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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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Polizei.»
    «Arthur...»
    «Kategorisch nein. Hören Sie,
ich stimme mit Ihnen überein. Wir haben es hier mit jemandem zu tun, den man
ernst nehmen muß, mit jemandem, der geistig sehr gestört ist. Aber was hat er
bislang erreicht? Dieser Angriff von letzter Nacht war nicht darauf angelegt,
Sie zu verletzen, das haben Sie selbst gesagt. Und ein Eimer voll Blut hätte
Emma zwar schrecklich mitgenommen, aber getötet hätte es sie nicht! Und mein
Brief — was kann der schon groß schaden? Ich tendiere nicht zum Selbstmord.
Selbst wenn dem so wäre, bezweifle ich doch stark, daß ich wegen einem anonymen
Brief gleich durchgedreht wäre.
    Ich glaube, Sie kommen dem
Täter langsam näher, Michael. Sie wissen, wo Sie suchen müssen, wer das nächste
Opfer sein könnte. Sie werden auch ohne Polizei damit fertig, ohne Publicity.
Davon bin ich fest überzeugt.»
    «Mr. Darien.» Es war Karen
Snow. «Wir sind jetzt soweit. Wollen Sie mit der Szene weitermachen? Nur noch
fünfunddreißig Minuten bis zur Mittagspause.»
    «Ein ganzer Morgen vergeudet!»
Dariens Fingernägel gruben sich in seine Handflächen. «Versuchen wir,
wenigstens etwas zu retten. Spraggue. Der Scherzbold hat letzte Nacht genug
gewonnen. Er hat die Probe dieses Morgens ruiniert. Geben wir ihm nicht noch
mehr Befriedigung. Keine Publicity. Gehen wir einfach wieder an unsere Arbeit.»
    «Es ist Ihre Show, Arthur.»
    «Rufen Sie die Schauspieler für
den zweiten Akt, dritte Szene, Karen. Schnell!»
    Spraggue setzte sich in den
Zuschauerraum, dritte Reihe Mitte, um dort auf seinen Einsatz zu warten. Er
nickte Gregory Hudson zu, der sich vier Reihen weiter hinten zwischen Deirdre
und Georgina auf einem Sitz flegelte. Ein himmelschreiender Widerspruch: dieser
große, effeminierte Mann und immer von Frauen umgeben. Waren seine gezierte
Art, die hohe Stimme nur äußerliche Streiche der Natur?
    Die beiden Bräute Draculas
kicherten und tuschelten mit Harker, und ihr Lachen erreichte einen Höhepunkt,
als Caroline Ambrose, in einem schlichten, aber teuren schwarzen Kleid in den
Zuschauerraum kam und sich lässig neben Arthur Darien auf einen Platz in der
ersten Reihe fallen ließ.
    Die Szene begann. Die gesamte
Technik einschließlich Scheinwerfer, Musik und Geräuscheffekten kam zum
Einsatz. Die Nebelmaschinen summten leise. Blauer Nebel senkte sich über die felsige
Küste von Whitby in England. Musik spielte — elegische, lang nachklingende
Streichinstrumente, denen sich eine einsame Klarinette anschloß. Ein Wolf
heulte einen unheimlichen Diskant. Ein angenehmes Schaudern kroch über
Spraggues Rücken.
    Emma Healey tauchte auf der
höchsten Plattform in der Mitte der Bühne auf, die Augen weit aufgerissen und
leer, unnatürlich blaß im indigofarbenen Licht.
    «Auftritt Lady Macbeth,
wahnsinnig», flüsterte eine Stimme von hinten. Spraggue drehte sich um. Hudson.
Deirdre grinste und preßte eine Hand auf ihren Mund. Spraggue fragte sich:
Zitierte Hudson häufiger Macbeth ?
    Emmas Haar loderte um ihr
ovales Gesicht. Sie trug das gleiche, tief ausgeschnittene Trikot und dazu
einen langen Rock, um ihr das Gefühl des weiten Nachthemdes zu
vermitteln, das sie bei der Aufführung tragen würde. Sie streckte ihre Arme
einem unsichtbaren Wesen entgegen und sprach. Spraggue holte tief Luft.
    Ihre Stimme war dunkel und
kehlig, laut genug, auch noch im hintersten Winkel des Hauses gehört zu werden,
aber doch auch irgendwie intim. «Du hast mich gerufen, Meister», sagte sie,
machte eine kleine Pause vor dem letzten Wort. Ihre Vortragsweise war äußerst
sexy — ein Sonnenöl-Werbespot, der nur so troff vor Klasse. Spraggue hörte Greg
Hudsons Kommentar, mit dem er den Vampir um sein Glück beneidete. Stumm
pflichtete Spraggue ihm bei.
    In einem Windstoß hörte die
junge Lucy Westenra Draculas Antwort, tief und melodiös.
    «Komm näher!» verlangte die
Stimme, lockte und befahl zugleich. Spraggue suchte den Schauspieler. Seine
Stimme kam von überall, wurde von den Wänden reflektiert.
    Lucy-Emmas Stimme war voller
Verlangen und doch gleichzeitig ängstlich. «Näher zum Abgrund? Ich traue mich
nicht.»
    «Keine Angst, mein Kind, meine
Lucy. Ich werde dich beschützen. Du wirst kommen.»
    Langsam stieg die Frau die sich
windenden, felsigen Stufen hinab.
    «Nein!» Dariens Schrei
zerstörte die Atmosphäre. «Sieh nach oben, Emma. Nach oben! Konzentriere
dich auf das Bild des Vampirs, das du siehst.»
    «Ich habe aber Angst, daß ich
falle. Ich kenne die Stufen

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