt hätte.«
    »Was für eine Tragödie?«
    Inga Bengtson senkte die Stimme. »Der Vater der Besitzerinnen wurde ermordet. Und ihre Stiefmutter gleich mit.«
    Tolle Werbung, dachte Leon mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Befremden über die Indiskretion der jungen Hotelangestellten.
    »Man hat sie in der Küche gefunden«, fuhr diese unterdessen in ungebrochener Mitteilungsfreude fort, »die Gesichter weggehackt. Und bestimmt ist's die Bradley selbst gewesen, genau wie alle sagen. Ich weiß nicht, aber mir läuft jedes Mal ein Schauder über den Rücken, wenn ich der begegne.«
    Leon zuckte unwillkürlich zusammen. Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte er das Gefühl, dass Mia Bradley ihm gefallen würde. Schon allein, weil sie LaurasSchwester war. Andererseits war ihm vollkommen bewusst, dass er sich im Grunde wünschen musste, dass sie so verrückt war, wie die Leute behaupteten. Zumindest wenn es stimmte, dass damals nur eine der Töchter als Täterin in Frage gekommen war ...
    »Und Bilder soll die malen, lauter krankes Zeug«, fuhr die junge Schwedin derweil munter fort. »Aber das hat sie angeblich schon als Kind gemacht. Sie wollte sogar Kunst studieren, als sie jung war.«
    Der letzte Satz erfüllte Leon mit leiser Melancholie. Mia Bradley war dreiunddreißig Jahre alt. Fünf Jahre jünger als er selbst. »Was heißt, sie wollte?«, hakte er nach. »Hat sie es nicht getan?«
    Inga Bengtson schüttelte den Kopf.
    »Warum nicht? Wegen der Morde?«
    »Ach was, keinen Funken Talent hatte die. Es heißt, der Alte wollte, dass sie eine Lehre macht, hier im Hotel. Sie wissen schon, was Anständiges lernen und so. Und was können Sie auf einer Insel wie dieser schon groß machen?« Sie lachte. »Finanzen oder Hotelfach, sonst geht hier gar nichts. Und 'ne Bank ist nun wirklich der letzte Ort, an dem ich mir die Bradley vorstellen kann.«
    »Also hat sie sich für die Gastronomie entschieden«, schloss Leon.
    »Na ja, entschieden ...« Inga Bengtson blickte in seine unberührte Teetasse hinunter. »Wie gesagt war das wohl eher eine Idee von dem Alten. Immerhin war das passende Hotel ja schon vorhanden, sodass sich seine Prinzessin gewissermaßen nur noch ins gemachte Nest hätte setzen müssen. Aber schon in der ersten Woche hat sie einen Gast geohrfeigt, ich kann Ihnen sagen: vom Feinsten.«
    Leon musste gegen seinen Willen schmunzeln. »Wissen Sie warum?«
    »Na, keine Disziplin«, lautete die prompte Antwort. »Großer Gott, wenn ich jeden Gast ohrfeigen wollte, der mir auf'n Hintern fasst, wär ich auch die ganze Woche beschäftigt.« Sie zwinkerte vergnügt. »Aber die Bradley hat ja schon immer solche Wutanfälle gehabt, so mit Herumschreien und Sachen kaputtmachen und so. Angeblich war sie sogar mal bei einem Irrenarzt deswegen. In London.« Sie sah sich kurz um und beugte sich dann ein Stück zu ihm herunter, um leiser sprechen zu können: »Ich sage Ihnen, der hätte sie besser weggesperrt, als noch Zeit dazu war. Aber nein, sie kam wieder zurück. Und ein paar Monate später waren ihre Eltern tot.«
    Leon ließ diese für ihn neue Information einen Moment lang auf sich wirken. Mia Bradley war von einem Psychologen untersucht worden. Und ein paar Monate später waren ihre Eltern ermordet worden.
    Nicht ihre Eltern, korrigierte ihn ein imaginärer Kevin. Ihr Vater und die böse Stiefmutter ...
    »Ist Miss Bradley denn der Tat verdächtigt worden?«, fragte er.
    »Na, klar doch«, antwortete Inga Bengtson, als sei das die selbstverständlichste Sache der Welt. »Sie war ja dort, als es passiert ist. Also im Haus, meine ich. Und ihre Kleider waren voller Blut. Aber sie hat es sehr geschickt angestellt. Sie hat hinterher behauptet, dass sie sich so vor den beiden Toten erschreckt habe, dass sie überall alles anfassen musste oder so ähnlich. Und die Polizei hat ihr geglaubt.« In ihre wasserblauen Augen stahl sich ein Hauch von Geringschätzung. »Sie haben ihr diesen Quatsch abgenommen,und sie hat die Hälfte von allem geerbt und konnte weiter

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