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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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malen.
    «Und Emma ist hier, also kann
es nicht daran liegen. Sie ist nicht zufälligerweise mit dir gekommen, oder?»
    Spraggue schaute kurz auf. Das
in dem Auto letzte Nacht war Greg gewesen. «Nein», sagte er gelassen.
    Schritte hallten den steinernen
Korridor herunter, schnell, laut und wütend. Eine Tür wurde zugeschlagen,
aufgerissen und fest: wieder geschlossen. Greg verrenkte sich und lehnte sich
auf den Flur hinaus, drehte sich zurück zu Spraggue und lachte.
    «Dem dramatischen Auftritt nach zu urteilen», sagte er mit gehobenen Augenbrauen, «diesem majestätischen Schritt, der späten Stunde, würde ich sagen, daß soeben der große
Langford eingetrudelt ist. Und es klingt ganz so, als hätte auch er einen
Wutanfall!»
    Emma Healey, hübsch im
hellblauen Kostüm der unschuldigen Lucy, flitzte an der Tür vorbei.
    «Ach, die Liebe», murmelte Greg
Hudson, «oder sollte ich besser sagen: ‹Ach, die Lust›? Wunderbar, wie dieses
Weibsvolk zu seinem leidenden Mannsvolk eilt. Kaum hat Grayling eingeschnappt
die Bühne verlassen, wetzt die kleine Georgina auch schon los, um ihm in seinem
Exil Gesellschaft zu leisten. Ich glaube, ich werde auch mal einen Koller
kriegen und sehen, wer zu mir kommt... Deirdre ist viel zu groß und zu
verbissen... Eddie, tja, ein lieber Junge, aber so isoliert, so einsam. Und die
Inspizientin ist in ihn verknallt, meinst du nicht auch? Ich nehme nicht an,
daß du mir zu Hilfe kommen würdest. Aber ich bin nicht wählerisch. Ich würde
von jedem Trost akzeptieren, ausgenommen, glaube ich, von Caroline. Irgendwo
muß man einen Strich ziehen.»
    Das Pfeifen begann am Ende des
Korridors — tiefe, klagende Töne, keine bekannte Melodie.
    «Wer ist das?» fauchte Caroline,
deren schrille Stimme durch ihre geschlossene Garderobentür drang. «Sofort
aufhören!»
    «Das bedeutet Unglück.» Hudsons
Miene war ernst. «Unglück. Genau, was uns heute abend noch gefehlt hat.»
    «Du glaubst an so was?»
    «Nun, ich pfeife nicht in
meiner Garderobe, und ich zitiere auch nicht dieses gottverdammte schottische
Stück. Ich wünschte, jemand würde sofort mit diesem Pfeifen aufhören!»
Bei den letzten Worten hob er seine Stimme und brüllte sie den Korridor
hinunter.
    Das Pfeifen verstummte.
    Greg holte tief Luft. «Siehst
du? Diese kleine Episode hat Caroline aus der Fassung gebracht. Aber geht
jemand los, um unsere Lady zu beruhigen? Nicht der gute Eddie-Boy. Er hält sie
für eine räuberische alte Hexe. Du nicht. Ich nicht. So, wenn unser großartiger
Regisseur jetzt hier wäre, oder unser untersetzter Intendant, dann könntest du
eine völlig andere Geschichte erleben. Die kümmern sich. Wenn das hier nicht
Arthurs Stück wäre, dann wäre diese Frau nicht mal in die Nähe einer
Hauptrolle gekommen. Das verstehst du doch, oder? So besonders ist sie nämlich
nicht. Sie läßt sich von den anderen alles abnehmen — von Langford und Emma — ,
verdammt, sie bittet einen ja fast höflich darum, ihr doch bitte die
verdammte Szene zu stehlen...»
    Karen Snows klare Stimme
unterbrach Hudsons Ausbruch. «Alle in zwei Minuten in den Gemeinschaftsraum!
Zwei Minuten!»
    Massig Zeit. Dracula hatte
seinen Auftritt erst in der Mitte des ersten Aktes. Langford konnte sich noch
nach der Besprechung umziehen. Spraggue zog den Reißverschluß seiner
gestreiften Arzthose zu und warf sich die Jacke über, als er den Flur
hinabging.
    Trotz der Schminke und des
Puders wirkten die Schauspieler unnatürlich blaß. Deirdres Lippen bewegten sich
stumm; sie hatte Schwierigkeiten, sich an ihren Text zu erinnern. Georgina und
Gus Grayling standen etwas abseits, tuschelten vereint gegen den Rest der Welt.
Hudson sah sogar noch bleicher aus als in der Garderobe. Die Zecherei der
vergangenen Nacht oder eine Beschwerde aus jüngerer Zeit? Er war ein wenig
wacklig auf den Beinen.
    Darien trat unter dem höflichen
Applaus der Schauspieler ein. Caroline, deren Auftritt sorgfältig so getimt
war, daß sie unmittelbar dem Regisseur folgte, kam herein und gab Darien einen
herzlichen Kuß. Sie drückte seine Hand, während er sprach.
    Standardrede Nummer zwei des
Regisseurs: Vielen Dank für eure harte Arbeit; gebt heute abend euer Bestes.
    Spraggue hörte kaum zu. Er
behielt seine Kollegen im Blick. Emma Healey kam zu spät. John Langford tauchte
erst gar nicht auf.
    Die Versammlung dauerte nicht
lange. Spraggue kehrte in seine Garderobe zurück, band seine Krawatte und
puderte sein Make-up.
    Die Aufführung verstrich

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