Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
in die Hände, aber Erling boxte ihn gegen die Schulter und brachte ihn zum Schweigen. Gunhild schien es nicht bemerkt zu haben.
» Dann übernahm König Swegde den Thron und die Axt, aber ein schwarzer Dverg lockte ihn in den Runenstein, der auf seinem Ackerland stand, er verschwand und wurde nie wieder gesehen«, fuhr sie fort. Ihre Worte klangen, als webte sie einen dicken Teppich. » Dann kam Vanlande, der eine Samenfrau namens Driva beleidigte. Driva verfügte über starke Zauberkräfte und Vanlande starb, obwohl er mehrere Tagereisen von ihr entfernt war.«
Die Bewunderung in ihrer Stimme ließ Erling erschauern, und er schluckte trocken.
» Es folgten noch viele andere. Sie kamen um durch Verschwörungen rachedurstiger Frauen, die sie sich mit Gewalt genommen hatten, oder sie wurden von ihren Untertanen ermordet, weil eine Trockenheit oder Hungersnot der Beweis dafür war, dass die Götter sie verlassen hatten. König Dag bekam von einem Thrall eine Heugabel zwischen die Augen, ausgerechnet wegen eines Spatzen, um den sie sich gestritten hatten. Alrik und Eirik, zwei Brüder und große Reiter, stritten sich um Odins Tochter und schlugen sich mit ihrem eisernen Zaumzeug gegenseitig tot. König Jorund wurde auf Helgoland von Gylog gehenkt, als die Axt ihn im Stich ließ und er eine Schlacht verlor. Egil wurde von einem Stier getötet, der sich losriss, als er mit dieser Axt geopfert werden sollte.«
Sie schwieg. Es war ganz still, nur der ferne Gesang der Thrall stellte eine schwache Verbindung zu Licht und Wirklichkeit her.
» Sie alle hatten die Blutaxt angenommen«, sagte sie versonnen, » und sie machte sie zu Königen, und dann ließ die Axt sie alle im Stich, denn sie waren ihrer nicht würdig. Selbst mein Eirik nicht.«
» König Aun«, sagte Od. Es war, als hätte man einen Stein in einen stillen Teich geworfen, und Erling und Gudrod fuhren erschrocken zusammen. Von Gunhild hörte man ihr raschelndes Fledermauslachen.
» Du kluger, schöner Junge«, sagte sie schmeichelnd. » Ja, König Aun wurde mit der Axt alt. Dieser König war kein Krieger, und man kann sich keinen Mann vorstellen, der dieser Axt weniger würdig gewesen wäre. Doch er war gerissen und traf ein Abkommen mit Loki – der jetzt für die Christen der Teufel ist, vor dem sie sich alle fürchten – indem er ihm einen Sohn opferte, als Gegengabe für einen Biss von Iduns Apfel. Mit diesen Äpfeln bleiben die Götter jung, und ein einziger Biss schenkte Aun zehn weitere Lebensjahre. Neun von seinen zehn Söhnen wurden so auf einem Altarstein durch Odins Tochter geopfert, aber der letzte Sohn tötete stattdessen den Godi damit und flüchtete. Und Aun starb schließlich auch, aber zum Schluss sabberte er wie ein Kleinkind, er musste mit dem Löffel gefüttert werden, und alle, die um ihn waren, hassten ihn.«
» Ich nehme fünf Schiffe mit«, sagte Gudrod entschlossen, als sie geendet hatte. » Ich segle, ehe Bjarmland vom Eis eingeschlossen ist.«
Vielleicht schaffen wir es bis dorthin, dachte Erling ohne große Hoffnung, aber das Eis wird trotzdem kommen, und wahrscheinlich kommen wir dann nicht wieder heraus. Und das alles wegen einer Axt, die keinem ihrer Eigentümer etwas genutzt hat.
» Sechs Schiffe«, erwiderte Gunhild. » Denn ich komme auch mit.«
Einen Moment wagte keiner zu sprechen, dann seufzte Gudrod.
» Es ist weit und kalt und gefährlich«, sagte er. » Wir werden im Norden überwintern müssen. Wenn wir Glück haben, schaffen wir es bis nach Gjesvaer, und das ist selbst im Sommer ein schreckliches Loch. Hakon von Norwegen sucht vielleicht auch nach der Axt, denn ich glaube, dieser Mönch ist nach Norwegen gegangen. Außerdem wirst du ein halbes Jahr in Dunkelheit ertragen müssen.«
Lange Dunkelheit ist keine Entbehrung für jemanden wie Gunhild, dachte Erling. Sie trat wieder vor, und ihr Gesicht tauchte erneut im trüben Licht der Öllampe auf. Ihre Augen schienen nur noch wie Höhlen im Schädel zu sein, und erneut durchfuhr Erling ein Schreck, denn wieder hatte er ein Gefühl, als könne sie seine Gedanken lesen.
» Dieser Priester hat einen klugen Plan«, sagte Gunhild, und jetzt war ihre Stimme scharf wie eine Schiffsaxt. » Da wir gerade von Mönchen sprechen – du hast den auf Iona nicht zufällig umgebracht? Ich meine den, der für dich gelesen hat.«
Gudrod wand sich etwas, dann breitete er die Hände aus.
» Dann hätte ich ja alle umbringen müssen …«, fing er an, doch seine Mutter schnalzte
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