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Blut Von Deinem Blute

Titel: Blut Von Deinem Blute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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ihre komischen Bilder malen. Toll, das englische Rechtssystem, was?«
    Leon rührte unmotiviert in seinem Tee, während er darüber nachdachte, wie viel von dem, was er gerade gehört hatte, der Wahrheit entsprach. Und was sich ausgewachsen hatte im Lauf der Jahre.
    Der Historiker sammelt und sichtet sämtliche verfügbaren Quellen, überprüft und interpretiert diese nach den methodischen Regeln seines Fachs . ..
    »Und dabei hatte sich die Bradley erst ein paar Tage vor dem Mord noch so mit ihrem Vater in der Wolle, dass die Fetzen geflogen sind«, riss die Stimme der jungen Schwedin Leon abrupt aus seinen Gedanken, und dieses Mal konnte er sich die Rückfrage nicht verkneifen: »Woher wissen Sie das alles?«
    »Jeder hier weiß das«, entgegnete Inga Bengtson mit einer Selbstverständlichkeit, die den Historiker in ihm umgehend auf die Barrikaden brachte. »War 'ne echt große Sache damals, so was prägt sich ein. Und natürlich ist denen, die damals dabei waren, danach auch nie mehr etwas nur annähernd so Spektakuläres passiert.«
    Damit hast du vermutlich recht, dachte Leon grimmig. Laut sagte er: »Und die Schwester von dieser Miss Bradley lebt nicht mehr hier?«
    »Nee, die ist gleich nach der Tat auf und davon«, erklärte seine schwedische Gesprächspartnerin. »Allerdings hab ich läuten hören, dass sie wieder da ist.«
    Leon spürte, wie sein Herz einen Sprung machte. Also hatte er sich nicht getäuscht! Laura war tatsächlich hier!
    »Ich bin nicht sicher, ob da wirklich was dran ist«, erklärteInga Bengtson. »Aber die Chefin sah aus, wie wenn sie'n Geist gesehen hätte, gestern Abend. Und unsere Köchin sagte, das ist wegen der anderen Bradley, also der Schwester von der Irren. Die ist nämlich wieder da, hat sie gesagt, sie hätte sie selbst gesehen. Und bestimmt hat die Dubois sie hergerufen, weil's so schlimm steht mit der Irren.« Sie hielt inne. »Miss Dubois ist nämlich die... Oh je, wie sagt man das auf Englisch?« Ihre Augen wanderten aufs Meer hinaus, während sie nachdachte. »Das Wort heißt genau wie dieser Film, Sie wissen schon, wo Marlon Brando so ein total mächtiger Mafia-Boss ist, und ...«
    »Der Pate?«, half Leon ihr auf die Sprünge.
    Die junge Schwedin strahlte. »Ja, genau«, rief sie. »Die Dubois ist die Patin von der anderen Bradley, und sie verwaltet auch deren Anteil am Hotel.« Sie schob anerkennend die Unterlippe vor. »Ist 'ne fähige Frau, die Dubois. Nur kann sie natürlich auch nicht immer so, wie sie will, weil die Irre hier alles blockiert, und ...« Sie brach ab und sah zum Hotel hinüber, wo in diesem Moment Ginny Marquette aus der Terrassentür trat. Sie hatte sich umgezogen und trug jetzt ein rostrotes Leinenkleid, das perfekt zu ihren rehbraunen Augen und dem kinnlangen Fassonschnitt passte.
    »Ist das dort Ihre Chefin?«, fragte Leon.
    Inga Bengtson bejahte. »Und verraten Sie ihr bloß nicht, worüber wir gesprochen haben«, flüsterte sie, halb scherzend, halb ernst. »So'n Doppelmord ist natürlich keine besonders gute Werbung. Und was das angeht, versteht der Chef auch keinen Spaß. Die alte Madame Labraque hat er gefeuert, weil sie nicht aufhören wollte, über die Sache zureden. Und das, obwohl sie über fünfzig Jahre hier beschäftigt gewesen ist.«
    Leon notierte sich in Gedanken den Namen und schenkte seiner mitteilungsfreudigen Gesprächspartnerin ein beruhigendes Lächeln. »Keine Sorge, von mir erfährt niemand was.«
    Sie nickte ihm zu und verschwand dann mit ihrem Tablett im Haus.
    Unterdessen hatte ihn auch Ginny Marquette entdeckt. Sie zögerte kurz, dann kam sie auf seinen Tisch zu. Leon schätzte sie insgeheim auf Anfang bis Mitte vierzig. Allerdings schien sie sich nicht besonders wohl zu fühlen. Unter ihren Augen lagen trotz des großzügig aufgetragenen Make-ups tiefe Schatten.
    »Und?«, sagte sie, wobei Leon den unbestimmten Eindruck hatte, dass ihr der fröhliche Ton nicht leicht fiel. »Haben Sie Ihr Zimmer gefunden?«
    »Ohne Probleme«, lachte er. »Und es ist wirklich wunderschön. Vor allem der Blick über die Bucht.«
    »Ja, nicht wahr?« Ginny Marquette schlang sich die Arme um den Körper, und es schien fast, als würde sie an diesem warmen Sommernachmittag frieren. »Fast zu schön, um wahr zu sein.«
    »Es muss herrlich sein, an einem Ort wie diesem zu leben«, bemerkte Leon, weil er ihre Reaktion sehen wollte.
    »Vor allem ist es eng«, entgegnete sie zerstreut. Dann sah sie plötzlich hoch, und ein Hauch von Röte goss

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