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Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)

Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Blut von meinem Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Lyga
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wenn man ihn drückte, ließ er ein halbherziges Pfeifen hören. Connie zuckte mit den Achseln und legte ihn neben die Kassette auf den Boden.
    Sie öffnete einen der Plastikbeutel und entnahm ihm ein braunes Kuvert, das rund fünfzehn mal zwölf Zentimeter maß. Sie dachte in diesem Moment sogar: Vielleicht sollte ich ihn tatsächlich messen und mir für die Polizei Notizen machen. Doch dann wurde ihr klar, dass sie das Beweismittel bereits berührt und bewegt hatte. Tja. So viel zum Thema Spurensicherung.
    Beweismittel? Bis jetzt ist es nur wertloses Zeug, das im Garten vergraben war.
    Das Kuvert war nicht verknittert und fast flach, mit einer Metallklammer verschlossen, dann zugeklebt. Sie öffnete es so vorsichtig wie möglich und dachte an alte Krimiserien, wo es » den Leuten im Labor « gelang, DNA aus Kuvertlaschen zu ziehen und den Täter auf diese Weise zu identifizieren. Ihre Hände zitterten.
    Was tust du da, Connie? Ruf die Polizei! Auf der Stelle!
    Aber sie konnte nicht anders, sie löste den Verschluss des Kuverts und schüttelte den Inhalt in ihre Hand.
    Anthrax! , schrie ein primitiver Teil von ihr, aber alles, was in ihre Handfläche fiel, war ein Stapel Fotos.
    Es waren ein halbes Dutzend Bilder, mit immer drei Leuten darauf. Den Mann erkannte Connie sofort – es war Billy Dent. Er war jünger, aber das berüchtigte Grinsen und die durchdringenden Augen waren unverkennbar.
    Die Frau war ohne Frage Jazz’ Mutter. Es war ein Schock, sie zu sehen – sie kannte nur das eine Foto von ihr, das Jazz in seiner Brieftasche aufbewahrte und jetzt in sein Handy eingescannt hatte. Das einzige Bild, das Billys Säuberung von allem, was » Mom « gewesen war, vor neun Jahren überlebt hatte. Doch hier waren weitere Bilder von ihr.
    Auf dem obersten mit einem Baby im Arm.
    Connie musste das Foto nicht umdrehen, musste nicht JASPER – SIEBEN MONATE auf der Rückseite lesen, um zu wissen, dass sie etwas sah, was Jazz selbst nie gesehen hatte: seine Mutter, die ihn als Baby im Arm hielt. Jazz hatte eine kleine, feiste Babyfaust in den Mund gesteckt, und an seiner freien Hand baumelte ebenjene Spielzeugkrähe, die Connie gerade untersucht hatte. Babys erstes Spielzeug …
    Die übrigen Bilder zeigten Jazz fortlaufend von sieben bis fünfzehn Monate. Connie konnte nicht feststellen, ob es sich um besondere Anlässe handelte. Alle Fotos sahen in etwa gleich aus – Jazz’ Eltern und der kleine Jazz in verschiedenen Kombinationen. Auf einem Bild stand Jazz, die Arme in die Seiten gestemmt, in dieser betrunkenen Watschelganghaltung von Kleinkindern, die Eltern neben ihm in der Hocke, um ihn aufzufangen, falls er fiel. Es sah so normal aus, dass Connie schlagartig begriff, wie es Billy gelungen war, so viele Jahre lang nicht als Soziopath wahrgenommen zu werden. Er wirkte tatsächlich normal. Er wirkte einfach völlig normal.
    Jazz’ Mom sah … unglücklich aus. Auf den meisten Bildern machte sie einen irgendwie seltsamen Eindruck, als wäre sie unzufrieden oder geistesabwesend. Connie fragte sich, ob sie auf Medikamenten war – etwas Verschreibungspflichtiges vielleicht oder etwas, das man in der Apotheke jedenfalls nicht zusammen mit Tampons und Lutschbonbons einsteckte. Oder aber sie wusste schlicht, was ihr Mann war und was er tat, und sie konnte dieses Wissen nicht verbergen.
    Wie viele Menschen hatte Billy damals schon getötet? Glaubte sie, es würde besser werden, er würde aufhören? Wollte sie alles nicht wahrhaben?
    Und wer, überlegte sie plötzlich, hat diese Bilder gemacht?
    Wahrscheinlich Gramma. Wer sollte es sonst gewesen sein?
    Sie betrachtete die Bilder lange Zeit gründlich und hielt nach einem Hinweis Ausschau, nach einem Detail, das ein Licht auf ihre gegenwärtige Suche werfen konnte. Oder vielleicht etwas, das eine Bedeutung für Jazz haben würde, wenn er diese Fotos sah. Aber da war nichts. Kleidung und Einrichtung – die Fotos waren ohne Frage in dem Haus aufgenommen worden, das nur Meter von hier entfernt gestanden hatte – waren typisch für Ende der Neunziger. Nichts Besonderes.
    Wenigstens hatte Jazz jetzt weitere Bilder von seiner Mutter. Das war doch etwas, oder?
    Sie steckte die Fotos wieder in das Kuvert, verschloss dieses in dem Plastikbeutel und legte ihn neben die Krähe.
    Der Umschlag im zweiten Beutel war so dünn, dass sie glaubte, er müsse leer sein, aber als sie ihn öffnete, sah sie ein einzelnes Blatt Papier darin. Mit den Spitzen ihrer Fingernägel zog sie es

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