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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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alles vor sich - nur keine helle und sorglose Zukunft. Er riss die Tür zur Krankenstation auf und klopfte sich den Schnee ab.
    »Hi«, rief Björg aus der Rezeption, »möchtest du einen Kaffee?«
     
    »Okay«, sagte Guðni, der sich von seiner Schlappe erholt zu haben schien und wieder in der Offensive war. »Soweit Björn. Und jetzt zu Halldór. Halldór Valdimarsson. Er hat mehr getan, als sich wegen Beton und anderem Quatsch mit den Spaghettifressern anzulegen, das kann ich euch sagen. Er hat
nämlich mit der Alten des Obermafioso rumgemacht, mit der Frau von Don Ricardo.« Er setzte sich mit selbstzufriedener Miene zurecht. »Es sind schon Leute aus geringerem Anlass umgebracht worden.«
     
    Ricardo und Matthías saßen in Ricardos Büro und warteten. Abgesehen von den notwendigen Tätigkeiten in den Kantinen und Büros lag die gesamte Arbeit danieder. Über zwanzig Personen, die meisten Isländer und Portugiesen, waren bereits aus unklaren Gründen festgenommen und in der nicht beheizten Lagerhalle eingesperrt worden, die zuvor als Leichenhaus gedient hatte. Die beiden waren sich darin einig, dass es so nicht weitergehen könne, aber nach unzähligen Telefonaten und Gesprächen mit den übergeordneten Stellen und den Behörden war ihnen klar geworden, dass sie gar nichts unternehmen konnten. Matthías war auf den Beinen gewesen, seit ihn die Kriminalbeamten aus Reykjavík am Tag zuvor mit der Nachricht von dem Anschlag aus dem Bett geholt hatten. Erfolglos hatte er versucht, den Chef des SEK zur Vernunft zu bringen, der gelinde gesagt im Begriff war, das ganze Werksgelände auf den Kopf zu stellen. Er hatte auch mit Friðrik Sophusson, dem Generaldirektor der National Power Company, gesprochen, der sich in Egilsstaðir befand und sich auf den Weg nach Kárahnjúkar machen würde, sobald die Straße geräumt worden war. Der hatte es rundheraus abgelehnt, seine politischen Beziehungen spielen zu lassen, um Einfluss auf die Aktionen des SEK zu nehmen.
    Die anderen, mit denen sie gesprochen hatten, waren ebenso ratlos gewesen wie sie selbst. Es blieb nichts anderes als abzuwarten.
    »Deine Leute in Italien«, sagte Matthías, um irgendetwas zu sagen, »was meinen die dazu?«

    »Sie sagen, dass es nicht unser Problem ist. Sie sagen auch, dass ihr und die Bullen hier nicht richtig tickt. Dass das nur ein kleines Explosiönchen gewesen ist, niemand tot, bloß geringfügiger Sachschaden. Sozusagen fast gar nichts. Sie sagen, dass ihr - wie drückt man das noch aus? - viel zu mimosenhaft seid und das viel zu ernst nehmt. Und sie gehen davon aus, dass sich die veranschlagte Projektzeit um die Zeit dieses Arbeitsstopps verlängert. Wir wollen weitermachen, die Verzögerung geht nicht auf unser Konto, sagen sie. Deswegen entfallen Regressansprüche. Das sagen sie.« Er lächelte breit, und Matthías nickte zustimmend.
    »Nun ja, das überlassen wir den Juristen«, sagte er, »ich habe jedenfalls nicht vor, mich damit herumzuschlagen. Aber wie denkst du persönlich über das Ganze? Die Brücke, den Bergsturz und das ganze verdammte Theater?«
    Ricardo lehnte sich über seinen Schreibtisch, die Hände gefaltet und die Schultern bis zu den Ohren hochgezogen. »Ich finde es grauenvoll«, erklärte er. »Alles. Den Erdrutsch, die Brücke, diesen Ort, dieses Land, das Wetter. Grauenvoll.« Er lehnte sich wieder zurück. »Deswegen höre ich auf. Ich hab es ihnen heute Morgen mitgeteilt, und sie haben zugestimmt.«
    »Was sagst du da, du hörst auf? Wann?«
    »In einer Woche - puff - bin ich weg«, sagte Ricardo und gestikulierte mit sorgfältig manikürten Händen.
    »Und was wirst du machen? Du bleibst aber bei Impregilo, oder?«
    »Nein, so großzügig sind die nicht. Sie haben mich vor die Alternative gestellt - entweder hierbleiben oder ganz aufhören. Das war keine schwierige Wahl. Aber ich mache mir keine Sorgen, ich finde schon irgendwo Arbeit. Hoffentlich in Italien. Oder zumindest irgendwo, wo die Sonne jeden Tag aufgeht und Wein weniger kostet als Wasser.«

    Matthías kratzte sich unauffällig in der Leistengegend. Es war heiß in dem Büro, und in seiner warmen Unterwäsche war er ins Schwitzen geraten. Die Büros der Italiener waren total überheizt, fand er. Auch die Wohnungen. Seltsame Angewohnheit, aber ihnen setzte wohl die Kälte zu. Ricardos Ankündigung hatte ihn überrascht. Sie waren gut miteinander ausgekommen, auch wenn es Querelen bei ihren Untergebenen gegeben hatte, und er hatte nie den Eindruck

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