Blutbraut
ausgeschaltet. Darauf leiste ich notfalls sogar einen Bluteid. Jetzt ist es tot.«
Es dauerte eine Sekunde, bis mir klar wurde, was das bedeutete.
»Es war jemand hier?«
»Er hat den Wagen lahmgelegt – weiß der Teufel wie, ich kann den Fehler zumindest nicht finden – und dafür gesorgt, dass ich noch nicht einmal Cris oder Jorge anrufen kann, damit man uns vor Sonnenuntergang hier abholt. Sí. Und wenn ich genau darüber nachdenke, würde ich fast wetten, dass er irgendwo einen Peilsender angebracht hat.« Er verpasste dem Armaturenbrett einen wütenden Schlag. »Ich bin ein solcher Vollidiot. Warum habe ich nicht mit so was gerechnet?«
Bedeutete das, wir saßen hier fest? Ich. Mit ihm. Mein Blick zuckte zur untergehenden Sonne. Oh mein Gott. »Wer wusste, wo wir hinfahren?« Ich versuchte, das Beben aus meiner Stimme herauszuhalten.
»Niemand.« Das Wort war ein Zischen. »Was wiederum bedeutet, dass sich jemand an dem Wagen zu schaffen gemacht haben muss, bevor wir heute Morgen los sind.« Abermals knallte seine Hand gegen das Armaturenbrett. »Aber das kann nicht
sein. Kein Fremder treibt sich unbemerkt auf Santa Reyada herum. Das ist unmöglich. Die Wardings … No! Es ist unmöglich! «
»Und wenn es«, ich schluckte, »einer von deinen eigenen Leuten war?«
Die Augen gefährlich schmal, sah er mich an. »No.« Er schüttelte den Kopf. »No. Meine Leute sind loyal. Ich lege für jeden Einzelnen von ihnen meine Hand ins Feuer. Keiner von ihnen würde … No!«
Ich rieb die Handfläche gegen meinen Oberschenkel. Wir hatten mit dem Wagen eine Dreiviertelstunde von Santa Rayada bis hierher gebraucht. Wie lange würde es wohl dauern, wenn wir zu Fuß querfeldein gingen? »Dann müssen wir eben laufen.«
Ein neuerliches Kopfschütteln. »Es ist zu weit.«
»Ich schaffe es schon.«
Der Blick, mit dem er mich bedachte, war kalt. »Nicht du bist das Problem, Lucinda, sondern ich. Wenn die Sonne untergeht …« Ich riss die Augen auf, als ich begriff, worauf er hinauswollte. Auch wenn uns jemand hier draußen hätte abholen müssen, hätten wir es wahrscheinlich selbst jetzt noch bis Sonnenuntergang zurück geschafft. Aber so … Ein dünnes, humorloses Lächeln zuckte über seine Lippen, als er sah, dass ich verstanden hatte. »Und wem auch immer wir das hier zu verdanken haben, er wird über kurz oder lang hier auftauchen. Und wenn wir nicht mehr hier sind, nach uns suchen.« Er stemmte die Hand gegen das Armaturenbrett und starrte eine Sekunde geradeaus, durch die Windschutzscheibe. »Wer auch immer es ist, ich möchte nicht draußen in der Sierra von ihm überrascht werden. No. Da erwarte ich ihn lieber hier, auf meinem
eigenen Territorium, und kann ganz nebenbei noch dafür sorgen, dass du in Sicherheit bist, was immer auch geschieht.«
»Wird Cris nicht nach uns suchen, wenn wir nach Sonnenuntergang noch nicht zurück sind?«
»Darauf sollten wir nicht setzen. Er weiß ja noch nicht einmal, wo ich mit dir hin wollte.« Sein Blick kehrte zu mir zurück. »Wir haben nur eine Möglichkeit: Wir bleiben hier und erwarten sie in der alten Kirche.«
»Sie?« Diesmal bebte meine Stimme doch.
»Wer auch immer es ist: Er wird nicht allein sein.« Seine Hand ballte sich zur Faust. »Wobei ich fast fürchte, wir bekommen es mit Nosferatu zu tun, da sie es offenbar riskieren, sich mit mir nach Sonnenuntergang anzulegen. Nachdem vermutlich die Hälfte der Hermandad schon weiß, wie es um mich steht, würde das keiner mehr wagen. Zumindest nicht, wenn er noch halbwegs bei Verstand ist. Ein Nosferatu hingegen hätte keine andere Wahl.«
Nosferatu? Oh, bitte nicht! Mein keuchender Atemzug entlockte ihm ein bitteres Lächeln. »Dachtest du, wir hätten von dieser Seite nichts zu befürchten? Schön wär’s. – Ein paar von ihnen können es vermutlich kaum erwarten, bis es mit mir vorbei ist. Jemand mit meiner Macht in ihren Reihen … die Hermandad hätte ein massives Problem. Aber es gibt auch genug unter ihnen, denen ich tot deutlich lieber bin. Auch unter den Nosferatu hätten die wenigsten die Macht, sich mir entgegenzustellen.« In einer kleinen Bewegung schüttelte er den Kopf. »Die Krähen hier hacken gerne eine der anderen die Augen aus.«
»Aber wenn es ein Nosferatu ist und er bei Tag nicht herauskann, dann …«
»… dann hat er jemanden in seinen Diensten, der das kann und die Drecksarbeit für ihn erledigt. Sí.« Er spreizte die Finger, presste die Handfläche auf das Armaturenbrett. »Wie
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