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Blutberg - Kriminalroman

Blutberg - Kriminalroman

Titel: Blutberg - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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gehabt, dass Ricardo unzufrieden mit seiner Tätigkeit in Kárahnjúkar war. Eigentlich eher das Gegenteil, er war stets guter Laune gewesen und hatte immer mit einem Lächeln im Gesicht so viel Tatendrang an den Tag gelegt, dass es Matthías manchmal zu viel gewesen war. Zumindest anfangs, er musste zugeben, dass Ricardos Eifer und Einsatz in den letzten Wochen und Monaten etwas nachgelassen hatten. Da war natürlich Diverses passiert, unerwartete Verzögerungen und Zwischenfälle, die Probleme mit den Leih-Agenturen und den isländischen Gewerkschaften, das mangelnde Durchhaltevermögen der Portugiesen. So gesehen gab es da genug. Außerdem hatte das Wetter in letzter Zeit völlig verrückt gespielt. Und dann war da auch noch die Sache mit Ricardos Frau. Ob da nicht vielleicht doch etwas Wahres an den Klatschgeschichten war …
    »Was sagt denn deine Frau dazu?«, fragte Matthías unwillkürlich. »Sie wird wohl froh sein, von hier wegzukommen?«
    »Sehr froh«, sagte Ricardo, während er die Füße in den blankpolierten Schuhen auf dem Schreibtisch übereinanderlegte. »Im Grunde genommen hatte sie schon Heimweh, noch bevor wir hierhergekommen sind. Und ehrlich gesagt habe ich diese Entscheidung in erster Linie ihretwegen getroffen. Sie muss einfach wieder zurück in die Sonne, hier geht sie ein wie eine Primel. Ich begreife nicht, wie ihr das schafft, es
muss doch gesundheitsschädigend sein, ständig in Dunkelheit und Kälte zu leben. Ich kann ihr das einfach nicht länger zumuten. Und noch weniger dem Kind. Das braucht Sonne, viel Sonne.«
    »Doch, ja«, pflichtete Matthías ihm bei, doch dann stutzte er und sah Ricardo fragend an. »Dem Kind?«
    Ricardo lächelte verlegen. »Ja. Es wird im September zur Welt kommen, sagt der Arzt.« Seine Miene verfinsterte sich wieder. »Und dann wird es hier schon wieder dunkel.«
    »Ja, das stimmt natürlich. Aber wie dem auch sei, herzlichen Glückwunsch.«
    »Danke. Es ist trotzdem irgendwie zynisch, dass …«
    »Was?«
    Ricardo schüttelte den Kopf und schwang die Beine vom Tisch herunter. »Nein, nichts.« Er verstummte, aber nicht lange. »Ich habe nur an den Erdrutsch gedacht«, sagte er zögernd.
    »Und?«
    »Wenn … wenn sie nicht bei diesem Erdrutsch umgekommen wären … di Tommasso und Barei, meine ich …« Ricardo befeuchtete seine Lippen und wirkte verunsichert. Ihm lag offenbar irgendetwas auf der Seele, und Matthías war entschlossen, herauszufinden, was das war.
     
    »Und dieser di Tommasso da oder wie er heißt«, fuhr Guðni unverdrossen fort, »der war wohl ein echter Kotzbrocken. Soweit ich weiß, wurden er und Ricardo Valente, der Obermafioso, nie zusammen gesehen, ohne dass sie sich wegen irgendeinem Scheiß an die Kehle gingen. Und er, dieser di Tommasso, war für die Kontakte zur NPC, zu den Subunternehmern, den Gewerkschaften und dergleichen zuständig und hat sich anscheinend nirgendwo beliebt gemacht. Kein großer Diplomat, möchte ich meinen, der hat sich mit allen
angelegt, die ihm mit irgendwelchen Beschwerden kamen …« Er sah die anderen der Reihe nach an und unterzog sich sogar der Mühe, den völlig durchweichten Stummel, der die ganze Zeit in seinem linken Mundwinkel getanzt hatte, aus dem Mund zu nehmen. »Was ist?«
    Katrín und Árni unterdrückten ein Kichern und schüttelten die Köpfe.
    »Nichts«, sagte Stefán, der keine Miene verzogen hatte. »Mach weiter.«
    » Fucking idiots «, brummte Guðni, bevor er wieder hochsah. »Jedenfalls, wenn ich das richtig verstanden habe, herrschte hier so eine Art Krieg zwischen den Portugiesen und den Italienern. Die Itaker tragen die Nase hoch und behandeln die Portugiesen wie Dreck, und zwar nicht nur die italienischen Bosse, sondern auch die untergeordneten Bürohengste. Und die haben es ja auch wesentlich besser als die Portugiesen, sie haben die besseren Unterkünfte, das bessere Gehalt, alles besser, und sie blasen sich wer weiß was auf. Klingt alles nach purem Rassismus, soweit ich sehen kann. Nicht, dass ich irgendeinen Unterschied zwischen diesen Typen sehe, aber darum geht es wohl.
    Die Portugiesen sind natürlich stinksauer, und zwar vor allem auf diesen di Tommasso, also der war so etwas wie, wie nennt man das noch? Eine symbolische Figur? Auf jeden Fall ein Mann, der sich überall wichtig machte, viel mehr als dieser Ricardo. Der hängt wohl mehr oder weniger nur in seinem Büro herum und kümmert sich überhaupt nicht um den täglichen Kleinkram. Di Tommasso aber, der führte

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