Blutberg - Kriminalroman
dieser Nacht war aber total verrücktes Wetter, überhaupt keine Sicht, schwärzeste Finsternis, und da oben gibt es, soweit ich weiß, überhaupt keine Beleuchtung. So eine Spalte findet man nicht so mir nichts, dir nichts, würde ich meinen, und niemand hat bislang eine Aussage gemacht, dass er da in der Nacht einen Pressluftbohrer gehört hat, oder was auch immer sie dazu verwenden, um solche Löcher zu bohren. Also ich sehe nicht, wie das zusammenpassen soll, ich glaub einfach nicht, dass jemand mitten in der Nacht dorthin gefahren ist, eine Sprengladung präzise am richtigen Ort angebracht hat, ihnen morgens nachgefahren ist und gezündet hat, als sie an Ort und Stelle waren, verstehst du?«
»Sondern was?«, fragte Stefán. »Was ist dann passiert?« »Ich weiß es nicht«, sagte Árni achselzuckend. »Du hast gesagt, dass wir so lange von einer Sprengung ausgehen sollten, bis sich etwas anderes herausstellt. Wenn wir uns aber einfach nur den Zeitrahmen und die Umstände vor Augen führen, ist das dann nicht so gut wie ausgeschlossen? Ich meine, da gab es Spalten, und vielleicht waren sie tiefer, als die Leute gedacht haben, das Gestein instabiler, als sie erwartet hatten, und all das, wovon Ásmundur in seinem Brief spricht und was andere uns ebenfalls versucht haben zu erklären. Das Gestein gab nach, der Erdrutsch ging los, und sie wurden darunter begraben. Weshalb bist du so sicher, dass es sich um eine Explosion gehandelt hat?«
»Fertig?«, fragte Stefán.
»Ich bin fertig«, sagte Árni, der feuerrot geworden war.
Dieser lange Diskussionsbeitrag hatte ihn einige Mühe gekostet, aber er war angebracht gewesen.
»Hm«, sagte Stefán, »na schön, das ist natürlich eine sehr berechtigte Frage, das gebe ich zu. Und ich weiß auch nicht genau, was ich dir darauf antworten soll. Oder euch, ihr habt vielleicht alle darüber nachgedacht?« Keiner sagte etwas, doch die Antwort lag nichtsdestotrotz in der Luft.
Stefán kratzte sich unter dem Kinn, rückte die Kappe zurecht und stützte sich mit gefalteten Pranken auf die Ellbogen. »Also«, fuhr er fort, »da ist zunächst einmal der Arbeitsschutz. Mit denen habe ich gestern und heute geredet. Die untersuchen das immer noch. Könnte sowohl Sprengung als auch Bergsturz sein.«
Árni öffnete den Mund, doch Stefán bedeutete ihm zu schweigen.
»Und zum anderen ist da der Hund. Könnte eine Explosion sein, könnte ein natürlicher Erdrutsch sein, er hat keine Ahnung. Mit anderen Worten, da ist nichts, was darauf hindeutet, dass es unbedingt eine Sprengung gewesen sein muss, das stimmt so weit. Aber …« Er hob die Hand und begann, an den Fingern abzuzählen. »Erstens, in Reykjavík liegt ein Mann auf der Intensivstation, der eine Explosion gehört zu haben glaubt, kurz bevor er unter den Brocken begraben wurde. Zweitens, es fehlen achtzehn Kilo Dynamit. Drittens, uns liegt ein Brief von einem Mann vor, der von dem Grat wusste und es für wenig wahrscheinlich hielt, dass er einstürzen würde, obwohl er die Möglichkeit einräumte. Und dieser Mann, Ásmundur Arason, hatte viertens eine vieljährige untadelige Laufbahn als Sicherheitsbeauftragter hinter sich.«
Er sah sie einen nach dem anderen an, bevor er den Daumen hob. »Und fünftens - ich weiß, dass ich das vielleicht schon gleich zu Anfang hätte sagen sollen -, fünftens war
ich vor langer Zeit mit Ásmundur Arason befreundet, und einen zuverlässigeren Zeitgenossen kenne ich nicht. Deswegen tendiere ich dazu, ihn ernst zu nehmen. Okay?« Er legte die Hände wieder übereinander und räusperte sich. »Das sind wie gesagt die Hauptgründe dafür, dass ich mich immer noch daran halte, dass dort eine Sprengung erfolgt ist. Vielleicht irre ich mich, das kann durchaus sein. Aber in Anbetracht der Informationen, die uns über einige der Opfer vorliegen, ist die These wohl nicht zu weit hergeholt, dass jemand von ihrem Tod profitiert, oder?«
Sie kauten eine Weile daran herum, bis Guðni das Schweigen brach, seinen Hosenbund losließ und sich einen neuen Stumpen aus der Brusttasche fischte, um darauf herumzukauen.
» Allright «, sagte er, »sagen wir also, dass es eine Sprengung war. Und ja, okay, einige von den Opfern hatten vielleicht hier Feinde, denen es in den Fingern juckte, sie abzumurksen. Und zumindest einer von ihnen hatte es auch wirklich verdient, wenn er nicht tot wäre, würde ich ihn eigenhändig massakrieren wollen. Trotzdem glaube ich aber, dass der Junge recht hat, wir müssen der
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