Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
hatten.
Es hatte ihm zwar finstere Blicke und viel Geknurre von Leuten wie Kaetilmund und Onund eingebracht, aber Krähenbein hatte ihnen erklärt, es sei besser, erst mal herauszufinden, wie stark diese neuen Männer tatsächlich waren, ehe er sie auf Odin schwören ließ. Schließlich würden sie vermutlich auf alles schwören, sagte er, solange ihnen damit die Sklaverei in Irland erspart blieb. Es war ein Wunder, dass ihm bei dieser Lüge nicht sämtliche Zähne ausgefallen waren, aber er hatte sein strahlendstes Lächeln aufgesetzt, als die Männer einer nach dem anderen vor ihn traten und ihre Hände in seine legten.
Natürlich machte es ihm zu schaffen, dass er den Schwur auf Odin nicht verlangt hatte, es peinigte ihn wie ein juckender Insektenstich. Es war ein mächtiger Schwur, und es hatte kein Glück gebracht, ohne ihn zu fahren. Aber Krähenbein, sofern er überhaupt noch an Odin dachte, glaubte nicht, dass der Einäugige Macht über ihn hatte, genau wie er selbst keine Macht über die webenden Nornen hatte. Es waren die drei Schwestern, die blind im Dunkeln saßen, die eigentlich Krähenbeins Schicksal in den Händen hielten – davon war er überzeugt. Bisher hatten sie gut gewebt, und Eiriks Axt, die Tochter Odins, war ein besonders leuchtender Faden in ihrem Gewebe.
Mit dieser Axt, das wusste Krähenbein, würde er unter den Besiegten wählen können – er würde nicht der Zweite auf dem Schiff der Eingeschworenen sein, sondern der Erste auf seinem eigenen Schiff. Er war sich sicher, dass hier Odins Wille selbst mit eingewebt war, doch der Jarl Asgards konnte äußerst launisch sein – und zweifellos hatte sein Sohn Thor die roten Haare und das dazugehörige Temperament von seinem alten Herrn geerbt.
Weiße Gischtflocken wehten auf den schwarzen Kiesstrand, und die Männer hatten sich weiter nach oben in den Schutz der Felsen zurückgezogen. Feuer loderten auf, und die Männer, die drum herum saßen, plauderten oder brummten vor sich hin. Die einen sahen zum Himmel hinauf, wo der Mond nur gelegentlich hinter den Wolken hervortrat, andere schauten aufs Meer hinaus und überlegten, ob es regnen würde, und alle murrten, weil es kalt war. Die See war schwarzgrau, und die Wellen wälzten sich zum Strand hin wie träge Wale, und schließlich kam der Wunsch auf, zu den Häusern zu gehen, deren Licht man in der Ferne sah.
Krähenbein suchte nach Möwen, sah aber keine. Sie saßen alle geduckt in Felsspalten und schützendem Treibholz, also wusste er, dass es regnen würde. Hier, an der Südspitze der Insel, war der günstigste Ort, wenn der Wind das Meer hereindrückte, meinte Holzgucker, der froh war, dass er sie überhaupt alle sicher hierhergebracht hatte.
Krähenbein schlenderte unter den Männern umher und beruhigte sie, denn sie waren nervös wie Kühe bei Gewitter. Er kannte diese Männer inzwischen recht gut, es waren gewöhnliche Kämpfer, die man immer mit Beute bei Laune halten musste. Er sagte ihnen, das Kloster auf der Insel sei schon so oft überfallen worden, dass dort nichts mehr zu rauben übrig war, nicht einmal etwas zu essen. Wenn es anfinge zu regnen, würden sie alle in die Zellen der Mönche gehen, die wie Bienenkörbe aussahen, oder in den Gebäuden aus Holz und Stein Schutz finden, aber bequem würde es nicht sein, weil es eng wäre.
» Aber«, fuhr er fort, » bald wird es genug Beute für alle geben.«
Man hörte beifälliges Gemurmel, dann wandten sie sich wieder den Kochkesseln zu oder bewunderten ihre neuen Waffen, die ihnen ihr Retter überlassen hatte, dieser stolze Jüngling, der behauptete, ein Prinz zu sein. Onund beobachtete, wie er sich bald hier, bald da unter die Männer mischte, wobei immer wieder einzelne Ringe aus den rostigen Nieten seines Kettenhemds fielen und seine Zöpfe mit den eingeflochtenen Münzen ihm im Wind um den Kopf flogen. In der Dunkelheit sah er aus, als sei er einem alten Grabhügel entstiegen, und den Isländer überlief es kalt.
» Orm hatte recht«, sagte eine Stimme dicht an seinem Ohr, sodass er erschrocken einen Schritt zur Seite tat – es war nur Kaetilmund. » Er hat sich Sorgen gemacht, wie sich der Junge wohl entwickeln würde, wenn er erst mal zum Mann herangewachsen wäre«, fuhr er leise und bedächtig fort, und Onund nickte. Sie gingen an ihr Feuer zurück, wo die alten Eingeschworenen saßen und mit anhören mussten, wie Rovald keuchend mit dem Tode rang. Sie fragten sich inzwischen, ob sie bleiben oder zu Orm zurückgehen
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