Blutaxt: Die Eingeschworenen 5 - Roman (German Edition)
rief die gelbe Hündin bei dem Namen zurück, den er ihr gegeben hatte – Vigi. Doch schließlich musste er sie beim Nackenfell packen, damit sie abließ, es war nicht gut, diese Toten von einem Hund noch weiter misshandeln zu lassen.
» Diejenigen, die sie gekannt haben, würden das gar nicht lustig finden«, sagte er ernst.
» Da hast du recht«, sagte Orm, und einen Augenblick lang war wieder die alte Wärme zwischen ihnen da. Finn und Murrough knieten sich hin und untersuchten die grausigen Schädel, als handle es sich um auserlesene Töpferwaren. Bergliot trat hinzu und schlug entsetzt eine Hand vor den Mund. Finn sah sie an.
» Du solltest zurückgehen, Weib«, brummte er. » Das hier ist kein Ort für dich.«
» Die Nornen haben sie in diese Sage mit eingewebt«, widersprach Krähenbein schroff. » Sollen die das doch wieder aufdröseln.«
» Weiter«, drängte Orm, um zu verhindern, dass ihre Wachsamkeit nachließ. Vorsichtig wie Schafe, die einen Wolf wittern, ließen sie die winselnden Schädel zurück und drangen an rauchenden Tümpeln vorbei durch die letzten Rauchschleier. Dann hörte das blendende Weiß plötzlich auf. Eine Wohltat für die Augen. Vor ihnen lag, umgeben von unüberwindlichen Bergkämmen, eine kleine Talsenke mit einer grünen Sommerwiese. Nach allem, was sie durchgemacht hatten, kam es den Männern vor, als hätten sie eine nackte Jungfrau auf einem Haufen Gold entdeckt.
Es war warm hier und das Gras so weich wie Fuchspelz. Es standen einige Laubbäume da, die jetzt kahl waren, aber die Äste der immergrünen Nadelbäume erzitterten in dem ständigen warmen Wind wie der Bauch eines reichen Mannes.
Unter einem dieser Bäume stieg Rauch auf, und jetzt erhoben sich dort Männer in Tierfellen und packten ihre Speere, und einen Augenblick schien die Situation bedrohlich. Doch dann hörte man, wie eine Frauenstimme etwas sagte, und die Tiermenschen legten sich nieder wie gehorsame Hunde.
Krähenbein war es plötzlich, als hätte ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt und ihm den Atem genommen. Hass und Furcht stiegen in ihm hoch, und ihm war speiübel, doch er riss sich zusammen. Orm sah ihn verwundert und besorgt an.
» Gunhild«, brachte er mühsam heraus, und Orm riss die Augen auf. Er sah näher hin, dann schüttelte er den Kopf.
» Nein, nicht Gunhild, Junge«, sagte er. » Das hier ist eine andere Hexe.«
Krähenbein, noch immer zweifelnd, merkte gar nicht, dass er sich vorwärts bewegte. Die letzten Schritte bis zu ihr hin waren so mühsam, als durchquere er mit eisernen Schuhen einen Sumpf.
Kapitel 14
Surman Suuhun
Sie sagte, sie heiße Thorgerth Hölgabruth, und als Gjallandi diesen Namen hörte, wurde er blass, denn er kannte ihn gut. Orm wusste nur, dass es irgendwie der Name einer Braut war und von einem gewissen Seidr umgeben – aber Thors Name war darin enthalten, und von diesem gerissenen Rotschopf stammten eigentlich keine Hexen ab.
Krähenbein war egal, was ihr Name bedeutete, auf jeden Fall war sie nicht Gunhild, das war für ihn die Hauptsache. O ja, auch die hier hatte ebenfalls einen Mund wie ein Katzenarsch, und ihre Haut glich weich gekautem Rentierleder, aber sie war größer und schlanker, alt und jung zugleich, mit neugierigen Augen, die so blau waren wie altes Eis und ihn unverwandt ansahen.
» Ihr hütet eine Axt, Frau«, brachte Krähenbein schließlich heraus, wobei er sich bemühte, so höflich wie möglich zu sein, denn Klaenger war sogar auf die Knie gefallen. Adalbert allerdings tat das genaue Gegenteil, er blieb stocksteif stehen, reckte trotzig das Kinn vor und bekreuzigte sich bei jeder Gelegenheit.
Sie ignorierte das alles, während ihre samischen Wachhunde vorsorglich ausschwärmten.
» Das tat ich«, erwiderte sie. Ihre Stimme war brüchig wie ein gesprungener Topf und ihr Nordisch klang eingerostet, sie hatte es lange nicht gebraucht. » Aber eine weise Frau hat sie geholt. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob sie wirklich so weise war, denn sie hat sie vor langer Zeit schon einmal geholt, und die Axt hatte ihren Mann und alle ihre Söhne getötet, bis auf einen. Jetzt will sie sie für diesen letzten.«
» Ave Maria, gratia plena«, fing Adalbert an zu beten, er hatte die Augen geschlossen und das Gesicht erhoben. » Dominus tecum, benedicta tu in mulieribus, et benedictus fructus ventris tui, Jesus.«
» Also hat Erling die Wahrheit gesprochen«, stellte Krähenbein enttäuscht fest, » und Gunhild und ihr Sohn
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