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Blutbraut

Blutbraut

Titel: Blutbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynn Raven
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mit Verschwörermiene.
    »Und was?« Wenn man es genau nahm, hatte ich heute schon mehr als genug davon gehabt. Gerade trugen Lorencio und einer meiner ›Entführer‹ etwas Großes, Buntes hinter Elena vorbei. Ich reckte den Hals, konnte aber nicht viel mehr erkennen als Farben und Form. Mit einem Lachen ergriff Elena meine Hände, zog mich auf die Füße und hinter den Männern her. Gerade hängten sie das ›Ding‹ an einen Balken, der in die Astgabeln von zwei Bäumen gelegt worden war, sodass es ungefähr in Schulterhöhe frei über dem Platz darunter schwang.
    Es sah aus wie ein überdimensionaler Krug mit Deckel aus Pappmaschee. Schreiend bunt bemalt und mit Papierfransen wie Hände und Füße an den Seiten und dem Boden. »Was ist das?«
    »Eine Piñata.« Elena drückte mir einen Baseballschläger in die Hand, den ihr anscheinend einer der Männer gereicht hatte, und nahm mir gleichzeitig behutsam Luisas Geburtstagsgeschenk von den Schultern. »Du musst sie zerschlagen.«
    »Zerschlagen?« Ungläubig schaute ich sie an.
    Cris lachte und schob mich ein Stück näher an die ›Piñata‹ heran. »Das bringt Glück.«

    Elena nickte. »Und außerdem freuen sich die Kinder auf die Süßigkeiten und das Obst, mit denen sie gefüllt ist.«
    Aha. Das erklärte die erwartungsvollen Gesichter um uns herum.
    »Na dann …« Ich fasste den Schläger fester – und konnte plötzlich nichts mehr sehen, weil Cris mir ohne Vorwarnung die Augen mit einem Tuch verbunden hatte. Mein erschrockenes Quietschen wurde mit Gelächter quittiert.
    »Das wäre doch ein bisschen zu leicht«, raunte er direkt neben meinem Ohr. Ich schluckte mühsam. Und schrie im nächsten Moment auf, als jemand – Cris? – mich unvermittelt um mich selbst drehte. Gelächter erklang.
    »Hoppla!« Cris klang atemlos. Hatte ich ihn eben etwa fast mit dem Schläger erwischt? – Ich konnte noch nicht einmal sagen, ob ich zwei – oder dreimal um meine eigene Achse taumelte, bevor ich die Orientierung verloren hatte. Hände an meinen Schultern stoppten mich und hielten mich einige Sekunden lang fest, bis ich mein Gleichgewicht wiedergefunden hatte, dann waren auch sie verschwunden. Na toll. Ich stieß die Luft aus, lauschte, versuchte herauszufinden, wer wo stand. Ein leises Kichern hinter mir. Die Kinder waren auf der anderen Seite der ›Piñata‹ gewesen. Vorsichtig drehte ich mich um und tappte in die Richtung vorwärts, aus der das Kichern gekommen war, eine Hand tastend vorgestreckt. Jemand rief mir etwas auf Spanisch zu, wieder Gelächter. Ging ich doch in die falsche Richtung? Meine Hand traf auf Widerstand – ein Arm. Ich schnaufte, tastete weiter. Die Kinder riefen »Rechts!« und »Links!«, aber so durcheinander, dass ich beim besten Willen nicht sagen konnte, ob sie mich mit Absicht verwirren wollten oder es nicht besser wussten.

    Ha! Endlich fand ich Fransen und Pappmaschee. Wieder bekam ich Applaus und anfeuernde Rufe. Ich tastete noch einmal vor mich, um genau zu wissen, wo diese ›Piñata‹ hing, holte aus – und schlug ins Leere. Was zum … ? Abermals tastete ich … nichts. Doch! Meine Fingerspitzen streiften Papierfransen, die sich bewegten. Beinah glaubte ich jetzt auch einen Luftzug zu spüren. Anscheinend hatte irgendjemand diesem elenden Ding einen Schubs versetzt, sodass es hin und her schaukelte.
    »Das ist nicht fair«, beschwerte ich mich in die Dunkelheit vor mir. Wieder Gelächter.
    »Das muss aber so sein.« Cris. Er musste ganz dicht hinter mir stehen.
    Ich streckte ihm die Zunge heraus, tastete erneut, versuchte herauszufinden, wo und wie diese ›Piñata‹ vor mir hin und her schwang, versuchte es mir vorzustellen. Da! Wieder holte ich aus und schlug zu – und stolperte vornüber, weil ich mit zu viel Schwung ins Leere hieb. Ein Arm legte sich um meine Mitte, hielt mich im letzten Moment aufrecht.
    »Langsam.« Cris lachte. Sein Atem streifte meinen Hals. Das Wort ging im Gelächter der Umstehenden beinah unter. Abrupt zogen meine Lungen sich zusammen. Atmen, Lucinda! Ich stieß ihn hastiger von mir weg, als nötig gewesen wäre, holte erneut aus und schlug zu. Diesmal blindlings. Einfach nur um ein bisschen von meinem Frust loszuwerden. Und von dem Zittern in meinem Inneren. Es fühlte sich ein wenig so an, als würde ich gegen einen Sandsack schlagen. Nur dass ich eben wieder nichts traf als Luft. Wieder Gelächter, Kommentare und gute Ratschläge. Letztere überwiegend von den Kindern. Und dann war es von

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