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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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isländischen Geschichte gekämpft hatten. Und sie waren sich auch darin einig, dass ein wichtiger Punkt in diesem Kampf darin bestand, sämtliches Misstrauen und sämtliche Gerüchte bereits im Keim zu ersticken, um gegenseitige Anschuldigungen und Schlammschlachten zu vermeiden. Das, so hatten die beiden entschieden, sei am besten durch die enge Zusammenarbeit von beiden Unternehmen garantiert, aber nicht auch zuletzt dadurch, Fakten offen auf den Tisch zu legen, sobald sie vorlagen. Und von denen gab es bereits einige.
    Zwei Vertreter vom Arbeitsschutzamt hatten ihr Kommen mit einem Hubschrauber der Küstenwache angekündigt, der dann auch die Verletzten nach Reykjavík bringen sollte, sobald das Wetter dies zuließ. Ebenso ging man davon aus, dass die Schneepflüge in den nächsten Stunden durchkommen würden, und in ihrem Gefolge die Polizei aus Egilsstaðir. Auch die Medien waren unterwegs zum Schauplatz und bombardierten bereits jetzt diverse Leute in Kárahnjúkar mit Anrufen
und E-Mails. Deswegen war es wichtig, von Anfang an eine klare Linie zu führen.
    Matthías räusperte sich: »Vell, nau ju hev in front off ju se list of se … se … dedd.« Er wurde rot, wohl wissend, dass das nicht sonderlich gut geklungen hatte. Er räusperte sich wieder. »Also, yes, hier …« Es brauchte seine Zeit, er verhaspelte sich wieder und wieder, zögerte und suchte nach Worten und Unterstützung bei den Anwesenden. Doch schließlich gelang es ihm, das zu sagen, was er sagen wollte, und niemand drängte ihn, niemand kicherte, runzelte die Stirn oder legte irgendwelche Anzeichen von Ungeduld an den Tag. »Am Abend zuvor«, sagte er, »kamen Johan Norling und Wolfgang Haase nach Kárahnjúkar …«
     
    »Mein lieber Viktor, ich glaube, dass wir heute genug für unser Geld getan haben«, erklärte Björg, nachdem sie den Schwerverletzten zugedeckt und seinen Kopf auf dem Kissen zurechtgelegt hatte. Sie war als Krankenschwester in Kárahnjúkar tätig, hatte erst vor kurzem ihre Ausbildung beendet und war froh gewesen, dass sich ihr eine so gut bezahlte Arbeit wie diese geboten hatte, noch bevor sie mit dem Studium fertig gewesen war. »Er ist dem Tod noch mal von der Schippe gesprungen, der Ärmste, wer auch immer er sein mag«, fügte sie hinzu. Die Wortwahl erinnerte eher an eine bejahrte Frau aus Nordisland als an ein junges Mädchen aus Reykjavíks Westend, trotzdem klang der Satz vollkommen natürlich aus ihrem Mund.
    »Ja, auf jeden Fall fürs Erste«, stimmte Viktor mit ein wenig zittriger Stimme zu. »Aber auch der andere«, sagte er, nickte in Richtung des jungen Mannes, dem bei den Rettungsarbeiten ein Felsbrocken das Bein zerschmettert hatte, und ließ sich auf einen Stuhl fallen. Seiner Meinung nach war es das reinste Wunder, dass der Portugiese nach all diesen Stunden
unter den Geröllmassen überhaupt noch am Leben war; es stand sogar so gut wie fest, dass er praktisch die ganze Zeit bei Bewusstsein gewesen sein musste und sich trotz des zersplitterten Knöchels bewegt hatte, denn sonst hätte die Kälte das besorgt, wovor ihn der Erdrutsch auf so unglaubliche und unbegreifliche Weise verschont hatte.
    »Aber er muss in ein richtiges Krankenhaus, wenn er die Nacht überleben soll«, sagte er. »Ist denn immer noch kein Ende mit dem verrückten Wetter abzusehen?«
    Björg schüttelte den Kopf. »Der Wind hat ein bisschen nachgelassen, aber nicht viel«, sagte sie und klopfte ihm auf den Rücken. »Der wird das schon überleben, versuch jetzt, dich ein bisschen zu entspannen. Möchtest du einen Kaffee?«
    Viktor nickte. »Unbedingt. Und, Björg …«
    »Ja?«
    »Danke.«
    »Danke gleichfalls.« Sie verpasste ihm einen sanften Kuss auf die Wange. »Und jetzt setz ich den Kaffee auf, ich brauche ebenfalls dringend einen.«
    Viktor war froh, als sie hinausgegangen war. Er brauchte Zeit für sich selber. Björg hatte zwar recht, die Operation als solche war gut verlaufen, aber er war sich absolut nicht sicher, ob er alles richtig gemacht hatte. Von dergleichen Eingriffen war in seiner Arbeitsbeschreibung keine Rede gewesen, und das hier war eine Erfahrung, auf die er durchaus hätte verzichten können.
    Die Nasenspitze war ohne sein Zutun abgebrochen, und er hatte sich nicht getraut, die Erfrierungen an Schläfenbeinen und Ohren gründlich zu behandeln, sondern nur sehr vorsichtig obere Schichten abgeschabt, bis er ein Gewebe erreichte, das ihm noch unversehrt zu sein schien. Er hatte aber drei Finger der rechten

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