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Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Blutbahn - Palzkis sechster Fall

Titel: Blutbahn - Palzkis sechster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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sagte Michael zu mir. Hast du das wirklich so befohlen?«
    »Na ja, nicht so direkt«, meinte
ich bagatellisierend. »Aber stell dir mal vor, der Mörder würde wieder zuschlagen
und wir hätten keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen.«
    »Das ist aber ein Haus und keine
S-Bahn. Egal, in eineinhalb Stunden werde ich abgelöst. Apropos, könnte ich mich
mal kurz in die Büsche schlagen? Das Weizenbier treibt wie die Wutz.«
    Ich ließ ihn ziehen und setzte mich
auf die Papiertonne. Sofort fing es an, mich zu frösteln. Seltsam war es hier, dunkel,
unangenehm, ja richtig unheimlich. Der bewölkte Himmel ließ kein Mondlicht durch,
auch das Haus schien wie ausgestorben. Die Büsche raschelten im Wind, kein Vogel
war zu hören, von menschlichen Geräuschen ganz zu schweigen. Wo der Fritz nur so
lange blieb? Gefühlsmäßig war er seit zehn Minuten verschwunden, meine Armbanduhr
zeigte mir dagegen realistische 30 Sekunden. Wie sollte das jemand zwei Stunden
aushalten? Ein Horrorfilm ohne Handlung, ja, genau so wirkte die Szene auf mich.
Sie hatte alle Zutaten eines Horrorfilms, nur halt ohne Personen. Ich hörte das
Knacken eines Zweiges, und gleich darauf zum zweiten Mal. Doch der Weg war leer,
keine Spur von Fritz. Das Gefühl, dass irgendjemand in der Nähe sein musste, wurde
in mir immer mächtiger. Mist, wie konnte ich mich nur so reinsteigern? Die Kollegen
würden lachen, wenn Sie mich so sehen würden. Trotz Kälte war ich binnen einer Minute
klatschnass geschwitzt. Jetzt kam noch eine Panikattacke hinzu. Das hatte ich bisher
nie. Sollte ich weglaufen? Ich drehte mich hektisch nach allen Seiten um. Niemand
da. Nur die Natur, die mir mit ihren Kapriolen einen Streich spielte. Noch eine
Minute würde ich warten und dann den Fritz suchen. Vielleicht war ihm etwas passiert?
Da war es wieder, dieses Knacken. Deutlicher als vorhin, näher, direkter. Und es
kam von hinten. Ich drehte mich um, ich wollte mich vielmehr umdrehen. Nur mit dem
Kopf hatte ich es beinahe geschafft. Dann sah ich, wie der breite Prügel auf mich
niedersauste und mir wurde schwarz vor Augen.
     
    *
     
    »Oh, oh, das sieht nicht gut aus.«
    Dies waren die ersten Worte, die
ich vernahm. Sie schienen aus endloser Entfernung zu mir zu dringen. Irgendjemand
hob meine Hand. Mühsam gelang es mir, die Augen einen Spaltbreit zu öffnen. Eine
zähflüssige Masse hatte mir die Wimpern verklebt. Meine Pupillen hatten trotz allem
genügend Freiraum, um die Person, die sich gerade über mich beugte, zu erkennen.
    »Herr Palzki, da sind Sie ja wieder.
Mannomann, müssen Sie einen Elefantenschädel haben. Andere wären mit dem Loch stundenlang
außer Gefecht gesetzt. Soll ich Ihnen gleich einen Katheter setzen? Oder wollen
wir warten, bis ein Arzt kommt? Also einen Arzt, der Ihrer Krankenkasse genehm ist.
Ich kann das selbstverständlich auch, nur müsste ich privat abrechnen.«
    Das eklige Frankensteinlachen, das
nun folgte, hätte mich fast wieder in eine erlösende Ohnmacht zurückgebracht.
    »Ich habe Ihre Wunde provisorisch
mit Mull abgedeckt«, fuhr Doktor Metzger fort. »Ist zwar preisgünstige Secondhand-Ware,
aber besser als nichts. Außerdem tropft es damit nicht so eklig auf den Weg.«
    »Was ist passiert? Wo bin ich?«
    Das waren meine ersten Worte, die
ich nur mühsam herausquetschen konnte.
    »Oh, oh, der Herr Palzki hat einen
Gedächtnisverlust. Das ist jetzt etwas blöd, für ambulante Hirnoperationen bin ich
im Moment nicht gerüstet. Wenn ich das vorher gewusst hätte –«
    Langsam kam meine Orientierung zurück.
Ich lag auf dem Pflaster neben der Altpapiertonne. Es war dunkel, also dürfte es
sich um dieselbe Nacht handeln. Metzger saß neben mir auf dem Boden und wühlte in
einer Tasche. Ich musste reagieren, bevor er mir eine mit was auch immer gefüllte
Spritze verpasste. Im Hintergrund sah ich Fritz auf uns zukommen.
    »Herr Doktor Metzger, wir können
im Moment keinen anderen Arzt erreichen. Die scheinen alle irgendwo Fastnacht zu
feiern.«
    In diesem Moment erkannte er, dass
ich wieder bei Bewusstsein war.
    »Reiner ist ja schon wieder wach.
Dann kann’s ja nicht so schlimm sein. Kommen Sie notfalls alleine zurecht, Herr
Doktor Metzger?«
    Metzger grunzte wie ein Ferkel,
zog eine seiner überreifen Bananen aus dem Kittel und antwortete: »Alles unter einer
Stunde Bewusstlosigkeit gilt als leicht verletzt. Das könnte genauso gut einer meiner
Praktikanten übernehmen. Aber abends darf ich die nicht mehr beschäftigen. Die

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