Blutbraut
passiert ist.«
»Werde ich. – Jetzt geh. Cris hatte recht: Es ist deine Party.« Ich stieß ein leises Schnauben aus, ging aber an ihm vorbei, in den Hof zurück. Sein Blick verfolgte mich.
Elena kam auf mich zu, kaum dass ich den Durchgang passiert hatte. Die ausgelassene Stimmung war dahin. Es fühlte sich an, als schauten alle möglichst unauffällig zu mir her. »Ist mit dir alles in Ordnung?«
Ich nickte. Sie war offensichtlich erleichtert, mich heil wiederzusehen. Was hatte sie erwartet? Dass ich in eine handgreifliche Auseinandersetzung der beiden geraten würde?
»Cris ist fort?« Sie legte mir die Hand auf den Arm.
»Ja. – Es tut mir leid. Ich wusste nichts von Miguels … Tod. Diese Party …«, hilflos verstummte ich.
»Ich verstehe.« Elena lächelte traurig. »Und ich werde dafür
sorgen, dass es auch die anderen erfahren, wenn du das möchtest. Aber ich kann dir sagen, dass dieses Fest … dass du vielen zumindest ein paar Stunden die Trauer um Miguel leichter gemacht hast.« Sie seufzte. »Viel schlimmer ist, dass die beiden sich wieder einmal gestritten haben.«
Natürlich. Weder er noch Cris hatten ihre Lautstärke auch nur ansatzweise gedämpft. Und das direkt neben dem Durchgang.
»Es tut mir leid, dass ihr das mit anhören musstet …«
Elena strich mir über den Arm. »Wir alle wissen, wie Joaquín und Cristobál zueinander stehen. Und wir alle sind nicht begeistert, weil es die Familie de Alvaro gegenüber dem Konsortium schwächt, und das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass Tomás de Silva seine gierigen Finger nach San Isandro ausstreckt. Dabei stehen die beiden doch immer noch zueinander, wie es Brüder tun sollten. Auch wenn in den vergangenen Jahren zwischen ihnen viel zu viele Worte gefallen sind, die man niemals zwischen Brüdern aussprechen sollte. Aber wir können nicht mehr tun als reden. Vielleicht hast du ja mehr Glück, die beiden einander wieder näher zu bringen.« Sie lächelte leicht. »Und wenn du ihnen einmal ordentlich die Köpfe zusammenschlagen musst, um Verstand in ihre Dickschädel zu bringen.« Ihre Hand schloss sich sacht um meine. »Jeder hier würde verstehen, wenn du lieber nach Hause gehen möchtest.«
Ich atmete einmal tief durch und sah zu diesem schreiend bunten Ding hin, das noch immer von seinem Balken baumelte. In einiger Entfernung dazu saßen die Kinder sichtlich enttäuscht auf ein paar Stühlen. Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Ich habe noch eine Piñata zu zerschlagen, oder? Danach werde ich gehen.« Behutsam streifte ich Elenas Griff ab, nahm einem
sichtlich verblüfften Lorencio den Baseballschläger aus der Hand und steuerte auf dieses Pappmaschee-Ungetüm zu. Auf ihren Stühlen hoben die Kinder – teilweise ziemlich schläfrig – den Kopf oder setzten sich weiter auf.
»Ihr verzeiht mir, wenn ich ein bisschen schummele, nicht?« Ich versuchte, so ausgelassen zu klingen, wie ich nur konnte. Die gedämpften Gespräche der Erwachsenen um uns herum verebbten. Schwungvoll hob ich den Schläger und schlug zu. Die Pappmascheehaut platzte. Allerdings nicht weit genug. Ich holte erneut aus, traf beim zweiten Mal besser. Diesmal regneten Schokoriegel, Bonbons in allen Farben, Bananen, Äpfel, kleine Marshmallows, Lutscher, Kaugummis, Plätzchen, Orangen, Nüsse und Pflaumen und wusste der Himmel was nicht noch alles zu Boden.
Im ersten Moment standen die Kinder unschlüssig da. Ihre Augen gingen von mir zu Elena. Doch als die nickte, machten sie sich plötzlich wieder lachend und jauchzend über die Süßigkeiten und das Obst her.
Der Applaus war diesmal verhaltener, deutlich weniger unbeschwert als zuvor. Abermals rang ich mir ein Lächeln ab, trat zurück, um den Kindern mehr Platz zu lassen, und gab Lorencio den Baseballschläger.
Wie ein guter Geist stand Elena plötzlich wieder neben mir. Wortlos legte sie mir das Spitzentuch um die Schultern.
»Es tut mir leid«, murmelte ich gequält. »Wenn jemand fragt, sag ihnen … dass ich müde war. Es war ein langer Tag … Außerdem ist … Joaquín draußen und … ich will ihn nicht zu lange warten lassen …« Ich hielt inne, zog das Tuch enger um meine Schultern. Einerseits war es keine Lüge. Andererseits doch nicht mehr als eine Ausrede.
Elena nickte nur und strich mir wie zuvor sacht über den Arm.
Möglichst unauffällig ging ich zur Tür. Und schaffte es sogar, das Ganze nicht wie ein Davonlaufen aussehen zu lassen.
Draußen tat ich einen tiefen Atemzug. Warum
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