Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
haben die Blutaxt.«
» Hatten sie einen Christenpriester dabei?«, wollte Orm wissen. » Mit einem verkrüppelten Fuß, ein kleiner Mann, der aussieht wie ein Toter, den man wieder ausgegraben hat?«
» Ja, so einer war dabei … Ruhig, ganz ruhig«, sagte sie, Letzteres galt den Samen, die beim Beten des Priesters unruhig geworden waren, weil sie dachten, es handle sich um Zaubersprüche. Sie hielt beschwichtigend ihre Hände mit den Handflächen nach unten, und die felltragenden Krieger ließen sich auf ein Knie nieder und scharten sich schützend um sie.
» Die Axt gehört mir«, erklärte Krähenbein und kniff die Augen zusammen. Die Frau nickte, als habe sie das bereits gewusst.
» Sancta Maria, Mater Dei, ora pro nobis peccatoribus, nunc et in hora mortis nostrae …«
» Bei Thors haarigem Arsch, Priester, halt doch endlich mal dein Maul«, brüllte Finn.
» Amen«, sagte Adalbert. Finn sah die Frau von der Seite an.
» Ich wollte dem Donnergott gegenüber nicht respektlos sein«, fügte er hastig hinzu, und sie lächelte.
» Es ist kalt«, sagte die Frau, » ich gehe jetzt ans Feuer. Wenn ihr so weit seid, dass ihr reden wollt, kommt dort zu mir.«
Sie wandte sich um und ging davon, selbstbewusst und mit festem Schritt, wobei sie im Vorbeigehen ihre samischen Krieger berührte, die aufstanden und ihr folgten.
» Du kennst also diese Thorgerth, Sänger«, sagte Orm. Gjallandi riss sich von dem Anblick der Frau los, nickte und fuhr sich mit der Zunge über die dicken Lippen.
» Sie war die Braut von König Helgi von Helgoland«, sagte er. Dann schüttelte er den Kopf. » Nein, eigentlich kann das nicht sein, denn das war vor ewig langer Zeit, noch vor den Großvätern unserer Großväter.«
» Vielleicht ist sie ja so alt«, murmelte Finn und machte ein Abwehrzeichen. » Sie sieht aus wie das letzte Blatt eines langen Herbstes.«
» Höchstwahrscheinlich handelt es sich um eine Schwesternschaft«, vermutete Adalbert, » von denen sie die Letzte ist. Die haben alle denselben Namen.«
» Du meinst, wie die Nonnen bei den Christen?«
Adalbert gefiel dieser Vergleich nicht, und er zuckte die Schultern.
» Ich habe solche Nonnen gesehen, in der Großen Stadt, aber auch anderswo. Ein Schwesternorden. Dort hießen alle Maria.«
» Das ist nicht dasselbe wie bei diesen Heiden hier«, beharrte Adalbert.
» Eine Schwesternschaft? Also glaubst du nicht, dass jemand so alt werden kann, Christenpriester?«, fragte Orm. » Und was ist mit dem Mann in eurem heiligen Buch – Methu… irgendwas?«
» Methusalem«, erwiderte Adalbert ruhig, » Sohn des Enoch, Vater des Lamech. Er wurde alt, aber er war auch ein Erwählter Gottes.«
» Und das ist diese Hexe jedenfalls nicht«, unterbrach eine raue Stimme, und alles drehte sich um und sah Finn, der hinter der samischen Göttin hersah. Er wandte sich an Adalbert. » Neunhundertneunundsechzig Jahre war er alt, als er starb«, brummte er. Dann sah er in die überraschten Gesichter der Umstehenden. » Was seht ihr mich so an? Man kann nicht jahrelang in der Großen Stadt leben, ohne das eine oder andere aufzuschnappen«, sagte er trotzig. » Die Sage von diesem Christen hat mir eine armenische Hure erzählt. Aber das ist alles nebensächlich. Die eigentliche Frage ist, was wir jetzt machen. Martin, diese elende Ratte, hatte offenbar einen Plan, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie der ausgesehen haben könnte. Es sei denn, er wollte nur, dass wir hier stranden, umgeben von Samen und ohne Ausweg. Dann wäre es ein ganz guter Plan.«
» Er hatte einen sehr gerissenen Plan«, sagte Orm mit grimmigem Gesicht. » Ich glaube, er hatte ein regelrechtes Nornengewebe im Kopf, aber Martin ist eben doch nicht so schlau wie diese blinden Schwestern. Vermutlich ist die Sache unter seinen Händen ein bisschen schiefgegangen.«
Nachdenklich starrte er vor sich hin, und es war, als spreche er zu sich selbst.
» Gudrod hätte noch hier sein sollen bei unserem Eintreffen. Dafür sollten Hakons Leute sorgen. Dann hätten wir uns alle gegenseitig umbringen sollen, worauf Martin die Toten ausplündern und sich vor allem das nehmen wollte, was ihm am wichtigsten war. Dumm gelaufen, kleiner Priester – aber trotzdem haben in dieser Unternehmung viele brave Nordmänner ihr Leben gelassen, und dafür wirst du dich verantworten müssen.«
» Wo ist die Axt?«, wollte Krähenbein wissen, und Orm sah ihn an und zuckte die Schultern.
» Wenn sie überhaupt
Weitere Kostenlose Bücher