Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
Vom Netzwerk:
wollen.«
    Irgendwie hilflos streckte ich die Hand nach ihm aus, ließ sie wieder fallen. »Aber das hättest du auch auf Santa Reyada gekonnt. Ich hätte doch nicht nach L.A. zum Shoppen gemusst
oder hierher, um meinen Geburtstag zu feiern. Doch nicht, nachdem so etwas geschehen ist.« Und nachdem offenbar jeder, der in meine Nähe kommt, in Gefahr ist.
    Sein Bruder holte scharf Luft. Ich biss mir auf die Zunge, als mir klar wurde, was ich da gerade gesagt hatte. »Du warst mit ihr …?« Wieder ein Knurren, fast noch dunkler diesmal. »Ich hätte damals nicht dazwischengehen sollen, als Estéban dich windelweich prügeln wollte. – L.A., Dios mío. – Wenn auch nur der Hauch einer Hoffnung bestehen würde, dass du endlich zu Verstand kommst, würde ich dich jetzt windelweich prügeln. « In seiner Stimme war die Wut nicht zu überhören. »L.A. Und das vermutlich auch noch allein. Ohne einen von meinen Leuten.« Er drückte die Spitzen von Mittel – und Ringfinger gegen die Schläfe. »Wahrscheinlich muss ich dankbar sein, dass du nicht nach San Diego mit ihr gefahren bist.« Sein Ton wurde zynisch. »Entschuldige, ich vergaß. In San Diego kann man ja nicht ganz so viel Geld in nur einer Straße ausgeben.« Er klang jetzt regelrecht angewidert. »Gibt es noch irgendetwas, das ich wissen sollte?«
    An Cris’ Kiefer zuckte ein Muskel. »Fahr zur Hölle!«, zischte er nach einer Sekunde, in der er seinen Bruder wütend angestarrt hatte, schließlich.
    Das leise Lachen, das Joaquín hören ließ, war bitter und hart. »Da werde ich sehr bald sein, keine Sorge.«
    Für eine Sekunde schien ein Schatten über Cris’ Züge zu huschen, doch dann presste er die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen, schob sich an seinem Bruder vorbei, zurück auf die Terrasse. Vor dem Durchgang zum Hof blieb er stehen und streckte mir die Hand hin. »Kommst du wieder mit rein? Es ist deine Party.«

    Ich machte einen weiteren Schritt rückwärts. Das war nicht sein Ernst. »Es tut mir leid. – Ich möchte zurück nach Santa Reyada.« Noch vor zehn Minuten hätte ich jeden Schwur geleistet, dass ich so etwas niemals freiwillig sagen würde.
    »Du musst die Piñata noch zerschlagen.«
    Verwirrt sah ich Joaquín an. Doch dann schüttelte ich den Kopf. »Ich möchte Elena und die anderen nicht noch länger in Gefahr bringen – oder irgendjemandem noch mehr wehtun.«
    »Außer denen, die nach San Isandro gehören, ist niemand hier. Solange wir also keinen Verräter in den eigenen Reihen haben, sind du und alle anderen im Augenblick sicher. – Und nachdem ich ohnehin hier noch etwas zu erledigen habe … Ich bleibe in San Isandro, bis du nach Hause gehst.« Auch wenn seine Stimme noch immer jenes dunkle, raue Knurren war, war sie doch zugleich verwirrend weich.
    Einen Moment zögerte ich, nickte dann und schaute Cris an. »Bringst du mich später nach Santa Reyada?« Ich war mit ihm hierhergekommen, ich wollte auch mit ihm wieder gehen.
    Der verzog verächtlich den Mund. »Ich? Nachdem ich dich und alle hier heute schon so sehr in Gefahr gebracht habe? Nein! Der große Joaquín ist ja jetzt hier, um alle zu beschützen. Lass ihn das mal übernehmen. – Ich wünsche euch eine ganz ausgezeichnete Nacht.« Damit marschierte er an mir vorbei, überwand die zwei Stufen zur Straße hinunter und steuerte mit zornigen Schritten auf seinen Porsche zu. Die Alarmanlage blinkte und quiekte, die Tür schlug zu, der Motor heulte auf und Cris raste davon.
    Ich schloss für eine Sekunde die Augen. Ach Cris. Unschlüssig sah ich schließlich zum Durchgang hin. Irgendwie hatte ich Angst, wieder hineinzugehen. Und Joaquín zu fragen, ob er mit
hineinkommen wollte, fühlte sich falsch an. So als wäre er nur die zweite Wahl, nachdem sein Bruder mich hatte stehen lassen.
    »Es tut mir leid, dass ich dich vorhin zu Unrecht beschuldigt habe, Lucinda.« Bei Joaquíns Worten zuckte ich zusammen. Sie hinterließen eine seltsame Enge in meiner Kehle.
    »Schon in Ordnung. Ich hätte an deiner Stelle vermutlich dasselbe gedacht.«
    Er neigte den Kopf. »Ich muss noch einmal zu Jacinta. Aber danach warte ich am Brunnen. – Du hast Zeit, so viel du willst.«
    Ich nickte. »Jacinta ist Miguels Mutter?«
    »Seine Großmutter. Seine Eltern sind bei den Waldbränden vor knapp vier Jahren umgekommen.«
    »Hat sie noch andere …« Ich hob schwach die Hand.
    »… Angehörige? – No.«
    Dann war sie jetzt ganz allein. »Sag ihr, dass es mir leidtut, was mit Miguel

Weitere Kostenlose Bücher