Blut Von Deinem Blute
Blut der beiden Ermordeten an ihrer Jeans und auch an ihrem T-Shirt, doch das war stark verwässert und offenbar erst durch diese idiotische Aufwischaktion dorthin geraten.«
»Und das heißt ...?«
»Das heißt, dass sich Mia Bradley, falls sie die Morde begangen hat, umgezogen und die entsprechenden Kleidungsstücke versteckt oder vernichtet haben muss.«
»Aber Sie haben bei der Durchsuchung des Hauses keine solchen Kleidungsstücke gefunden, oder?«
»Nein«, knurrte Archer. »Und wir haben danach gesucht, das können Sie glauben. Es war klar, dass der Täter eine ganze Menge Blut abbekommen haben muss. Diese Küche war ein Schlachtfeld.«
Leons Finger spielten mit dem Henkel seiner Tasse. Wer hätte gedacht, dass dieser alte Mann noch so viel Blut in sich hat ... »Was ist mit der Tatwaffe?«
»Ein Küchenbeil, Marke Wisent Hickory. Sechshundert Gramm schwer«, antwortete sein Gastgeber wie aus der Pistole geschossen. »Im Fall von Jacqueline Bresson zusätzlich ein Fleischermesser, das ebenfalls zum Haushalt der Bradleys gehörte. Übrigens aus Deutschland.« Er lächelte. »Kruppstahl.«
Leon hob den Kopf. »Hat Mia Bradley dieses Messer auch abgewaschen?«
Archers Lächeln vertiefte sich. »Wir haben es nie gefunden.«
»Aber warum hätte sie es verschwinden lassen sollen?«, fragte Leon. »Sie hätte es doch reinigen können. Genau wie das Beil.«
»Natürlich hätte sie das.« Archer sah wieder nach seinen Pferden. Und nach dem Unwetter, das langsam näher kam. »Einige Kollegen äußerten damals die Vermutung, dass die Zeit vielleicht nicht ausgereicht habe«, bemerkte er in absolut wertfreiem Ton. »Aber natürlich gibt es auch noch eine andere Variante ...« Er ließ den Satz offen und sah Leon an.
Leon merkte, wie sein Herz schneller schlug, als er erkannte, worauf der erfahrene Beamte hinauswollte. »Welche?«
»Nun ja«, sagte Archer. »Die Alternative wäre, dass Mia Bradley keine Ahnung hatte, dass dieses Messer überhaupt existierte ...«
5
»Sag mir die Wahrheit. Bist du wirklich krank gewesen?«
Laura versuchte vergeblich, dem prüfenden Blick ihrer Patentante auszuweichen. Doch wenn Cora erst einmal Witterung aufgenommen hatte, war sie wie ein Bluthund. »Ich weiß nicht genau«, räumte sie schließlich eher widerstrebend als bereitwillig ein. »Ich denke schon.«
»Du denkst?« Ihr Ton war herausfordernd, doch Laura wusste, dass es vor allem Sorge war, was ihre Patentante umtrieb. Sie saßen in einem der beiden gemütlichen Restaurants des Beau Rivage und aßen Seebarschfilet mit einer ausgezeichneten Kräutersoße.
»Mia hat gesagt, dass ich Fieber hatte.«
»Verdammt noch mal, ich habe doch geahnt, dass da etwas nicht stimmt!« Sie schlug mit der flachen Hand gegen den Tisch, dass die Gläser klirrten. »Sie ruft mich sonst nie an.«
Laura sah hoch. »Mia hat dich angerufen?«
Ihre Patentante nickte. »Am Dienstagabend. Sie hat gesagt, dass du mich leider nicht besuchen könntest, weil du die Grippe hast.«
»Und das hast du ihr geglaubt?«
»Natürlich nicht.« Cora verdrehte die Augen. »Nachdem sie angerufen hatte, habe ich mich sofort auf den Weg zum Herrenhaus gemacht, weil ich mit eigenen Augen sehen wollte, wie es dir geht. Aber deine verehrte Schwester hat mich nicht hereingelassen.« Der Ärger färbte ihre Stimme um einige Nuancen dunkler. »Sie hat die Haustür nur einen winzigen Spalt weit geöffnet und gesagt, dass du eingeschlafen seist und sie dich auf keinen Fall stören wolle.«
»Das war zwar furchtbar unhöflich von ihr, aber ganz sicher nicht böse gemeint«, beeilte sich Laura, sie zu beruhigen. Dieses Gespräch hatte eine gefährliche Richtung eingeschlagen, und das Letzte, was sie durfte, war, Coras Aufmerksamkeit auf ein Phänomen zu lenken, über das sie sich selbst noch nicht schlüssig war. »Ich muss mich erkältet haben«, fuhr sie fort. »Und es ging mir wirklich ziemlich dreckig. Wahrscheinlich hat Mia sich Sorgen gemacht und ist dabei übers Ziel hinausgeschossen.«
Die Miene ihrer Patentante war undurchdringlich.
»Tut mir leid, dass ich dir nicht selbst Bescheid geben konnte, aber dieser verdammte Infekt hat mich vollkommen aus der Bahn geworfen.« Laura kniff die Augen zusammen. Glaubte ihre Patentante, was sie ihr hier gerade erzählte? Glaubte sie es selbst? »Ich war zwei Tage komplett ausgeknockt.«
»Mit einem solchen Virus ist nicht zu spaßen«, entgegnete ihre Patentante sehr ernst. »Und ganz ehrlich, ich würde es für
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